DAS KASTELLStaub und TadelMit Adel mögen die Fließen des dunklen Gemäuers nicht gesäubert werden. Stolz ist hier nicht angebracht. Wichtig ist zu verstehen, dass nur das junge, unschuldige Blut vermag, was Generationen von Alten nicht mehr bereit sind, zu vollbringen. Zu erhaben schreiten ihre Füße durch die dunklen Gänge, zu weit abseits vom alltäglichen Geschehen schweben ihre Geister, zu kontrolliert sind die Theorien, welche sie ersinnen, kaum mehr.
Dies sei nun die Geschichte eines Jungen, der ins Kastell kam, weil er ein von Innos verlassener Wicht war. Der kam, weil die dunklen Mauern auch in ihm Begehrlichkeiten weckten, die nur sein offenkundiger Mut, den er, als er das Tor durchschritt, an den Tag legte, ihm erschaffen konnte. Dies sei die Geschichte von Evander Sanatras, der kam, um die dunklen Künste zu beherrschen, doch zum Opfer derselben zu werden drohte.
Vom Hüter aufgenommen, mit Worten gefoltert und in ein dreckiges, vom Staub überflutetes Zimmer verwiesen, fegte und wischte der Jüngling die gesamte Nacht und doch vermochte er nicht die Reinlichkeit dieses Raumes wiederherzustellen. Immer wieder legte sich der Staub nieder und immer verzweifelter versuchte er, ihn zu beseitigen.
Als der Morgen jedoch graute, erkannte jener, dass das Kastell ihn akzeptiert hatte. Er lebte noch und die Robe eines Lehrlings lag für ihn bereit. Es schien, als sei etwas Gutes in seinem Leben geschehen, obgleich vom Gott der Finsternis initialisiert, und Evander begann dies zu glauben. Alsbald fiel sein Blick auf ein Bild, welches ein Skelett zeigte und alsbald stieg jenes Skelett auf dem Rahmen, welcher das Bild hielt. Es sprach, es tat, es handelte und fügte dem Jungen Leid zu. Nicht nur durch Worte, die zu verletzen wusste, nicht nur durch Prophezeiungen, die schmerzten, sondern gar mit Schlägen und dem Raub des Schlafes, welchem sich Evander nicht erwehren konnte.
Dennoch führte sein Weg ihn zielstrebig weiter durch die dunklen Hallen. Er klagte sein Leid dem Hohen Schwarzmagier olirie, gar der Schwarzmagierin Lucia, doch beide wusste nicht, wie dem Skelett Einhalt zu gebieten war. Evander schien es akzeptieren zu müssen. Eine vermeintliche Kleinigkeit, jetzt, wo sein Leben einen Aufschwung zu nehmen schien und er befähigt worden war, Höhen zu erreichen, die er sich zuvor nicht einmal zu erträumen gewagt hatte.
Bei einem Besuch im Innenhof, gelockt von der Schönheit der jungen Adeligen Lucia, und nachdem olirie hinzugetreten war, lernte er gar den Brunnendämon kennen. Jener, wie es seine Art war, ergriff die Töle des Hohen Schwarzmagiers und riss sie mit sich und als er wieder auftauchte, ergriff ein Tentakel gar den armen Tropf Evander und schleuderte ihn durch den Innenhof.
Die Unterwelt scheint jenen Mann zu hassen, ihn zu verachten, weil er ist, wie er ist, doch noch immer ist er vor allem darauf bedacht, sich nicht vernichten zu lassen, noch immer ist er im Kastell und noch immer erträgt er, wenn auch ungeduldig, den Schabernack des in seinem Zimmer hängenden Gemäldes samt Skelett. Ja, er scheint mutig, ja er scheint klug für sein Alter, doch die Pein und die Qual reißen nicht ab.
Eines schönen Tages, da seine Füße ihn in die Eingangshalle trugen, erschien ihm der ihn seinem Wahn gar kopflose Hohepriester Sinistro, welcher sich mit dämonischer Freude auf den Hals des Jünglings stürzte, gar versuchte, ihm alles Leben zu nehmen. Sinistro glaubte, Beliar habe die Menschen verlassen, wohlmöglich gar nie existiert und nun sei die seine Chance gekommen, den Platz des Gottes einzunehmen. Der Tod sollte ihn erlösen, doch Evanders Weigerung, dem Hohepriester den Tod zu bereiten, war, wenn auch zweifelnd an dem Verstand des Magiers, felsenfest.
So ist dies die Geschichte eines Lehrlings, der sich gradlinig durch die Welt schleppt, jeden Tag nutzt, in Gesprächen Weisheit und Wissen zu erlangen, und durch kein Schmerz dieser Welt von seinem Weg abzubringen scheint. So ist dies die Geschichte eines Mannes, den andere einen Narren schimpfen würden und die Zeit vielleicht einen großen Mann. Vielleicht.
(--Ardescion)