Zwischen Schicksal und EdelmutGeehrte Leser,
Zeiten kommen und gehen, wie die Menschen, die sie dereinst bestimmten, schenken uns Erinnerungen, die unserem von Sehnsucht schwerem Herzen ein wohliges Heim der Vergangenheit bieten, und begehren, wenn das Verlangen nach dem Vergangenen an Höhe nicht mehr zu überbieten ist, auf. Und der Mensch wird gezwungen, dem, was lange schon im Strudel der Zeit dem erhofften Vergessen angedient worden ist, erneut zu folgen, wissend, dass er keine Besserung mehr erlangen kann, wenn er nicht endlich mit dem Zweifeln, die sich aus der Vergangenheit speisen, bricht.
Dieses Schatzkästchen nun stellt nicht eine Serie von Posts da, obschon auf diese explizit durch die gewählten Repräsentanten hingewiesen wird, sondern bietet dem Leser eine geschmackvolle Auswahl zweierlei Geschichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch in ihrem Keim ein verbindendes Element tragen. Das, was die Sphäre Adanos‘ ihren Lauf hat nehmen lassen, ließ niemanden unberührt. Und gleichsam kann sich der Mensch den Veränderungen nicht erwehren, wohingegen sein Geist und sein Herz noch immer eng mit dem Vergangenen verknüpft sind. Hier nun suchen Igor Vectrex, ein Schwarzmagier des erhabenen Kastells, und Colodis, ein Nordmann und Schwert Ethorns, aus dem, was sie sind, einen Weg zu pflastern, der sie auch in Zukunft zu tragen vermag. Der eine hoch im vom Schnee geplagten Norden, der andere weit unten in der von der Sonne verdorrten Wüste. Taucht ein in zwei Begegnungen mit dem, was war, was ist und was sein kann.
Viel Spaß beim Lesen!
Ardescion
Anmerkung:
Die folgenden Posts sind in Orthographie und Artikulation genauso wiedergegeben, wie sie im RPG in den Thread „Das Festland #2“ gepostet wurden. Allein die Formatierung mag minimal abweichen.
Von
Igor Vectrex, 13.11.2011 - Bakaresh
Vereinzelt traten einige Strahlen der spätnachmittäglichen Sonne durch das kleine, mit orangefarbenen Vorhängen versehene Fenster hinein, zauberten ihr Lichterspiel in das Gesicht des schlafenden Mannes darin und verloren sich auf gleiche Weise wieder, offenbar beleidigt, da der leise Schnarchende sich nicht im Geringsten von dem Farbentanz beeindrucken ließ. Lediglich die Augenlider der gänzlich schwarzen Augen ihres Trägers hoben sich leicht an, zeugten davon daß der Schlafende erwacht war. Gemächlich legte der Spätaufsteher den braunen Kaftan an, band die schwarze Schärpe darum und schlüpfte elegant in seine lederigen, spitz zulaufenden Mokkassins, bevor er letztlich den verhassten Turban aufsetzte, welcher die langen schwarzen, mit silbernen Strähnen durchzogenen Haare verbarg. Ein Umstand der ihm sichtlich mißfiel, der jedoch einer strengen Notwendigkeit bedurfte. Mit dieser Verkleidung versehen, war es dem Beliardiener seit vielen Monden gelungen, sich der Häscher der myrtanischen Garde zu entziehen. Der ehemalige Schwarzmagier Igor Vectrex hatte sich verwandelt, war nun zu einem Sohn der Wüste geworden, D'ahbur Din wurde er genannt, der Mann mit den Dämonenaugen. Ein letzter Blick in den kostbaren, kristallinen Wandspiegel verriet dem Maskierten den Grad der Perfektion seiner Verkleidung, jedoch ebenso die innere Unruhe und Rastlosigkeit, die sich mit jedem Tag stärker in seinem Geist breitmachte. Mürrisch wand er sich von dem Spiegelbild ab und trat auf den weitläufigen Flur hinaus. Eine angenehme Kühle durchströmte ihn auf dem Weg in die gemütliche Wohnküche, in der die Besitzerin des prachtvollen Baus verweilte und sich liebevoll um ihren vor nicht langer Zeit geborenen Sohn kümmerte. Bereitwillig traten die Warzen ihrer lieblich anzusehenden, vollen Brust hervor, an der sich der junge Sprößling genüßlich tat. Mit einem leichten Grinsen im Gesicht schenkte sich D'ahbur einen Kaffee ein und setzte sich der Wüstenschönheit gegenüber. Einen Moment lang beobachtete er den Seligen, wie dieser gierig an der einen Brust hing und mit seiner kleinen linken Hand den Warzenhof der anderen Brust umspielte.
"Weißt Du, Taraza..." durchbrach er schließlich die malerische Stille, die lediglich von dem leisen, schmatzenden Geräusch unterbunden wurde "...was ein Mann alles tun würde, um mit dem Kleinen dort tauschen zu dürfen?"
"Ohja, so sind sie eben, die Männer. Und doch gibt es einige, die lieber ihre Zeit mit Kamelen verbringen, anstatt an meiner Seite zu sitzen. Ist das zu glauben?" fragte sie entrückt.
Der Goldschmied mußte schmunzeln. "Hmm, wenn ich an Khalebs Stelle wäre, dann ...!" sinnierte Igor mit bedeutungsschwangerem Unterton.
"Hihi...Du bist süß, D'ahbur. Wie geht es Dir heute? Ich sehe, daß Du wieder schlecht geschlafen hast. Was bedrückt Dich in letzter Zeit nur so sehr?" erkundigte sich die junge Mutter sorgenvoll.
"Ach...mir geht so vieles im Kopf herum. Die Magie verschließt sich mir mehr und mehr, ich habe dieses Versteckspiel einfach satt. Ich brauche Antworten auf so viele Fragen, die mir niemand geben kann. Seit...das Mächteverhältnis sich hier geändert hat, ist irgendwie alles anders. Ich kann den Anblick der Streiter Innos' einfach nicht mehr ertragen. Ich frage mich, ob es nicht besser ist, aufzubrechen. Nach dem zu suchen, was in mir verloren gegangen ist. Ich weiß nur nicht, wie ich es anstellen soll!" erzählte der Beliardiener traurig.
"Ich verstehe...und ich werde Dich sehr vermissen, wenn Du fort bist. Aber du mußt tun, was Du tun mußt. Geh' und sprich mit Azdin. Ich bin mir sicher, daß er Dir weiterhelfen kann. Man spricht noch immer über Dich, D'ahbur. Über das, was Du für die Handelsfürsten getan hast. Und...für uns getan hast. Ohne Dich wäre sovieles nicht möglich geworden. Bitte ihn um Hilfe...er wird sie sicher nicht abweisen. Dafür kenne ich meinen alten Herren zu gut!" antwortete die ehemalige Sklavin mit tröstenden Worten.
"Hmm, Du hast sicher recht...Taraza. Ich werde mit ihm sprechen...noch heute...!" erwiderte Igor entschlossen, erhob sich von der Holzbank und drückte Khalebs' Frau einen sanften Kuss auf die Stirn. Ihr langes, seidenes Haar duftete nach Rosen.
"Du bist...so schön...so schön...!" fügte er melancholisch hinzu, als er bereits den Weg zur Haustür einschlug, als wäre es sein letzter Gang. Wieder einmal...in die Höhle des Löwen... dachte D'ahbur still bei sich, als er in das langsam dämmernde Bakaresh hinaustrat.
Von
Colodis, 21.11.2011 - Hammerclan
Colodis lehnte an einem Baum, die Eiszapfen hingen von den kahlen Ästen herab und glitzerten im Mondlicht. Die Schönheit Nordmars hatte ihn in dem Bann gezogen, Eis und Schnee glänzten wie Edelsteine, während der tödliche Hauch der Kälte sich über alles legte und überall hinschlich. Die eisigen Finger des Todes waren beinahe greifbar, seine Muskeln zitterten und der Gedanke übermannte ihn bereits.
Seit Stunden hatte er sich keinen Finger breit bewegt, sein Blick stehts auf die flackernden Lichter des kleinen Dorfes gerichtete, welches dort auf der Spitze des Berges thronte.
Seine Füsse weigerten sich denjenigen Weg zu beschreiten, den er eigentlich für sich festgelegt hatte. In seinem Kopf brannte das Verlangen zurückzukehren, doch fürchtete er die Enttäuschung.
Ein weiteres Frösteln zuckte durch seinen Körper und wirkte wie ein Startschuss, ein Zeichen, welches einen stillen Startschuss darstellte.
Er bewegte sich auf die wacklige Holzbrücke zu. Das Schwanken und das sanfte Knarren im Wind lösten heimatliche Gefühle aus, wie er sie schon länger nicht mehr verspührte. Er fühlte sich in eine Zeit versetzt die schon eine Ewigkeit zurück liegen musste. Doch aber eigentlich war es noch nicht länger als ein Jahr her. Der Krieger trug seine Rüstung aus den alten Tagen, deshalb auch winkte ihn vermutlich die Wache weiter. Glück?
Jedenfalls erkannte man ihn nicht wieder, noch nicht womöglich. Er liess es auf sich zu kommen, es schien als wäre soeben die Brücke hinter ihm eingestürzt. Ein Blick zurück liess das Bild in seinem Kopf zerplatzen nicht aber das Gefühl gerade in eine Falle getappt zu sein.
Auf der rechten Seite erschien nun der Eingang der Mine, aus ihrem Inneren leuchteten die Erzadern. Das Pulsieren glich einem Herzschlag, als symbolisierte sie das Herz der Clans.
Sie lebten noch, hatte einen schweren Schlag hinnehmen müssen, man sah es dem Clan immer noch an. Die Spannungen waren, zumindest für ihn, immer noch greifbar. Dann wären ihm beinahe die Augen aus den Höhlen gekullert. Er erblickte was er nicht erwartet hatte... Soldaten des Königs, unverkennbar an ihren Rüstungen. Dieses Bild hatte sich eingebrannt, damals. Colodis schüttelte den Kopf, aber das konnte doch nicht sein.
In diesem Augenblick sah er weitere und so offensichtlich dastehen, ohne das jemand etwas unternahm.
Diese Situation stinkte zum Himmel, mit kritischem Blick stampfte er weiter. Dann erblickte er die Taverne, wie ein Blitz schoss ihm die letzte Erinnerung durch den Kopf welche die Kneipe zeigte. Der Vergleich fiel krass aus, in seinem Kopf brannte sie nämlich noch, damals als man sie mit Sack und Pack rausgejagt hatte.
"HEY!", donnerte es hinter ihm. Aber als der Tischler sich umdrehen wollte donnerte auch schon ein Geschoss in sein Gesicht, nämlich in Form einer Faust aus Stahl. Für wenige Sekunden gingen ihm die Lichter aus, dann kam er im Schnee wieder zu sich. Was zum Teufel war das denn gerade?
"Das du dich hertraust nachdem du uns verraten hast!", brüllte der Nordmann der sich in Kampfhaltung über ihm aufbaute. Sofort bildete sich ein kleiner Kreis mit Schaulustigen um sie herum. Ein Ahnenkrieger, ausgerechnet einer dem er damals gegenüber gestanden hatte, diese Narbe über dem linken Auge vergass er nicht so schnell. Seinem Gegenüber ging es offenbar genau gleich, Colodis Gesicht war auch nicht gerade eines welches man schnell verwechselte. Blut spuckend richtete er sich wieder auf. Oh Gott, einmal frontal auf die Zwölf und er ging zu Boden?
Das traurigste an der Geschichte war, er wusste nichts zu antworten.
"Was ist hier los, macht ihr jetzt gemeinsame Sache mit Rhobar?"
"Wer hat uns denn da hingeführt?!"
Seine Beine wollten nachgeben, seine Muskeln zitterten unkontrolliert. Sein ganzer Körper wollte ihm nicht mehr gehorchen. Die Augen des Kriegers weiteten sich und seine Atmung wollte ihn offenbar auch im Stich lassen.
Colodis wusste nicht was er sagen sollte, deshalb bewegte sich sein Mund ohne Worte preis zu geben.
"Wir haben auf dich und deine verfluchten Söldner vertraut, sind euch gefolgt und haben mit euch gekämpft. Als Brüder... mehr als das... und dann habt ihr uns einfach im Stich gelassen, selbst Nordmar und die Clans auch. Der Heimat den Rücken zu kehren und sie einfach zurück zu lassen... DAS hab ich nichtmal von dir erwartet."
Der Tischler hatte nichts einzuwenden, konnte den Worten kein Paroli bieten. Die Vorwürfe krachten wie Hammerschläge an seinen Kopf, aber sie verletzten ihn viel schlimmer.
"Letztes Mal haben wir euch davon gejagt, aber jetzt kommst du so nicht mehr davon."
Ehe er irgendwetwas tun konnte, kassierte er eine weitere Faust. Die folgenden Augenblicke, Minuten oder Stunden bekam er nicht mit. Er wehrte sich auch nicht, selbst wenn er gekonnt hätte. Der Krieger war einerseits schockiert über den Verlauf seiner Taten und die Entwicklung seiner einstigen Waffenbrüder, andererseits konnte er vielleicht so einen Teil seiner Schuld begleichen.
Das Nächste was er wieder wusste war vor dem Hammerclan im Schnee zu landen, halb ohnmächtig geprügelt und blutend lag er da. Nur ein Satz flatterte durch seinen Kopf, jener den er noch hörte, bevor er komplett wegkippte.
"Das nächste Mal wenn du hier auftauchst... töten wir dich."
Dann wurde es schwarz, womöglich zum Letzten Mal.