04 Die Gilde Innos'



Nachtwache

„Wie ich die nächtlichen Torwachen hasse! Alle anderen schlafen, nur du musst dich irgendwie wach halten und im Endeffekt passiert ja doch nichts. Stehst dir dumm die Beine in den Bauch und bist die nächsten drei Tage fix und fertig. Und dann muss ich morgen auch noch zum Exerzieren antreten. Wer macht eigentlich die Dienstpläne? Gevatter Willkür?“

„Hast Recht. Ich könnte mir auch Besseres vorstellen. Wollte eigentlich mit nach Stewark und dort mithelfen. Da sieht man wenigstens, wie es vorangeht.“

„Ernsthaft? Nach dem vergangenen Orkangriff muss es ja richtig schlimm ausgesehen haben. Die Biester sollen ja reihenweise Höfe dem Erdboden gleich gemacht haben. Zum Glück konnten wir wenigstens die Stadt retten.“

„Mittlerweile geht’s auch wieder bergauf. Die Felder werden wieder bestellt, die Höfe nach und nach wieder aufgebaut, neue Bauern besiedeln das Land und so. Aber es braucht eben alles seine Zeit. Wie lange geht unsre Schicht eigentlich noch?“

„Sind kaum drei Stunden rum. Müssen also noch ne Weile aushalten. Elende Langeweile. Auf Patrouille hat man wenigstens was zu tun. Hast du von der Aufregung im Reichenviertel oben gehört? Bei den Rabenweils? Muss ne ziemlich üble Sachen gewesen sein.“

„Ist mir in letzter Zeit zu viel von der Scheiße. Der Kerl im Hafenbecken, der Ärger dort oben. Da läuft irgendwas nicht ganz sauber ab, das sag ich dir. Von den Sauereien im Tempel will ich gar nicht erst reden. Wie kann etwas so Krankes überhaupt unter Innos‘ Sonne existieren? Hoffentlich wird der Verantwortliche gefunden und angemessen zur Rechenschaft gezogen. Wobei es dafür kaum eine angebrachte Strafe geben kann.“

„Möge Innos sich der Seele des armen Mädchens annehmen! Doch lass uns darüber keine Worte mehr verlieren. Ist es nicht wert. Mal was ganz anderes: Hast du dir Neue gesehen? Die mit Tomas und Varosch unterwegs war? Kommt hier an und bekommt direkt nen Auftrag. Hab ich so auch schon ne Weile nicht mehr gesehen.“

„Und kommt direkt mit Ergebnissen zurück. Hast du den Kerl gesehen, den sie auf den Gaul geschnallt hatte? Sah nicht mehr gut aus der Kerl. Will gar nicht wissen, wo und wie sie den aufgesammelt haben.“

„Und hast du auch von Phil gehört, dass der Kerl erst vor kurzem in die Stadt gekommen war? Muss halbtot am Tor aufgekreuzt sein und sich dann irgendwie zwischen Wache und Barbier in die Stadt geschlichen haben. Der hat bestimmt die Krätze an den Hacken, wenn nicht sogar Schlimmeres.“

„Hör mir nur mit sowas auf. Hast du von dem Schmied gehört, der kürzlich ein paar Tage flach lag? Ein Kerl wie ein Baum und trotzdem hat’s ihn auf die Matte gelegt. Hab nur keine Ahnung warum. Und hast du das verstanden, was der Hauptmann kürzlich mitteilen ließ? Das wir auf eigenartige Skulpturen und so nen Kram achten sollen. Angeblich kuriert Schmuggelware in der Stadt, hieß es. Aber wie soll ich das Zeug bitte von normalem Müll unterscheiden?“

„Mach dir deswegen keinen Kopf. Wegen ein paar alter Steine wird ja nicht gleich einer umgebracht. Und wenn hier irgendwer ein paar Goldmünzen zusätzlich macht, dann ist das eben so. Solange ich meinen Sold bekomme ist mir das alles gleich. Da befass ich mich lieber mit erfreulicheren Dingen, wie eben dem Aufbau bei Stewark. Hab da ganz absonderliche Geschichte gehört. Ein Priester soll vom Blitz getroffen worden sein, aber wäre dabei wohl nicht aus den Latschen gekippt. Wer denkt sich solches Zeug eigentlich aus? Und außerdem sollen wohl dort auch die Frauen der Stadt mittlerweile den Umgang mit der Waffe lernen. Was machen da eigentlich die Männer? Putzen und Kochen? Solchen Unsinn hab ich ja noch nie gehört. Aber besser sowas als wieder Nachrichten von Gräueltaten. Vor allem nicht nachts. Bin froh, wenn ich nachher paar Stunden pennen kann. Wie lange habe wir denn noch?“

(A.)