Bote: Klingt ganz so, daß das damals ein wenig anders war als heute. Eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig unterstützt hat und die Ereignisse im Rollenspiel für wichtig genommen hat. Heute habe ich ja oftmals das Gefühl, daß sich viele vor allem um ihre eigene Geschichte kümmern und es weniger um eine gemeinsame Gildenhaltung geht. Woran mag diese Änderung liegen?
Redsonja: Viele waren damals komplett vom Gothic-Fieber gepackt. Noch heute erzählt mir Gorr mit glitzernden Augen, wie er Gothic I entdeckt und jeden Winkel abgesucht hat. Die Spiele hatten etwas Einnehmendes und wir waren alle deutlich jünger. Als Schüler hatten wir Zeit die halbe Nacht durchzuschreiben und am nächsten Tag im Unterricht zu Schlafen. Für einige war das Rollenspiel hier das Leben. Man fieberte bereits den ganzen Tag über dem Posten entgegen. Wurde dem Charakter etwas angetan, nahm man das sehr persönlich. Die Identifikation war viel stärker. Entsprechend mussten hier einige auch eine Notbremse ziehen und tauchten nie wieder auf. Natürlich waren auch damals nicht alle so extrem, aber die Tendenz war eindeutig in diese Richtung. Zudem hatte man noch wirklich Respekt vor den Gildenführern wie Manmouse oder Don, die einen nicht gerade mit Seidenhandschuhen anfassten.
Bote: Was? Der Don war doch die Höflichkeit in Person und manmouse hat seine Besucher gerne bekocht.
Öhm, naja ...
Kommen wir lieber zu etwas anderem: Welche Skills waren damals für dich wichtig? Was wolltest du unbedingt lernen und im Rollenspiel anwenden?
Redsonja: Schwertkampf, mit einem, zwei, drei ... Schwertern und später Klingenmystik. Redsonja war immer als Nahkämpferin konzipiert. Dazu hatte ich noch Freude am Barbierskill, aber den habe ich eigentlich nur immer wieder gebracht, um Superluemmels Charaktere notdürftig zusammen zu nähen.
Bote: Das kann man also auf Schwertkampf und sonst nichts zusammenfassen. Das ist wirklich äußerst ... spezialisiert.
Ja, Superluemmel ist wirklich nicht sehr pfleglich mit seinen Charakteren umgegangen. Aber da bietet sich gleich ein kleiner Schlenker zum nächsten Thema an. Superluemmels Quests waren immer kleine Höhepunkte durch ihre überraschenden Geschichten. Und du hast ja an diversen Quests teilgenommen. Was hat sich besonders an Quests gereizt?
Redsonja: Bei Quests war meist eine eigene, abgeschlossene Geschichte dahinter, die viele Überraschungen bereithielt. Ich hatte auf einer guten Quest immer ein Ziel vor Augen und das gefällt mir eigentlich. Allerdings braucht eine Quest wirklich viel Zeit. Besonders für die Leitung. Daher weiss ich nicht, ob ich das Abenteuer in absehbarer Zeit nochmals wagen werde. Ich wurde aber auch schon ewig nicht mehr „eingeladen“. Das war vor 8 Jahren noch ganz anders. Regelmässig fragte jemand an. Die einzige Quest, die ich jemandem „aufzwingen musste“, war „Asche zu Asche“ mit Ceyx. Ich habe ihm untersagt einfach sang und klanglos aus dem RPG zu verschwinden und er liess sich darauf ein, wenigstens seinen Niedergang zu posten. Erstaunlicher Weise war gerade da keine riesige Geschichte dahinter, sondern die Quest lebte mehr von der Freundschaft unter den einzelnen Charakteren.
Dass auch die anderen Questteilnehmer - Bloodflowers, Manmous' ZA und Carras - danach in der Inaktivität verschwinden und nicht mehr von dieser Fahrt zurückkehren würden, hatte ich im Vorfeld allerdings nicht geahnt. Das war ein harter Schlag und ich hätte fast selber das Schreiben an den Nagel gehängt. Trotzdem hat mir diese Quest riesigen Spass beim Schreiben bereitet und das "Land in dem es Asche regnet" kam auch in anderen Geschichten wieder vor.
Bote: Aber neben "Asche zu Asche" hast du ja auch noch an so einigen anderen Quests teilgenommen. Zum Beispiel
"Der Stein der Macht",
"Im Auge des Jägers" (eine typische Superluemmel-Quest übrigens) oder
"Ein dunkler Ort". Hast du noch besondere Erinnerungen an eine dieser Quests?
Redsonja: Zwei Sachen haben sich deutlich eingebrannt: Beim „Auge des Jägers“ hatte Superluemmel bereits einen Roman an Hintergründen darüber verfasst, zudem gab es ein paar NPCs von welchen die Questteilnehmer nicht wussten, dass eigentlich Don, Uncle-Bin und sonst noch jemand die Schreiberlinge dahinter waren und bei „ein dunkler Ort“ hätte Redsonja Win’Dar umgebracht, wenn es die Regeln nicht verboten hätten, da er es etwas zu weit auf die Spitze getrieben hat bei den Verhandlungen mit einem Hausdrachen.
Bote: Erzähl uns ruhig mehr darüber! Nach solchen Andeutungen will doch wohl jeder Einzelheiten wissen.
Redsonja: Redsonja hat die Burg gesucht auf der sie aufgewachsen war. Doch da wohnte inzwischen ein Drache. Er wollte erst, dass die Frauen ihm die Schuppen putzen und die Männer ihm junge Schafe bringen, eine Drachenprüfung sozusagen. Blutfeuer hielt danach eine Rede über Emanzipation, während Win'Dar ihn verbal attackierte. Wir befanden uns permanent an der Grenze der Eskalation. Als Win'Dar so weit war, dass der Drache ihn versengt hätte, kam Redsonja dem Tier zuvor und rammte ihm ihren nachtschwarzen Dolch in den Rücken. Zum Glück ist das allerdings eine Waffe, die ihr Ziel immer verfehlt.