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2 Myrtana

Khorinis auf Faringer Art

Rok’tar werte Leserinnen und Leser.
Ich benutze den orkischen Gruß, da ich mich mitten unter ihnen befinde, ein waghalsiges Unterfangen, wenn man bedenkt, auf welch rauem Pflaster sie sich bewegen. Doch die Reporter des Myrtanischen Boten scheuen keine Mühen, ihren treuen Lesern die spannendsten Ereignisse der orkischen Kultur näher zu bringen.

Ich befinde mich hier auf der vermeintlich verlassenen Insel Khorinis, auf der sich die Lebensumstände drastisch von denen auf dem Festland unterscheiden. Ich folgte einer Jagdgesellschaft aus Faring, die hier ihre nächste Beute erwartete und wurde bereitwillig, wenn auch misstrauisch in ihr Lager gelassen.
Noch Tage nach ihrer Ankunft in der gleichnamigen Hafenstadt sprach man von einer kriegerischen Gesellschaft, welche gekommen waren, um das Chaos zu vertreiben, welches auf der Insel und insbesondere im Minental herrschte, seit sich die Zeiten geändert hatten. Doch ich greife vor und möchte nicht die Spannung im Vorhinein nehmen.

Nachdem die Jagdgesellschaft mit härteren Argumenten durch die Stadt geleitet worden war und die heruntergekommenen Mauern hinter ihnen lagen, führte ihr Weg sie zum Hof des Großbauern, der noch immer Söldner unterhielt. Gerüchten zufolge habe er einige Probleme mit diesen, seit ein gewisser Lee verschwunden sei.
Die Neuankömmlinge der Orks fanden sich in einem Streitgespräch wieder, welches beinahe zu eskalieren drohte, doch immerhin wichtige Hinweise auf das erste, richtige Problem enthielt. Es zeigte sich in Form eines Spähers, der dem Volk der Waldorks angehörte, den Og’as, wie sich der Stamm nannte, welcher die alte Bergfeste in Beschlag nahm, als auch die Banditen verschwanden. Ihr Anführer, ein Berg von einem Ork, fiel durch die Klingen Brosh Dar Urkmas, der unsere Gruppe anführt. Der feindliche Stamm wurde ziehengelassen, um nicht noch mehr unnötiges Blut zu verschütten.
Von den Waldorks erfuhren sie auch die Geschichten, welche die Lagerfeuer jedes Reisenden heimsuchten, wenn sie durch das Minentat zogen. Geister durchstreiften die Gebirge und jeder Jäger legte in diesen Zeiten wert darauf, nicht allein auf Jagd gehen zu müssen, denn nur die größten Beutetiere lebten noch in den zerklüfteten Hügeln.

Das volle Ausmaß der Veränderungen auf Khorinis eröffnete sich der Jagdgesellschaft, als sie die ersten toten Artgenossen vorfanden. Nach orkischer Natur verbrannten sie ihre Leiber und zogen weiter gen Burg, wo sie ihr Lager aufschlagen wollten. Auch dort fanden sie Spuren von Orks, welche sich niedergelassen hatten um zu rasten, kaum einen Tag alt.
Nur wenige Tage später fand man Spuren von einer Gruppe, die schnell reiste und sichtlich bemüht war, ihr Ziel möglichst bald zu erreichen. Ideen wurden laut, welche sich um die Toten rankten, die mit dem Trupp in Verbindung gebracht wurden.
Der schwerste Schlag für zwei der Orks aus unserer Gruppe, traf sie, als wir einen Ort erreichten, der dem Tod geweiht war. Die Spur führte zu einer Ebene in den Bergen, wo sich Leichen auftürmten, die ihre Wurzeln im Stamm der Kas hatten, eben dem Stamm, dem auch Tat’ank’Ka angehörte. Ich sage Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünschen Sie sich niemals in die Nähe eines Orks, der von unbändiger Wut erfüllt ist. Das Gebrüll des Schwarzorks hallte im ganzen Gebirge wieder und mich hätte es nicht gewundert, wenn seine Feinde es vernommen und umso schneller gelaufen wären.

Doch die Brüder wären keine Orks, wenn sie nicht das täten, was ihre Instinkte ihnen rieten. Sie verließen unsere Gruppe und machten sich auf die Suche nach den Peinigern ihres Stammes. Wagemutig folgte ich ihnen, bedacht darauf, sie im Glauben zu lassen, ich wäre bei den anderen. Es fiel mir schwer Schritt zu halten, doch schließlich endete ihr Weg auf einem Hügel, an dessen Fuß eine Trupp Khorinisorks marschierte, der gefangene Schwarzorks mit sich führte und augenscheinlich der Stamm war, welcher die Kas beinahe ausgelöscht hatte. Der Bruderkrieg tobte auf der Insel der Verdammten und die beiden Krieger des Festlandes forderten ihr Recht ein, als sie sich allein dem ganzen Trupp der Grünorks stellten, während ich mich in Sicherheit auf der Hügelkuppe aufhielt – schließlich musste ich Ihnen noch alles berichten können.
Noch nie zuvor sah ich, wie zwei Krieger einen ganzen Trupp auslöschten. Die Brüder forderten ihr blutiges Recht ein und streckten die Peiniger ihres Stammes nieder, einen nach dem anderen. Der restliche Teil unserer Jagdgesellschaft traf später dazu und verhinderte den Rückzug. Die ehemals Gefangenen, nun mehr gebrochene Krieger, wurden befreit und schlossen sich der Gruppe an. Trotz all dem Blut, welches vergossen wurde, wollte Tat’ank’Kas Seele keine Ruhe finden und unnachgiebiger Zorn erfüllte seinen Blick, wann immer ich dem seinen begegnete.

Mir blieb kaum Zeit weiter zu forschen, was mit dem Schwarzork los war, denn die Spuren des Tieres, welche die nächste Beute der Jagdgesellschaft werden sollte, wurden ausgemacht und allgemeine Spannung legte sich über unsere Gruppe. Besondere Mixturen, hergestellt von Synkka, dem Feldarzt, wurden mit den Waffen Rudras kombiniert, welcher ein Meister an der Schleuder war. Sie wünschten sich den Kampf herbei und lauschten gespannt der Geschichte des Häuptlings der Schwarzork-Kas, der von den Legenden erzählte, in denen Ferok Trollfaust den ersten König der Trolle, einen Silberrücken Orth, allein bezwang und alle Stämme auf Khorinis einte. Eben dies waren nun auch die Geister, welche des Nachts durch das Gebirge streiften.
Wenige Tage später fand man die deutlichsten Fährten des Trollkönigs, der auf seinem Weg herausgerissene Bäume und umgestürzte Felsen hinterlassen hatte. Es wäre ein großes Unterfangen diese Bestie zu Fall zu bringen und doch mussten sie es schaffen. Als Grund wurde mit verraten, hatten sie das Bedürfnis der Stärkere zu sein, doch vermute ich einen höheren Zusammenhang, als nur die Bestätigung der eigenen Fähigkeiten. Aber glauben Sie mir, verehrte Leserinnen und Leser, sie fragen nicht nach, wenn die Mordlust in den Augen eines Orks schimmert.
Gern würde ich Ihnen von dem Kampf mit dem größten Troll erzählen, doch muss ich zu meiner Schande eingestehen, nicht vor Ort gewesen zu sein. Ich hielt mich versteckt und konnte nur wenig vom Kampf erhaschen, bei dem alle Anwesenden ihren Teil dazu beitrugen. Der Silberrücken forderte Tote und noch mehr Verletzte ein, doch fiel er schließlich mit durchstochenem Herzen und einem jubilierenden Mammut vor den Füßen.

Die feiernde Stimmung hielt jedoch nicht lang, denn ein weiterer Verbund trat aus dem nahen Waldstück. Krieger, allesamt größer als der mächtigste Bär und imposant in ihrer Wildheit, angeführt von einem Ork in rotem Fell, der die heilige Waffe des Feruk bei sich trug, stellten sich vor unserer Jagdgesellschaft auf. Es eröffnete sich, dass sich ein neuer Stamm zusammengeschlossen hatte, der sich Nan-raka nannte und den Taten der Trollfaust nacheiferten: Sie wollten alle Stämme einigen und weitere Brudermorde verhindern.
Nach orkischem Gesetzt wäre Tat’ank’Ka nun der Häuptling der Schwarzork-Kas und der Grünork-Gronaks gewesen, doch forderte ein Ork au den Reihen der Nan-rakas, die sich Berserker nannten, ein ehrenhaftes Duell um die Führerschaft und die Entscheidung, was mit den Hinterbliebenen geschehen sollte. Beide Kriegsherrn, Kupruk der Rote und Brosh dar Urkma stimmten dem Kampf, wenn auch mit Widerwillen, zu.
Gemeinsam nahmen sie den Silberrücken Orth aus und zogen in das Lager der Nan-rakas ein, wo sogar mir Einlass gewährt wurde, als ich mich zu der Jagdgesellschaft bekannte.
Der Kampf zwischen dem Berserker und dem Häuptling der Kas und Gronaks begann und ich verstand, weshalb sie sich so nannten. Der Krieger der Nan-rakas geriet in einen Rausch und schien mit jedem Moment, in dem der Kampf andauerte stärker zu werden, wilder, beinahe animalisch. Doch schlussendlich konnte der Urkma sich durchsetzen und eröffnete sich einen Platz in den Reihen der Berserker.

Ein Ritual war nötig, um in ihren Reihen aufgenommen werden zu können und so sorgte Han-Pak, der Stammesschamane, dafür, dass alles vorbereitet wurde. In traditioneller Weise wurden auf dem Zeremonienplatz Feuer entzündet. Rituelle Bemalungen zierten die Körper der Nan-rakas und Tat’ank’ka musste sich den Geistern öffnen. Das Blut seines Kontrahenten, den er erschlug, zierte seinen Körper und inmitten der brennenden Feuerstellen wartete er auf das, was nun mit ihm geschehen würde.
Der Schamane und die Berserker stimmten Gesang an und tanzten rhythmisch zu den Trommelschlägen, die die Nacht erfüllten.
Ich fühlte mich geehrt, als ich am Rand des Platzes stand und zuschauen durfte, wie die Orks ihre Rituale führten – vielleicht hatten sie mich auch vergessen. Das Schauspiel, was sich mir bot, war atemberaubend. Unirdischer Gesang mischte sich unter die kehligen Stimmen der Berserker und der Schwarzork sackte zwischen den Feuern zusammen, während der Körper des Schamanen steif zu werden schien. Doch als sich beide wieder bewegten, hatte eine Veränderung stattgefunden und Tat’ank’Ka brüllte wie ein unbändiges Tier und kämpfte mit jedem Ork, der versuchte, ihn im Kreis zu halten.

Ich hoffe, liebe Leserinnen und Leser, dass Ihnen der Ausflug in eine fremde Kultur gefallen hat und Sie meinen Wagemut, mich unter diesen riesigen Humanoiden zu bewegen, zu schätzen wissen. In der nächsten Ausgabe werde ich wieder berichten, was andere Menschen niemals in Erfahrung bringen könnten. Frohe Ostern!

(Proya Anuot)

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