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03 Ostargaan

DAS KASTELL

Der Hohepriester und das Wasserloch

Wankend verlaufen die Schritte des Grünauges. Behäbig kommen die Worte über seinen Mund und bilden mehr denn je ein scheinbar unlösbares Rätsel. Der Mann, der sich Sinistro nennt, hat ein Alkoholproblem. Lange schon setzt er sich jeden Abend über seine Studien und trinkt ein Glas nach dem anderen. Das süffige Rot, so glaubt er, belebt seinen Geist, steigert seine Konzentration, hilft ihm, selbst die kompliziertesten Zusammenhänge zu erkennen. Er hat Recht. Wenn man trinkt, wirkt plötzlich alles so einfach, bis man über all die Einfachheit stolpernd in einen Brunnen fällt.
So geschehen am Beginn des letzten Monats.

Seitdem ist alles anders. Der Hohepriester trinkt nicht mehr. Ein nicht bewusstes Wissen, ein schnell gefundenes Nein halten ihn davon ab. Die Ursache ist für den Außenstehenden nicht zu erkennen. Doch wer weiß, was dort im Brunnen haust, wird sich nicht länger wundern müssen. Was immer dort geschah, das Grünauge hat keine Erinnerung daran. Nur eines weiß er. Er ist jenem Wesen, dem Brunnendämon, begegnet. Dies, so scheint es, hat bleibenden Eindruck hinterlassen. Und so spielt der Hohepriester bereits mit der Idee, den Brunnen zur heiligen Pilgerstätte zu erklären, Wunder versprechend, die jedes Problem lösen. Das Mysterium Kastell scheint neu entdeckt. Bloß die Pilger verweigern noch die Gefolgschaft.


Der Dicke und das Biest – eine Begegnung der paranoiden Art

Es begab sich zu der Zeit, da die Tage länger und die Nächte kürzer, die Menschen dicker und die Orks weniger, die Bäume grüner und die Wälder lauter wurden, dass sich, wie es auch sonst geschehen wäre, der dicke Schwarzmagier Hurley nach einem deftigen Mal aus dem Refektorium stahl. Der Unterschied war, dass an diesem Tage ein Ork, sein Name war Halozuk den Weg des Dicken kreuzte. Eine Bestie, die immer schon fähig, die Todesphantasien der Menschen anzuregen, löste in Hurley schon bald panische Angst aus, verspeist zu werden. Seltsam, dass ein so leidenschaftlicher Esser, dass sich jeder Keks an seiner Hüfte bemerkbar macht, Angst davor hat, am Ende selbst gegessen zu werden.

Der Ork hingegen, sonst furchtloses Wesens, raffgierig und auf seinen Vorteil bedacht, fürchtete im Bau der beliartreuen Menschen, verfolgt, betrogen und getötet zu werden. Sei es nun vom Menschen, Magier oder Dämon. Am Ende scheint es ihm besser zu gehen, wenn in seinen Gedanken alle gegen ihn sind. Das gebrannte Kind, von der Welt verlassen, ist reich, wenn es jeden Moment neu überlebt.

Die gegenseitige Skepsis, zum einen beim Ork hinter der Maske des Geschäftsmanns, zum anderen beim Magier Hinter der Fassade des Unsicheren versteckt, ist von beiden nicht überwunden worden. Dennoch besannen sie sich auf die gegenseitige Hilfe, welche sie einander leisten konnten. Ein Handel, genährt aus der Gier des Orks, in seinem Wesen effizienter zu werden, obschon er bereits ein ganzes Heer an Sklaven durch Argaan spazieren fährt. So verlangte die Grünhaut eine Feder, die seine Worte bloß anhand seiner Worte zu Papier bringt. Einen Besen, der selbständig den Boden fegt. Ein Wagen, der ohne Menschenkraft geradeaus fährt. Ein Sklave, der keiner Nahrung mehr bedarf.
Viel, für jemanden der fürchtet, viel zu verlieren. Und die Unsicherheit bleibt, ob er bekommt, was er will. Vielleicht ist die Furcht des Orks begründet, dass der Schwarzmagier ihn betrügt. Vielleicht sollte er zur Sicherheit den Dicken verspeisen…

(--Ardescion)

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