Silberlieder - Geschichten wie sie überall vorkommen können und doch hier besonders Erwähnung finden. Vielleicht erzählen sie von der Wahrheit, vielleicht sind sie Inspiration, vielleicht aber auch nur die Gedanken von irgendeines Geschichtenschreibers wie es sie zu vielen im RPG gibt. Dieses Silberlied erzählt von der ersten Schildmaid. Der ersten Frau die gemeinsam mit den Paladinen das Schwert zog und den Frauen im Reiche Myrtana mehr Rechte und Freiheiten schenkte.
Die erste Schildmaid Seelenruhig spielte ein alter Mann zur Unterhaltung der Gäste auf seinem kleinen Akkordion. Ein Schwall an sich unterhaltenden Stimmen, prasselte von allen Seiten in der Marktschänke zu Thorniara einher. Hörbar, aber nicht deutbar, wenn man sich nicht darauf konzentrierte. Die Luft war geschwängert vom Duft warmer Mahlzeiten, dem örtlichen Paladiner und wohlriechenden Tabak. Manchmal klirrte Geschirr. Manchmal vernahm man das Geräusch, wenn ein Humpen auf den Tisch aufsetzte. Manchmal vernahm man auch verrückende Stühle, die eine Last bekamen oder entlastet wurden. Es war ein typischer Abend in der Marktschänke zu Thorniara.
Die Paladina Isolde war auch da und saß mit Velaya an einem Tisch. Isolde hatte sich Velaya angenommen, als die Kriege auf dem Festland geendet hatten.
Als Straßenkind geboren, der Vater als Soldat gefallen und die Mutter, eine Hure deren Namen sie trug, in die Barriere dereinst verbannt, hatte die junge Frau nichts im Leben zu erwarten. Doch Innos vergaß nicht seine ärmsten Kinder und leitete ihren Schwertarm. Nur deswegen fand sie die Paladina nach den Kriegen, denn viele kannten Velaya als eine der wenigen Kriegerinnen die unter den Rebellen tapfer gekämpft hatten.
Velaya schien verwundert als sie eine Frau in strahlender Rüstung aufsuchte, aber sie sah es wie Isolde. Es war Innos Wille, dass sie fortan gemeinsam reisen und für Innos gerechte Sache streiten sollten. Sie wurde offiziell zu Isoldes Schildträgerin, viel mehr aber zu ihrer Waffenschwester.
"Sie schauen wieder zu uns, Herrin. Ich würde diesen Dummköpfen am liebsten einen Tritt verpassen. Wie damals bei den Rebellen...", tönte Velaya und ärgerte sich über die Milizionäre die sich scheinbar über die gut bewaffneten Frauen lustig machten.
"Zügle dein Temperament, Velaya. Der Pfad den du nun beschreitest, gebietet dir die Schwachen zu beschützen und nicht zu strafen. Seh sie dir an - schwach im Geiste. Eben Männer wie man sie oft antrifft. Zu schade, dass die Barden nicht mehr von Rhobars Schildmaid singen und erzählen. Dann würden sie schweigen und respektieren, was wir ehren.", erzählte die Paladina die aus Nordmar stammte.
"Rhobars Schildmaid? Was meint ihr damit, Herrin?", fragte Velaya und widmete den Milizsoldaten keinen Blick mehr.
"Ich spreche von der heiligen Elena. Hast du noch nie von ihr gehört? Manch Mütter aus der Generation meiner Mutter nannten ihre Töchter so. Oft weil sie keinen Vater mehr hatten und stark sein mussten wie sie. Die Kriege Rhobars des 1. kosteten viele Leben. Natürlich hofften sie, dass Innos ihre Töchter deswegen besonders behütet. Immerhin war die heilige Elena von Innos erwählt.", meinte Isolde. Velaya nickte. Sie verstand zu gut ohne Vater aufzuwachsen. Niemand der einen beschützt.
"Ihr meint sowas wie der heilige Dominique? Erzählt mir von ihr. Wo kam sie her und was tat sie?"
"Wer Elenas Eltern waren weiß man nicht. Man fand sie zwischen den Leichen vieler Pilger die das Heiligtum im Kloster in Nordmar aufsuchen wollten. Orks hatten sie überfallen und Nordmarer die kleine Elena zu sich in den Feuerclan genommen. Sie wuchs bei den Nordmarern auf. Sie war ansehnlich, aber auch kräftig gebaut und hochgewachsen. Viele Nordmarer begehrten sie, um mit ihr starke Söhne zu zeugen, doch sie gab sich keinem hin und wusste sich für wahr zu wehren. Über ihre Jugend gibt es manch Geschichte im Feuerclan, doch ich möchte nicht abschweifen. Als Rhobar der 1. die Nordmarer und Myrtaner zu den Waffen gegen Lukkor, Gellon und das Beliar verehrende Varant rief, folgte auch sie dem Ruf des Königs, denn sie war eine fromme Frau und wollte auch kämpfen. Doch kämpfen durfte sie nicht und so folgte sie dem Heer als Wundversorgerin und Köchin. Du musst auch wissen, es war Frauen strikt von der Kirche Innos' untersagt Waffen zu führen. Man sagte nämlich, dass Innos göttliche Ordnung den Frauen einen Platz zuweise, der am Herd und bei den Kindern bestimmt ist. Das Schlachtfeld, die See und das Reiten war nicht ihr Platz..."
"...aber wohl das Kindbett um riesige Kinder aus dem Leib zu pressen und Schmerzen zu erleiden, die kein Mann erträgt! Und am besten dort sterben.", knurrte Velaya dazwischen und schlug auf den Tisch.
"Wohl wahr! Doch zügle dich, Velaya. Du bist doch nicht so ein Raufbold, der ständig auf den Tisch haut. - Aber so wie dir, ging es auch Elena! Sie wollte endlich auch kämpfen und verachtete die Blicke der Männer im Heerlager. Des Nachts übte sie mit dem Schwerte, fernab von den Fackeln und der Männer. Bis eines Nachts ein Mann sie erwischte..."
Der Wirt servierte den beiden Frauen das Essen.
"Hat er sie erschlagen oder an die Kirche verraten?", fragte Velaya.
"Nein, er blickte in ihre Augen und zeigte ihr wie man ein Schwert hält.", entgegnete Isolde.
"Oh Innos, ist das nicht zu anrüchig was ihr da erzählt, Herrin?", fragte Velaya und lächelte. Sie dachte wohl die Geschichte wird mehr was nach ihrem Geschmack.
"Nein! Bei Innos! Deine Gedanken, Mädchen! Heute Abend gehst du noch zum Tempel und bittest dafür um Vergebung und ich komme mit, weil ich es amüsant fand was du gedacht hast. Nun aber zurück zu Elena. - Elena lernte jede Nacht von diesen Mann. Sie wurden Freunde und doch war da immer diese Distanz zwischen ihnen. Als der Tag vor der großen entscheidenden Schlacht nahte, betete Elena zu Innos und hatte sich in die Rüstung eines im Lazarett verstorbenen Ritters geworfen. Sein Helm verbarg ihr Antlitz und ihr langes Haar hatte sie mit einem Streich ihres Schwertes abgeschnitten. In der Schlacht bewies sie große Tapferkeit und erschlug viele Varanter. Doch als der Feind die Flanke nahm, wurden die Clankrieger und Soldaten des Rhobar überrannt. Elena betete zu Innos und kämpfte dann weiter. Sie fürchtete den Tod nicht und erst recht nicht Beliar und seine Anhänger.
Statt zu flüchten, warf sie den Helm ab und ihr Kampfschrei erklang. Er verlieh den Kriegern um sie neue Kraft und ließ die Varanter zurück schrecken..."
"HA! Bestimmt weil sie nicht mit einer Frau rechneten und die Kerle um sie nicht als Feiglinge gelten wollten. - Oder weil Elena hässlich wie die Nacht war."
"Velaya! So spricht man nicht über eine Heilige! Sie fassten Mut und schreckten zurück, weil Innos mit Elena war. Man sagte, dass ihr Schwert entflammte und eine heilige Aura sie umgab, als sie sich alleine und mit Innos auf den Lippen dem Feinde stellte. Und dann hielt man die Flanke, bis die Paladine mitsamt dem König dazu kamen und nur deswegen konnte der große Lee die Schlacht für uns und Rhobar entscheiden. Nun rate aber was geschah, als Elena dem König in die Augen blickte?", fragte Isolde.
"Sie kniete nieder und flehte um ihr Leben?", mutmaßte Velaya.
"Nein. Wie die Barden einst sangen, erfuhr des heiligen Rhobars Antlitz ein Lächeln, als ihrer beider Augen sich trafen und erkannten. Und es musste Innos selbst gewesen sein, der diese beiden in ihren Taten geleitet hatte. - Es war Rhobar der ihr zeigte wie man das Schwert führt."
"Ist nicht wahr? Was sagte dann aber die Kirche dazu und wieso weiß man nicht mehr von der heiligen Elena?"
"Dazu komme ich jetzt. Elena wurde für ihre Taten von vielen bewundert. Männer, als auch Frauen die nun auch zu den Waffen greifen wollten als sich ihre Großtat und Innos göttlicher Wille in ihr im ganzen Reich herum sprach. Zugleich aber wurde sie von vielen Mächtigen gehasst. Die Kirche Innos' klagte sie an und auch der Adel sprach sich gegen sie aus, denn Frauen durften nicht zum Schwerte greifen. Ihr wurde der Prozess gemacht und es war gerecht, folgte man den Geboten der Kirche. Sie hatte von Anfang an keine Chance gegen die scharfen Zungen der Magier, die sie immer wieder der Ketzerei und Hexerei bezichtigten. Eine Frau die gegen Innos Ordnung verstieß, konnte einfach niemals von Innos erhört werden. Die Magier arbeiteten gründlich und wollten wissen von wem sie das Kriegshandwerk erlernt hatte, doch sie schwieg und sprach davon dass Innos wollte, dass sie zum Schwerte greift. Der König der dabei saß wusste es, doch auch er schwieg und wusste um diesen Dienst den Elena ihm da erwies."
"Konnte er sie nicht retten? Er war doch der König?"
"Das tat er dann, als er sie zur Schildmaid, zur ersten Paladina erhob und in ihr Innos Willen sah. Damit stellte er sich zum ersten Mal gegen die Kirche, den Orden der Paladine und gegen seinen Adel. Prompt hieß es, sie sei eine Hexe die den König verhext habe und es rumorte unter Rhobars Adel. Rhobar blieb aber eisern und sein mächtiges Wort ließ die Worte aller verstummen und erkennen. Sie folgten und hörten auf ihren König, doch gefallen tat es nicht vielen. Elena wurde nicht gestraft, sondern belohnt denn fortan stritt sie an der Seite Rhobars und seiner Paladine. Ihre Freundschaft war groß und viele Frauen sahen in Elena eine Heilige zu der sie Rhobar auch erhob, wie später auch den heiligen Dominique..."
"Wieso ist sie aber nun so vergessen? Was wurde aus ihr?", fragte die Schildmaid.
"Rhobar nahm seine Worte zurück und Elena wurde eingekerkert.", sprach Isolde verbittert.
"Aber wieso, Herrin? Hatte er nicht für sie allein gestritten?", entgegnete Velaya und bekam ihre Antwort.
"Rhobar schützte sie, weil er sie liebte. Heimlich, denn sein Weib hatte er schon lange geehelicht und einen Thronfolger gezeugt. Er gestand Elena trotzdem im Geheimen seine Liebe. Sie soll gesagt haben: >Mein Herr, mein König, mein Freund. Ich kann dich nicht lieben wie eine Frau den Gatten, denn mein Herz gehört nur Innos. Ich bin sein, er ist mein.< - Rhobar war erzürnt und enttäuscht ob ihrer Worte und in der selben Nacht rief die Magier und seine Paladine. Er sprach im Zorn und revidierte seine Aussage. Elena wurde der Hexerei und vieler anderer Dinge gegen Innos beschuldigt und verurteilt. Als ihr Leib den reinigenden Flammen übergeben wurde, überkam Rhobar und alle Anwesenden ein unheilvolles Gefühl und es war als hätte Innos durch die heiligen Flammen zu ihnen gesprochen. Noch in der selben Nacht sei er Rhobar erschienen und hätte ihm gesagt, dass er und sein Volk für diese Tat büßen würden, bis ein neuer Heiliger des Innos erscheine. Rhobar bat um Vergebung und rannte in seines Herrn Tempel. Er weinte um Elena, wie um keinen anderen seiner Paladine und sein Herz wurde wieder rein. Rhobar ließ am nächsten Tage verkünden, dass es fortan Frauen erlaubt sei das Kriegshandwerk zu erlernen und ernannte Elena zur Schutzpatronin aller Streiterinnen des Innos. Eine jede Paladina ehrt auch die heilige Elena, ohne die sie niemals das wäre, was sie ist. - Du willst sicher wissen wieso du die Ballade über die tapfere Elena, die Geschichten und Gedichte über ihre Taten nirgends mehr hörst? Es ist einfach. Es gibt viele Werke die besonders auf die Liebe Rhobars zu Elena anspielen. Du weißt wie die Barden daraus volkstümliche Werke machen und sie ausschmücken, bis es einem Märchen gleicht. Rhobar der II. und viele aus der Kirche wollten nicht zulassen, dass Rhobar der I. der doch ganz besonders heilig gesprochen wurde, als nicht von Innos geleitet, weise und treu seinem Weibe dargestellt wurde. So wurden die Werke verboten.
Dabei ist doch nachweisbar, das Rhobars beste Taten nach Elenas Tod folgten. Aber sowas lässt sich schlechter zu Werke bringen. Nun kennst du die Geschichte die die Kriegerinnen sich in unserem Orden erzählen und die Heilige die wir verehren. Elena gilt immer noch als Heilige. Das Wort des heiligen Rhobar steht über allem. Was denkst du, Velaya?", fragte Isolde und gönnte sich nach dieser Geschichte einen Schluck vom Wein.
"Ich denke sie war eine Heilige und ich denke ich werde sie zu ehren wissen. Ich denke aber auch, ihr habt hier und da die Dinge beschönigt. Ihr kennt wohl auch nur die Bardenwerke. Es bleibt aber ihre Legende, nicht wahr? Vielleicht wird man die Bardenwerke wieder hören und wir nicht so angesehen, weil wir Waffen tragen. Hmm, die heilige Elena... - lasst uns speisen, Herrin."