(Seite 1)




06 Verseschmiede

Winter ist's. Die Zeit von Eis, Schnee und Kälte. Sterben der Natur. Endzeit, Dunkelheit. Unerbittlich zollt die Natur im ewigen Kreislauf ihren Tribut und bringt das, was sie im Jahr hat wachsen lassen, zum Opfer dar. Vieles muß sterben und eingehen. Manches muß darben, um den Winter zu überstehen. Doch mag es auch Menschen geben, die das Ende, die den Tod herbei sehnen. Von beiden Dingen hören wir in dieser Ausgabe der Verseschmiede. Denn wann wäre eine bessere Zeit, um dem Mysterium des Todes zu begegnen als jetzt in der dunklen Jahreszeit?
(--Dumak)

TANZ DER FROSTDÄMONEN (Dumak)

Prelude

Alter Ratschluß es bestimmte:
Alles endlich solle sein,
Nichts in ihren weiten Sphären
Darf den Göttern ähnlich sein.

Diesem ehernen Gesetze
Muß sich beugen die Natur.
Alles Leben darf erfreu'n sich
Einer kurzen Spanne nur.

Wenn im Herbste ihres Lebens
Angekommen alle sind,
Reißt die ruhelosen Geister
Mit sich fort der Winterwind.

Deshalb folgt der Tod am Ende
Als Entscheidung ohne Wahl.
Dieser Meister nimmt entgegen
Huldigungen bleich und fahl.


Triumph des Winters

Meister öffne deine Tore,
Laß uns streben in die Welt,
Uns wie Wein aus der Amphore
gieß hinaus, wenn's dir gefällt.

Raunen solls, mit grimmen Stimmen
Wollen wir die Luft erfüll'n,
Sollst den Thron der Welt erklimmen,
Sie in klirrend Frost einhüll'n.
_ _ _

Kälte bringt uns Kräfte wieder,
Kälte ist uns Lebensborn,
Kälte reißt Ruinen nieder,
Kälte dreht den Kreis von vorn.

Kälte gibt uns neue Nahrung,
Kälte macht uns rasend stark,
Kälte friert ein zur Bewahrung,
Kälte strömt bis tief ins Mark.

Beliar ist unser Meister,
Seinem Worte folgt, ihr Geister.

Frost, Frost, Frost, Tod.


Kälte endet müdes Leben,
Kälte bricht den Daseinsmut,
Kälte kürzt ein alles Streben,
Kälte steigert unsre Wut.

Kälte läßt herein den Schnitter,
Kälte ist der Sense Glanz,
Kälte greift die Ernte bitter,
Kälte ruft zum Totentanz.

Beliar, nach deinem Plane
Sind auch wir dir untertane.

Frost, Frost, Tod, Tod.


Kälte saugt heraus die Seelen,
Kälte gibt den Geiste uns,
Kälte soll die Erde quälen,
Kälte ist Sinn unsres Tuns.

Kälte ist der einen Ohnmacht,
Kälte ist für uns ein Fest,
Kälte kommt in klarer Sternnacht,
Kälte holt sich auch den Rest.

Beliar, dir Weltenlenker,
sind wir Kläger, Heer und Henker.

Frost, Tod, Tod, Tod.
_ _ _

Untertan dem dunklen Gotte,
Hören wir auf seinen Spruch,
Er sperrt auf die Frosteisgrotte,
Wenn er nennt den Winterfluch.

Schnell heraus aus dem Gefängnis
Unser Sinn bleibt kalt und hart.
Niemals ruhen werden wir, bis
einst die Welt in Frost erstarrt.


Epilog

Kälte labt uns, Kälte nährt uns
Kälte steigert unsern Mut
Kälte läßt uns stärker werden
Oh die Kälte tut so gut.

Ferne Sonne, schwacher Abglanz,
Kälte webt ein Netz aus Eis,
Rote Scheibe hinter Nebel,
Kälte nichts von Wärme weiß.

Schwarze Nacht, sie fällt hernieder,
Licht der Welt ist fortgewischt.
Dunkelheit und ew'ge Kälte:
Zu Eis erstarrt des Meeres Gischt.

Kälte läßt selbst Zeit gerinnen,
Ewig ist die Stille nun.
Jeder Ton erstarb vor langem,
Kälte hindert jedes Tun.

Blättern: 1 2