(Seite 2)




02 Westargaan


Der steinige Weg der Verteidiger des Guten

Stolz erheben sich die Leuchttürme über der Hafenstadt Thorniara, das Leben brodelt in ihren Gassen und zahllose Gesichter huschen vorüber. Lange Zeit kümmerte sich das Reich nicht um diese entlegene Kolonie, war zu beschäftigt damit zu überleben und wollte die Aufmerksamkeit der Orks nicht auch noch hierhin lenken. Doch diese Tage sind vergangen, denn gefallen ist das einstmals mächtige Imperium der Orks, zerschlagen wurde die Macht Beliars in Varant. Und stolz erhebt sich das Reich der Menschen nun wieder aus der Asche, in die es gesunken war, und kehrt auch auf diese Insel zurück, um den Anspruch seiner Herrschaft zu festigen. Der Orden der Paladine und der des Feuers stehen bereit, um Innos’ Licht auch in diesen entlegenen Winkel der Welt zu tragen.
Und dies ist dringend nötig: So stark die steinernen Mauern auch wirken, wurde der Einfluss Thorniaras in den vergangenen Jahren doch immer mehr zurückgedrängt, bis er nicht mehr viel weiter reichte als bis zu den Stadtgrenzen, während Setarrif, die Stadt des Usurpators im Osten, an Macht gewann. Für ein Reich, zu dessen Selbstverständnis auch die Herrschaft über die vor langer Zeit eroberten südlichen Inseln gehört, ein unhaltbarer Zustand. Aber noch ist unklar, welche Kräfte hier in den vergangenen Jahren wirkten und einen solchen Verfall der Macht nach sich zogen. Und dementsprechend vorsichtig sind die ersten Schritte, die die neuen Herren gehen, stets wachsam ob der Gefahren im Unbekannten.
Doch Tatenlosigkeit bedeutet dies keineswegs, lediglich das Vermeiden blindwütigen Vorstürmens. Stattdessen werden zur Stunde schon neue Grenzmarken gesetzt: Verwildertes Land im Bluttal, unbestellt und ohne Eigentümer, geht wieder in den Besitz des Reiches über. Unter dem Kommando eines Streiters des Feuergottes sammelten sich zahlreiche Helfer, um ein verlassenes Weingut wiederaufzubauen. Manche munkeln gar, magische Kräfte würden seitdem dort wirken, so dass reiche Ernten bevorstehen und der Stadt zu neuem Wohlstand verhelfen werden.
Und nicht nur das: In großer Zahl wurden Schrate in der Umgebung Thorniaras gesichtet, eine Gefahr für jeden Wanderer. Diese Bedrohung konnte nicht ignoriert werden und so dauerte es nicht lange, bis eine Expedition der Stadtwache aufbrach, um der Monster Herr zu werden. Nicht alles freilich ging gut, wie bald offenbar wurde. Nicht nur, dass die Schrate der Miliz schwer zu schaffen machten, auch ein Waldbrand, der nur mit Hilfe eines Priesters des Feuers eingedämmt werden konnte, war Resultat der hitzigen Kämpfe. Und auch innerhalb der Stadtmauern rumort es. Beschwerden über einflussreiche Persönlichkeiten treten zutage, Amtsmissbrauch und Korruption heißen die Gerüchte, Bestechlichkeit und Rechtsbeugung, die sich in den Jahren, die Thorniara so fern vom Reich verlebte, ausgebreitet haben sollen. Was wahr und was falsch ist an diesen Dingen, bedarf noch der Klärung, doch Tatsache ist, dass schon nach kurzer Zeit ein hoher Mann der Stadtwache von einem Paladin vor Gericht gestellt wurde. Zwar erfolgte ein Freispruch, aber selbst der Richter genießt offenbar nicht das volle Vertrauen des Ordens.
Was indessen der König plant, der nach erfolgreichem Feldzug in Varant nach Argaan kam, weiß niemand. Und auch nicht, welcher Art die Blicke sind, die nach Osten und Süden geworfen werden, wo das Reich des Usurpators sich erstreckt, nur eine Gesandtschaft unter General Lee wurde bisher ausgeschickt. Die Zukunft wird bald zeigen, wie die einstmals stolze Hafenstadt sich entwickeln wird, im Innern wie nach außen. Nur eins steht fest: Ein Wandel steht bevor.

Thorwyn

Blättern: 1 2