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02 Westargaan

Wahrhaft ergreifende und abscheuliche Momente

Bewegende Ereignisse spielten sich auch diesen Monat in der Stadt des Königs ab, in der sich ein feiger Mord ereignete – von einem Rebellen aus Setarrif!
Ja, verehrte Leserinnen und Leser, ein Setarrifer hat es geschafft, in der Thorniara einen Mord zu begehen! So unglaublich es auch klingt, es ist wahr.
Aber ich möchte mich natürlich nicht lumpen lassen und präsentiere hier erstmals Details dieser hinterhältigen Verbrechens, so wie es wahrscheinlich noch nicht viele gehört haben.
Bei dem grausamen Mörder handelt es sich um einen der Wassermagier, die dem selbsternannten König in Setarrif dienen. Dieser saß im Gefängniss unter der Bastion, schon seit länger Zeit – genauer: seit er in einem Duell der Magie Innos' haushoch unterlegen war und im Kampf gegen unseren ehrenwerten Tempelvorsteher Lopadas unterlag, worauf hin das Ordensmitglied allerdings Gnade walten ließ und das Leben dieses Rebellen verschohnte. Zu seinem eigenen Unglück beugte sich der Ketzer nicht dem gerechten Urteil Innos', sondern begehrte auf und tötete seine Wache, in dem er ihr im wahrsten Sinne des Wortes das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ja, verehrte Leserinnen und Leser, dieser Mann war wirklich dazu fähig, Blut, wie durch die Adern eines jeden von uns zirkuliert, gefrieren zu lassen! Nun mag sich sicherlich so mancher Fragen: Wie kann man so einen grauenhaften Menschen trotz seines immensen Verbrechens, einen Magier Innos' töten zu wollen, noch am Leben lassen? Die Antwort ist simpel: Dieser Mann hatte eine sehr hohe Position unter dem Rebellenkönig und war so im Besitz vieler wichtigen Informationen, mittels der wir uns diesem Unruhestifter entledigen können! Aus ganz simplen Gründen des Patriotismus und aus Ehrfurcht vor unserem Herr Innos werde ich hier keinerlei Details nennen, denn ich weiß sehr wohl, dass dieses Blatt auch in der Stadt des Feindes publiziert wird und das letzte, was mir in den Sinn käme, wäre diese Verräter zu warnen!
Aber ich schweife ab, ich wollte eigentlich über die Umstände der Tat berichten: Der Magier, der im Gefängnis der Stadt saß, hatte nicht nur diese Wache getötet, sondern auch noch mittels seiner von Adanos gegeben Kräfte eine Fluchtversuch gestartet – nach einer erstaunlich langen Zeit, ich würde mein ganzes Vermögen darauf wetten, dass ein Magier Innos' sich schon längst aus einer vergleichbaren Situation befreit hätte! Allerdings sprach ich gerade eben nicht um sonst von einem Fluchtversuch: Der Ketzer wurde gestellt, von einem ehrenwerten Paladin, der aufgrund seiner enormen Kräfte dazu auserwählt worden war, es mit einem solch mächtigen Gegner aufzunehmen und erfolgreich in das Gefängnis zurückverbannt!
Wir können also aufatmen, verehrte Leserinnen und Leser, die Stadt ist so sicher wie eh und je!

Doch noch eine weitere Sache ereignete sich diesen Monat, die durchaus berichtenswert ist, ja, es war ein Ereignis, das es zwar durchaus nicht zum ersten mal in Thorniara gab, aber das immer wieder auf ein Neues ein Erlebnis für einen jeden Menschen ist, der von der Rechtschaffenheit unseres Gottes Innos überzeugt ist, und auch ein Ereignis, das all diejenigen, die Zweifel an seinem göttlichen Willen hegen mögen, von dem absoluten Gegenteil überzeugen wird: Der ehemalige Novize Kialar, ein Mann aus Varant, wie mir berichtet wurde, der sich nicht dem dort verbreiteten Unglauben an Beliar beugen wollte, sondern aufrecht stand, bis er den Weg zu dem wahren Gott gefunden hatte, wurde zum Magier des Feuers geweiht. Ich muss kurz mitteilen, dass ich dieser Zeremonie selbstverständlich selbst beigewohnt habe, und immer noch davon ergriffen bin. Allein schon das Aussehen des großen Tempels zu diesem besonderen Ereignis: Alles war auf Hochglanz poliert, der komplette Innenraum. Außerdem war er strahlend hell erleuchtet, mittels der Magie, die Innos den Menschen geschenkt hat, und mittels des Elements, dessen Herr er ist. Zusätzlich dazu hingen überall in diesem heiligen Gemäuer Kränze in der Farbe unseres Herrn.
Aber nicht nur das Gebäude war beeindruckend, auch die Menschen in seinem Inneren waren etwas, was man auf jeden Fall nicht alle Tage sieht: Allesamt herausgeputzt für diesen ehrenwerten Tag, egal in wessen Augen man auch schaute, alle waren von Innos' beseelt und überhaupt: Hätte man an diesem Tag einen größeren Tempel gehabt, auch dieser wäre bis zum letzten Platz besetzt gewesen. Diese Innosfürchtigkeit der Bevölkerung hat mich tief ergriffen, denn es hat mir eines bewusst gemacht: Was immer die Rebellen in Setarrif auch tun mögen, den Glauben dieser Stadt können sie nicht erschüttern!
All denjenigen Leserinnen und Lesern, die in weit entfernten Gebieten leben, an Orten, wo es keinen heiligen Tempel gibt und wo man deshalb einem solchen Spektakel niemals beiwohnen können wird, möchte ich hier einmal kurz schildern, wie eine solche Weihe zum Feuermagier abläuft – auch wenn ich leider nur die Taten schildern kann und nicht das, was eigentlich wirklich passiert, denn so sehr ich auch im gerade geschrieben versucht habe, es in Worte zu fassen, wenn ich sie mir noch einmal durchlese, wird mir bewusst, dass ich es wahrscheinlich nicht geschafft habe, dass es wahrscheinlich schlichtweg nicht möglich ist, eine solche Stimmung in Worte zu fassen und zu Papier zu bringen.
Den festlich geschmückten Tempel habe ich nun schon erwähnt, das einzige, was ich noch nicht erwähnt hatte, war ein Chor, der den Tempel mit wunderschönen Lobpreisungen unseres Herrn erhöhte. Sodann schritt der zu weihende Novize vor gen Altar, wo eine mächtige Statue Innos' steht, um dort die eigentliche Zeremonie zu begehen, die im Prinzip aus relativ kurzen und klaren Handlungen besteht: Dem Novizen wird mit Asche etwas auf die Stirn gemahlt, was all den Schmutz symbolisiert, den ein Mensch in seinem Leben auf sich lädt. Danach wäscht der Weiheleiter, stets ein Hochangesehener Magier, im Falle Kialars sogar der Tempelvorsteher Lopadas höchst persönlich, diesen Schmutz mit reinem Wasser wieder weg, sodass der Magier seinen neuen Lebensabschnitt reingewaschen von allen weltlichen Vergehen vor Innos beginnen kann. Danach kommt der wichtigste Teil, der Schwur des Feuers, eines Schwurs, der den sprechenden Magier für immer an seinen Herrn binden wird. Diese Worte haben eine so große Bedeutung, dass ich sie einfach hier im folgenden weitgehend unkommentiert stehen lassen werde, denn obliegt mir nicht, auch nur irgendetwas zu diesen heiligen Worten zu schreiben.

Wir glauben an Innos,
unseren Herrn,
Schöpfer des Lichts und der Erde.
Er war der Bruder von Beliar,
und schuf uns Menschen,
auf dass wir ihm dienen.
Jedoch stellte sich Beliar ihm gegenüber -
Innos beschützt uns und hilft den Guten.
Er ist der Hüter des Lichts
das unsere Welt trägt.
Wir glauben an den Orden Innos’,
den Dienern des Lichts,
den letztendlichen Sieg Innos' über das Böse
und an die unermessliche Stärke seiner Magie.
Für Innos.



Anschließend durfte der Feuermagier Kialar seine „erste Tat“ bekannt geben, eine Art Wunsch, in dem ihn der Orden mit all seinen verfügbaren Mitteln unterstützten wird. Viele Magier haben in solchen Fällen die Wünsche geäußert, mehr über die Welt und Innos' zu erfahren, zu helfen, den Glauben an Innos zu verbreiten oder vieles, vieles mehr, doch der kürzlich geweihte Magier hatte einen fast einmaligen Wunsch: Er bat darum, ein kleines, bescheidenes Zelt außerhalb der Stadt zu bekommen, um zukünftigen Generationen von Innosfürchtigen die schwierige Kunst des Stabkampfes näher zu bringen, ein äußerst bescheidener, wie ich meinen möchte, der nicht minder von einem großen, aber auch pragmatischem Herz zeugt. Ich bin überzeugt, dass dieser neue Magier einen Weg durch die Welt finden wird, jetzt, da er noch stärker mit Innos verbunden ist, als er es je zuvor war, und dass er helfen wird, die Gerechtigkeit auf dieser Welt zu mehren.

(-- Gath)

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