Der leuchtende Glanz der goldenen Kuppeln scheint ermattet und verblasst, als läge ein Schatten über der Perle Argaans. Ethorn, der einzig wahre König auf Argaan, ist nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben. Manch einer munkelt, die Schergen des Tyrannen Rhobar hätten ihre Finger im Spiel, doch bisher sind dies nur Gerüchte, ohne jede Beweiskraft. Wie soll es nun mit dem Reich weitergehen? Wer soll das Reich weiter anführen, wo unser geschätzter Herrscher doch ohne Stammhalter verstorben ist? Einzig die Töchter Ethorns könnten die Herrschaft fortführen, doch wären sie einer solch großen Aufgabe gewachsen? Oder stimmt es doch, was die Dienerschaft des Palastes seit langem munkelt? Schick sich ein Krieger aus den Reihen der Schwerter an, die älteste Königstochter zu ehelichen und das Zepter Ethorns zu übernehmen? Leise Stimmen wispern den Namen eines mächtigen Kriegers aus dem Norden, der schon seit langem seinen Dienst verrichtet und den Königstöchtern wohl bekannt sein dürfte, doch solche Spekulationen sollen an dieser Stelle nicht weitergetrieben werden.
Vielmehr sollte der Blick auf die berühmte Akademie geworfen werden. Seit wenigen Tagen scheint sie zunehmend auch von Kindern und Jugendliche bevölkert zu sein, die sich in allerlei Künsten üben und der Akademie dabei ein völlig neues Gesicht verleihen. Wurden hier früher nur Schwerter geschwungen, so werden nun auch Pinsel geführt und statt schwerer Axtschläge hört man bisweilen den sorgsam geführten Hammer, der aus Steinen Skulpturen entstehen lässt. Surrten früher nur Bogensehnen, um Pfeile auf ihre Reise zu schicken, so schwingen nun die Saiten von Lauten und Fideln und erfüllen das ehrwürdige Gemäuer mit erfrischenden Klängen. Wahrhaftig, die einstige Akademie der Kampfkünste scheint sich tatsächlich in eine reine Kunstakademie zu wandeln, so dass auch das Setarrifer Künstlerviertel wohl bald wieder besser bevölkert sein wird.
Doch Hammer und Meißel vermögen nicht nur Schönes zu schaffen, sie können auch Tod und Leid heraufbeschwören. Unweit der Stadt, in der Mine von Rognor Hammerfaust, wurde dies vor wenigen Stunden traurige Wahrheit. Hatten Hammer und Spitzhacke dem uralten Gestein noch Erze und Reichtümer abgetrotzt, so rächte sich der kalte Stein und begrub die fleißigen Bergarbeiter erbarmungslos unter sich. Vielleicht mag es Überlebende geben, doch der schwere Stein hält all die gefangen, die sich in seinen Schoß wagten, um ihn seiner Schätze zu berauben.
Es sind wahrlich schwere Zeiten, wie auch die Speisekarte der Sturzkampfmöwe offenbart. Fast scheint es, als würden die Lebensmittel langsam zur Neige gehen. Wie sonst ließe sich erklären, dass sämtliche Fleischgerichte von der Karte gestrichen wurden? Liegt dem vielleicht ein Sinneswandel des Wirtes zugrunde, der sich von nun an dem Servieren von Obst und Gemüse verschrieben hat? Oder sind die Tiere des Königreiches erkrankt? Muss man Ende vielleicht sogar Pferd essen? Oder mag es gar an Hugo liegen, der im Herzen der Akademie nach wie vor versorgt werden muss. Minderte sein Hunger die Bestände der Bauern, so dass die Tavernengäste nun, dem Vieh gleich, nur noch Gemüse und Gräser zu essen bekommen? Man will es nicht hoffen, ansonsten müsste man die Duldung des Schamanen wohl noch einmal überdenken.
(A.P.)