Nachdem in den letzten Woche viel über Magie geschrieben wurde, soll nun ein ähnlich fundamentales Thema betrachtet werden: Die Tierwelt Argaans. Beginnen wollen wir mit dem einen Tier, welches über allen anderen stehen was, welches in allen Bereichen der bekannten Welt beheimatet ist und welches eine der Grundlagen für Leben in Midland und auf den Südlichen Inseln ist: Die Fleischwanze! Jeder kennt sie, keiner liebt sie, Frauen kreischen „Mach das da weg!“, Männer zertreten die armen Tiere, Kinder machen Fleischwanzenwettessen als Mutprobe. Doch forscht man ein wenig in den ganz alten Schriften, also die, die zu Zeiten der alten Schriften gewissermaßen schon als alt galten, so stößt man auf erstaunliches. Das liegt einerseits an der damals üblichen Rechtschreibung (wer die Zeit findet, sollte mal in den Bibliotheken in Setarrif oder im Kastell im Regal mit den ganz alten Schriften blättern), welche durchaus zu erheitern weiß, und andererseits an den geballten Wissensmengen und Erkenntnisbrocken, die dort zu finden sind. So lernt man schnell, dass die Fleischwanze mehr ist, als nur ein kleines asselartiges Wesen, in welches man sich bei Bedarf mal eben verwandeln kann, um in angeschlossenen Räume zu spannen oder schwere Tore von innen zu öffnen.
Tatsächlich stellt sich heraus, dass Fleischwanzen keineswegs kleine, unbedeutende Schädlinge sind, sondern eine wichtige Rolle für die Artenvielfalt der bekannten Welt sind. So in einem alten Almanach über magische Vielschläge berichtet, dass ein unvorsichtiger Magier einst einen Schrumpfzauber ungewollt auf eine Gruppe von Fleischwanzen anwendete und sich dabei noch versehentlich versprach, so dass die Wirkung des Zaubers umgekehrt wurde. So entstanden die ersten Urminecrawler, welche wiederum die Grundlage für alle Crawlerarten bilden, die seither Minen, Dschungel und Wüsten als Lebensraum erobert haben.
Auch die bekannten Riesenkäfer, wie zum Beispiel die lästigen Feldräuber, lassen entfernte Verwandtschaft zur Fleischwanze erahnen. Verfolgt man die Entwicklung der ersten Feldräuberpopulationen, wie sie zum Beispiel im bekannten Werk ‚Erste Notizen zur Käferkunde‘ (einsehbar in der Setarrifer Bibliothek, auf Nachfrage bei Calamus) aus Zeiten der Hochkultur Jharkendars beschrieben sind, so ist das Auftreten der ersten feldräuberähnlichen Geschöpfe lokal mit großen Ansammlungen von Fleischwanzen an magisch aktiven Orten verbunden.
So unbestritten wie die Bedeutung der Fleischwanze für die Entwicklung der myrtanischen und argaanischen Tierwelt ist, so beeindruckend ist die Fleischwanze an sich. Sie ist ein Vorbild an Genügsamkeit und Ausgeglichenheit, doch ebenso zeigt sie eine ewig fleißige Geschäftigkeit und beeindruckende Ausdauer, wenn sie ihren schweren Panzer durch die Gegend trägt. Sie beeindruckt durch ihre Anpassungsfähigkeit und kommt in nahezu jeder Umgebung zurecht. Über die Fortpflanzung und generelle Lebensweise von Fleischwanzen ist erstaunlich wenig bekannt, allerdings deuten neuere Untersuchungen aus den dunklen Laboren des Kastells daraufhin, dass Fleischwanzen über mehrere Kilometer hin mittels Ultraschall Zirplauten kommunizieren können und intelligenter sind als bisher angenommen. So wurden bei der Untersuchung von Krabbelbewegungen großer Fleischwanzenkolonien wiederkehrende Muster festgestellt, welche stets sichere Vorhersagen über das Wetter der nächsten vier Tage zuließen. Legenden zufolge nutzten Sträflinge des alten Lagers Fleischwanzenorakel, um ihre Gewinnchancen bei Wetten auf Arenakämpfe zu erhöhen. Kürzlich wurde außerdem experimentell festgestellt, dass Fleischwanzen durch den Verzehr der eigenen Gliedmaßen bis zu zwei Jahre ohne externe Nahrung auskommen können, wobei sie die gefressenen Gliedmaßen in kürzester Zeit nachbilden. Möglicherweise lag das Verenden der Tiere auch an Fehlern im Versuchsaufbau und die Fleischwanzen hätten auch deutlich länger überlebt, was interessante Theorien zur Energiebilanz der Fleischwanzen nahegelegt hätte.
Nach all den genannten furiosen Eigenschaften der Fleischwanzen ist es nicht verwunderlich, dass schon die Druiden auf diese Wesen aufmerksam geworden sind. Alte Legenden legen nahe, dass der erste Druide den Druidenstein der Fleischwanzen besaß, welcher aber zerbrach und dabei in alle bekannten Druidensteine zerfiel. Alte Sagen behaupten, dass das richtige Zusammenfügen aller Druidensteine den mächtigen Fleischwanzenstein wieder herstellen könnte, doch finden sich dazu widersprüchliche Aussagen und es sind bisher auch keine Versuche der Umsetzung bekannt.
(I.L.)