Die Trolljagd der Rechtschaffenen
In den Wäldern von Myrtana. Unermessliche Wildnis erstreckt sich von Horizont zu Horizont, reicht von den Bergen des Westens hin zu den östlichen Küsten, nur selten durchbrochen von den Ansiedlungen der Orks und Menschen. Beide Völker trachten danach, dies Land zu beherrschen, doch ist nicht nur das jeweils andere der Feind, denn hartnäckig stemmen sich auch Flora und Fauna gegen den Fortschritt der Zivilisation.
Die Wälder von Myrtana. Vorsichtig muss der sein, der seinen Fuß in ihren Schatten setzt, denn schnell kann des Wanderers Reise ein Ende finden, wenn er einen falschen Weg einschlägt. Die Furcht vor Mensch und Ork ist nicht allen Tieren eigen und manch eines sieht bei einem Zusammentreffen sich selbst als den Jäger. So auch die Gattung der Trolle, die sich wegen ihrer unheimlichen Größe und Stärke vor keinem Gegner zu verstecken brauchen. Wer es mit einem von ihnen zu tun bekommt, kann sich meist nur durch eine schnelle Flucht retten. Und dennoch gelang es erst kürzlich einigen tapferen Menschen, eines dieser seltenen Exemplare zur Strecke zu bringen.
Dies kam aber nicht von ungefähr. Wer würde schon den Kampf gegen ein solches Ungetüm wagen, wenn ihn nicht die Not dazu trieb? Wenige genug, und so war es auch nicht die Ehre, die es zu erringen gab, sondern die pure Notwendigkeit, die die Jäger dazu brachte, der Bestie nachzuspüren. Diese war zufällig in einer Höhle unweit der Stadt entdeckt worden – zu nahe, als dass man dies einfach hätte ignorieren können, denn leicht konnte das Monstrum dort jemandem zum Verhängnis werden. Und so wurde unter Führung der Paladine des Königs schnell ein Jagdtrupp gebildet, um dem Troll den Garaus zu machen. Ein direkter Kampf erschien allerdings unklug, sowohl wegen der mächtigen Pranken des Riesen, die auch einem Paladin gefährlich werden konnten, als auch wegen der Unerfahrenheit vieler Rekruten, die einem Troll wenig entgegenzusetzen hatten.
Daher wurde beschlossen, eine Falle zum Einsatz kommen zu lassen. Eine sehr große Falle freilich, die geeignet war, einem solchen Ungetüm zu begegnen. So machten sich, nachdem die Behausung des Untiers aufgespürt worden war, die Jäger daran, alles vorzubereiten. Vor allem musste eine gewaltige Grube ausgehoben, mit spitzen Pfählen versehen und versteckt werden, um dem Troll eine unangenehme Überraschung zu bescheren. Nachdem dies und noch mehr geschehen war, machte man sich endlich daran, das Monster mit vielerlei Lärm aus seinem Schlaf zu erwecken und aus der Höhle zu locken. Mächtig dröhnten seine Schritte auf dem Boden, ließen dabei mehr als einem Mann beinahe das Blut in den Adern gefrieren. Und schließlich erschien es selbst am Eingang, wo es nach seiner frechen Beute Ausschau hielt.
Nun galt es rasch zu handeln. Sogleich begannen einige Schützen, Pfeile auf den Troll abzufeuern, um ihn so zu reizen und zur Fallgrube zu locken. Gleichzeitig wurden rings um die Höhle Feuer entzündet, die der Bestie nur einen Weg in die gewünschte Richtung ließen. Diesem Plan schien sie zuerst auch Folge leisten zu wollen und die Schützen mussten gut acht geben, um nicht unter die Pranken des Monsters zu geraten. Doch dann stand die Unternehmung für einen Moment auf Messers Schneide. Einer der Jäger, der vergeblich versuchte, einen Stapel Feuerholz zu entzünden, zog die Aufmerksamkeit des Riesen auf sich, der sich sogleich auf den Unglücklichen stürzte. Nur der Todesmut eines Kameraden, der mit seinem Speer kostbare Sekunden gewann, und einigen gut gezielten Pfeilen, die den Arm des Trolls trafen, war es zu verdanken, dass der schon Totgeglaubte entkommen konnte.
Dadurch noch wütender gemacht, stürmte das Monstrum nun weiter vorwärts, immer hinter den Schützen her, sich Bahn brechend durch das von lodernden Feuern erhellte Dickicht. Vor der Grube endlich sollte sich alles entscheiden. Hier jedoch zögerte der Riese, den diese plötzliche Störung seines bis dahin ruhigen Tages in der Tat verwirren musste. Ein Paladin, der Anführer des an der Falle wartenden Trupps, kam dann aber auf die rettende Idee, den Troll nicht mehr mit Lärm zu schrecken, sondern durch beruhigende Brummgeräusche anzulocken. Dies gab den Ausschlag und sorgte dafür, dass das Ungeheuer einen verhängnisvollen Schritt vorwärts machte – und stürzte, gefolgt von Felsen, die schon auf einer Klippe bereit lagen. Wenig musste nun noch getan werden, um dem Monster den Garaus zu machen, und so feierten die erfolgreichen Jäger bald ihren Sieg, der diesen Teil des Waldes wieder einigermaßen sicher machen und die Vorratskammern der Hauptstadt des Reiches füllen würde.
Doch ist dies nicht das Ende, denn noch immer ist die Herrschaft der Natur hier unangefochten, bergen Bäume und Schatten vielerlei Gefahren, machen jede Reise zu einem unkalkulierbaren Wagnis.
In den Wäldern von Myrtana.
(-- Thorwyn)