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3 Nordmar und Varant

VARANT

Der grüne Schrecken

Al Shedim. Auf den ersten Blick scheint sich das Leben in der Wüstenstadt normalisiert zu haben, nachdem Al Shedim vor einem knappen halben Jahr erneut vollständig zerstört wurde, der magisch erschaffene Urwald das gesamte Umfeld verändert hatte und die stolzen Krieger Nordmars ihre schweren Stiefel auf den feinen Wüstensand gesetzt hatten. Doch all das ist mehr Schein als Sein, denn im Innern des Waldes – und ebenso im Innern des großen Heiligtums der Wassermagier und Nomaden – lauert die Gefahr, die nicht aus wilden Tieren, noch aus grausamen Menschen besteht.

Der Priester Tinquilius und seine Mannen hätten nicht damit gerechnet, dass ihre Expedition in den Urwald bei Al Shedim, von deren Start wir bereits in der letzten Ausgabe berichteten, so ein ausgedehntes und gefährliches Abenteuer werden könnte. Bis tief in die Ruinen hinein war das unbekannte Dickicht gewachsen, doch hatte es nicht nur versteckt, was zuvor da war, sondern auch freigelegt, was nie gefunden werden sollte. Bald schon entdeckte man, dass der Ursprung der halluzinogenen in einem eben solchen unterirdischen Komplex lag, der sich als altertümliche Anlage unter Tage entpuppte, die vollkommen überwuchert war von den Pflanzen – doch sollte das nicht die einzige Gefahr für die Expedition werden.

Währenddessen hatten die Pollen der offenbar wie Unkraut wuchernden Pflanze die Stadt erreicht, und überall verfielen die Menschen in wahnhafte Halluzinationen. Am schlimmsten schien es dabei die Magier – insbesondere die Mitglieder des Rates des Wassers – getroffen zu haben, denn einer nach dem anderen fielen die Mitglieder des Rates den Pollen zum Opfer und stürzten in Fieberträume, die so stark wie bei niemandem sonst waren.
Während die erfahrenen Magier Warus und Kuron, Heiler und Bibliothekar des Tempels, vorübergehend die Geschicke des Rates in die Hand nahmen und Bemühungen anstellten, Tinquilius zu kontaktieren, machten sich eine handvoll Nordmänner unter der Führung von Stylios und Colodis auf, den Priester, der als Kontaktmann für ihren Aufenthalt in Varant dient, im Innern des Waldes aufzusuchen.

Mit Männern und Nachricht erreichten Tinquilius Anlass und Mittel, seine Bemühungen fortzusetzen und das Innere der urtümlichen Anlage zu erforschen. Bald schon jedoch spürten es einige von ihnen: etwas Böses ging um in diesen Hallen.
Bald schon entdeckte man, dass es mehr als nur eine Variation der seltsamen Blüten gab, und dass eine dieser Variationen offenbar das Gegenmittel zur Bekämpfung der Halluzinationen enthielt. Die Fortschritte jedoch erfuhren eine jähe Unterbrechung, als Carlyle, einer der ersten Männer, die mit den Pollen in Berührung gekommen waren, scheinbar dem Wahnsinn verfiel. Als hätte etwas von ihm Besitz ergriffen, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, die anderen Mitglieder dieser Expedition auszuradieren. Sein Hilfsmittel: ein untoter Troll, erweckt durch einen seltsamen Dolch, der ihn zu einer Art Trollreiter machte.
Nur mit vereinten Kräften – ein Verdienst vor allem der tapferen Nordmarer Krieger – gelang es, den Wahnsinnigen vom Rücken des Biestes zu stoßen und den Dolch aus dem fauligen Leib zu reißen, woraufhin der Troll ebenso tot zu Boden stürzte, wie er gewesen war.

Tatsächlich hatte etwas von dem Unglücksraben Besitz ergriffen und ihn gesteuert, und es dauerte nicht lange, bis sich dieses Wesen offenbarte und der nächste schreckliche Vorfall die Erkundungsgruppe ereilte – der Tod zweier Männer.
Wie ausgesaugt, so berichten die Augenzeugen, sollen die Leichen des Sippenkriegers und des Clankriegers ausgesehen haben, und dennoch lockte die Entdecker der Kadaver ein rufen aus der Tiefe, dem sie nicht widerstehen konnten.
Was die Männer fanden, war ein Wesen wie man es sich in den ärgsten Alpträumen nicht vorstellen mochte – eine scheinbar Jahrhunderte alte Frau mit immensen Kräften, eine Hexe, deren Kräfte die der Männer bei weitem überwogen. Mit Hilfe seiner Macht zwang der Dämon sie in die Knie und kostete ihr Leid aus, doch ein Moment der Unachtsamkeit zerstörte ihren scheinbaren Triumph – mit aller Macht drängte man die Hexe und ihre untoten Lakaien in einen Raum, der jegliche Magie verbat, und vernichteten das Höllenwesen.

Mit Glück entkamen die Mitglieder der Expedition der unbekannten Macht, mit großen Verlusten, aber auch großen Erkenntnissen kehrten Tinquilius und seine Männer zurück in die Stadt, in der sich mittlerweile ein verrücktes Bild zeigte. Der Einfluss der Pollen an den öffentlichen Plätzen war verflogen, doch im Tempel, dem Ballungszentrum der Magie Adanos‘, wucherten die Pflanzen weiterhin ohne Unterlass. Der Fluss der Magie war gestört, als ob die Pflanzen sich an ihr nährten, und so brach sich so mancher Magiebegabte des Kreises des Wassers in halsbrecherischen Landemanövern abseits des angepeilten Tempels beim Teleport fast den Hals. Eine viel folgenreichere Erscheinung jedoch war und ist die Tatsache, dass der Tempel kaum noch bewohnbar ist, seit das Kraut dort sprießt.

Mit Hilfe des entwickelten Gegenmittels aus der gefundenen Pflanzenvariation konnten mittlerweile beinahe alle Befallenen kuriert werden, doch die mächtigsten der Magier – der Mitglieder des Rates des Wassers – erwachen nach wie vor nicht aus ihren kritischen Zuständen. Auch eine Beseitigung des Krautes – die aus Sicherheitsgründen nur von Magieunbegabten durchgeführt wird, welche offenbar weniger empfänglich für die halluzinogene Wirkung sind – ist erfolglos und dient lediglich der Schadensbegrenzung, da die Pflanzen schneller zu wachsen scheinen, als man sie vernichten kann.
In einem eilig einberufenen Ersatzrat, bestehend aus Kuron und Warus, den drei obersten Wassermagiern außerhalb des Rates – Nefarius, Merdarion und Vatras – und Tinquilius wurde letzterer zum endgültigen Stellvertreter Riordians in der Funktion als oberster Wassermagier bestimmt. Des Weiteren soll angeblich ein drastischer Schritt zur Beseitigung des Unkrautproblems innerhalb des Tempels beschlossen worden sein, der ersten Vermutungen zufolge auf den Tempel als Quelle der Magie Adanos‘ abzielt. Was genau sich da anbahnt, wird in der kommenden Ausgabe zu erfahren sein.

Einmal mehr zeigt sich, dass die Verbindung der Wasser- und Naturmagie in Form des Waldes nicht nur positive Seiten mit sich brachte. Offenbar hat der Kampf gegen die grüne Hölle begonnen – ein selbst geschaffener Gegner, entsprungen aus dem eisernen Willen, zu überleben, der dem Kreis des Wassers nun eine ernsthafte Belastungsprobe auferlegt.

(-- Maris)

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