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5 Wald-Special: Der Wald im Wandel

Ein sildener Wächter erzählt



Oh Mann, das war vielleicht was. Kann man sich echt nicht vorstellen, wie das ist, unter Befehl von Hauptmann Jarvo und diesem Jodas zu stehen, wenn man nicht weiß wer der Feind ist. Am Anfang war es nun mal so, dass wir nicht genau wussten, was vor sich ging. Hatten mal Probleme mit einer Diebesbande in Silden, die sich dann relativ schnell in Luft aufgelöst hatte. Was dann folgte war seltsam: Leute verschwanden in den Wäldern und keiner wusste warum. Anfangs schickten wir noch Patrouillen los, doch diese verschwanden auch teilweise. Jetzt kann man sich vorstellen, wie es daraufhin weiter ging.
Eine Ausgangssperre wurde erteilt nicht so eine, wo man nach zehn nicht mehr auf die Straße durfte… nein. Ohne Schutz wurde kein Bürger mehr aus der Stadt gelassen, es sei denn er wollte partout sein Leben riskieren. Für uns Wächter gab es natürlich einiges zu tun, haben Schutzanlagen vor Silden errichtet, die Palisaden verstärkt, den äußeren Waldbereich ständig unter Bewachung gesetzt und die Menschen daran gehindert, die Stadt zu verlassen… tja, jeder kann sich vorstellen, wie das endete. Die meisten waren angepisst und wollten sich von uns nichts sagen lassen.
Da muss man natürlich wieder den Unterschied zwischen dem Waldvolk und den Sildenern ziehen. Ob man es glaubt oder nicht, es sind zwei verschiedene Parteien. Nach außen hin mag es wie ein großer Brei an Naturmenschen wirken, doch wenn man mal genauer hinschaut, erkennt man die Unterschiede. Wir, das Waldvolk nahmen viele Flüchtlinge auf, gaben ihnen einen Ort um anzusiedeln und mit der Zeit wurden es mehr. Die meisten von ihnen konnten sich mit uns arrangieren, hatten aber längst nicht dieselben Wertevorstellungen wie wir. Ein friedliches Miteinander, das allerdings in Krisenzeiten Konfliktpotential aufwecken kann. So ließen sich viele nichts sagen, wollten nicht bevormundet werden. Ich selbst kann beide Seiten verstehen, doch das brachte uns auch nicht weiter. Zu oft habe ich Beschimpfungen entgegengenommen, von Bürgern, die mein Wort nicht für voll nahmen. Doch was die Menschen dann schlussendlich in der Stadt hielt war die Angst. Mehr Leute verschwanden und lieferten den Waschweibern mehr Gesprächsstoff. Tja, und als dann die Rede von einem Dämon und einem Drachen war, da drehten sie alle durch. Manche lachten uns aus, andere spielten sich auf und nutzten die Gunst der Stunde, um sich an verängstigte Frauen heranzumachen. Stelle man sich das einmal vor.
Für uns Wächter bedeutete das natürlich Arbeit nonstop. Waffentraining, wenn man nicht im Außeneinsatz war und nährreiche, aber seltene Mahlzeiten, um die Glieder zu stärken. Schlafen war echt ein Luxusgut. Und es gibt ja auch nichts Schöneres als morgens von der rauen Stimme Jodas´ geweckt zu werden. Aber das war noch nichts im Vergleich zu dem, was noch folgen sollte.
Tatsächlich fiel nur ein paar Tage später diese Wyvern in Silden ein. Puh… ich kann euch sagen... wir hatten keine Schnitte. Alle waren absolut übertölpelt und die wenigen, die es geschafft hatten, sich in Kampfformation aufzustellen, konnten mit ihren Waffen nicht das Geringste ausrichten. Wir hatten ja nur unsere Bögen, um dem Vieh auf diese Distanz etwas anhaben zu können. Doch am Schlimmsten war dieser Schleim, den es gespuckt hat. Beinahe direkt danach wurden die Betroffenen krank.
Als der Drache dann abgezogen war, herrschte Chaos. Menschen gerieten in Panik und wollten aus Silden flüchten. Noch versuchten wir sie zurückzuhalten, doch war das nicht bei allen möglich. Ein paar entkamen in die Wälder und wurden, meinen Angaben zufolge, nie mehr gesehen.
In jedem Fall war nun die Kacke am Dampfen. Kampfpläne wurden ausgeheckt, denn wir wussten ja nicht ob dieses Monster noch einmal kommen würde. Jeder bekam seinen Platz zugewiesen, Rückzugsstätten zurechtgelegt und Vorräte rationiert. Wie gerne wäre ich normaler Bürger gewesen und hätte nur bibbernd zu Hause sitzen können. Aber naja, vielleicht hat mich die ganze Arbeit vor einem Nervenzusammenbruch bewahrt. Ich weiß noch wie Jarvo mal zu mir sagte: „Stell dich nicht so an, zu wem sollen die Menschen denn sonst aufschauen?“… ich denke das hat mich aufgemuntert.
Ehrlich gesagt weiß ich auch gar nicht mehr, was zeitlich als Nächstes passierte. Es ging alles so schnell. Der Drache griff ein zweites Mal an und wieder konnten wir nichts gegen ihn ausrichten, auch wenn riesige Pflöcke und Ketten bereitgelegt wurden. Wieder einmal waren wir nur das Opfer einer höheren Gewalt. Doch was noch schlimmer war, waren die Kranken. Es wurden immer mehr und nur die Wenigsten schienen zu genesen. Manche munkelten vom schwarzen Tod… und sollten Recht behalten. Die Pest war bei uns und hatte uns in ihren Krallen. Ab da wurde mein Job hässlich.
Ich weiß gar nicht ob ich das hier sagen darf, aber um die immense Flut von Kranken abzudämmen, erhielten wir den Auftrag, das Lazarett mit einem großen Palisadenzaun zum umringen. Die Häuser im Randbereich um die Krankenstätte wurden von uns leer geräumt… man, ich sehe immer noch die verängstigten Gesichter der Bürger vor mir. Die verstanden gar nicht worum es ging. Und auch wenn ich es grausam fand, sie aus ihren eigenen Häusern zu vertreiben, war es das einzig Richtige. Auch das Fischerviertel wurde unter Quarantäne gesetzt, da die Pest dort nicht mehr zu kontrollieren war. Kein Heiler traute sich mehr in dieses Gebiet, denn auch ihr Leben war bedroht. Nach etwa einer Woche wurde es in dem Viertel ruhiger… die Menschen versuchten nicht mehr auszubrechen, sondern verendeten in ihren Hütten. Ein grausamer Tod. Niemand da, der einem helfen konnte. Im Nachhinein mag es irrsinnig klingen, doch wir zündeten diesen Bereich an, um uns der Toten zu entledigen. Nur auf diese Weise konnten wir sicher sein, dass von dort keine Gefahr mehr ausging.
Auf der Straße suchten die Menschen nun einen Schuldigen für all das. Es wurden - und das ist keine Lüge - Menschen gelyncht. Selbsternannte Volksaufhetzer führten Bürger mit ihren dämlichen Parolen in den Kampf und pickten sich wahlweise Leute aus dem Volk, die sie aufknüpften. Zu dem Zeitpunkt war Jarvo mit dem größten Rest der Krieger aufgebrochen, der Gefahr, die in den Wäldern lauerte, gegenüberzutreten. Zusammen mit Jodas habe ich versucht, einige der wütenden Männer zur Vernunft zu bringen. Ich will nicht behaupten, dass es so geglückt ist, wie wir erhofften, aber naja. Ich mag mich nicht an diesen Tag zurückerinnern.
Von der Schlacht vor Silden bekam ich nicht viel mit. Ich war beauftragt in der Stadt für Ruhe zu sorgen und gab mein Bestes, um das zu erfüllen. Aber der Kampf muss lang und hart gewesen sein. Eine Armee untoter Krieger, angeführt von einem Dämon… brrr… da schüttelt es mich ja förmlich. Was ich allerdings mitbekam, war unser Sieg. Nach zahlreichen Verlusten kehrten die Krieger heim, das große Fest blieb allerdings aus. Der Drache soll in einen Kampf mit einem Templerkrieger verstrickt gewesen sein, stürzte in den Sildener See und fand dort sein Ende.
Doch der Wahnsinn war noch nicht vorbei. Kurz nach der Rückkehr ging eine Warnung raus, dass eine Riesenspinne im Anmarsch war… ganz recht, ihr habt euch nicht verlesen. Ich selbst bekam die Aufgabe, eine handvoll Bürger zu den nördlichen Wasserfällen zu begleiten, um sie dort in Sicherheit zu bringen. Nach alldem was man mir erzählte, griff dieses Vieh die Eiche an, die daraufhin ihre Magie entfesselte und Silden unter der Natur selbst begrub. Alles wuchs blitzartig und begrub Hütten, Wege aber auch Menschen unter sich. Die Spinne starb…
Nun sitze ich hier in Beria am Lagerfeuer und genieße ein Stück gebratenes Moleratfleisch. Es scheint, dass nun ein wenig Ruhe aufkommt und sich das Waldvolk neu formiert. Meine Lust zum Kämpfen ist mir gehörig vergangen, das könnt ihr mir…
„Hey Wächter! Was sitzt du da so untätig am Lagerfeuer herum, während die anderen beim Zelteaufbau helfen? Hoch mit dir!“

(Jarvo)

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