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6 Verseschmiede

›Ich will das Ungeheuer töten
und dich befrein aus deinen Nöten‹,
sprach beherzt der Königssohn.
Und auf sein treues Pferd er schon
stieg auf und legt die Rüstung an,
nimmt seine Lanze an sich dann.

Das Mädchen warnt ihn: ›Fürchte dich,
der Drache ist gar heimtückisch.
Vor seiner List kein Mensch gefeit,
stets zu Ränken er bereit,
die du nicht hast vorhergesehn
nie läßt er dich lebend gehen.‹

›Hab keine Angst, mein schönes Kind,
wir bald wieder zusammen sind.
Ich habe keine Furcht vorm Drachen,
werde ins Gesicht ihm lachen,
schlag mit dem Schwerte auf ihn drauf,
spieß ihn mit meiner Lanze auf.‹

Da schlug die Maid die Augen nieder
›Ich hoffe sehr, ich säh dich wieder.
Nimm diesen Ring und noch den Rat,
wenn du reitest nun zur Tat,
Drachen niemals Tränen weinen,
selbst wenn sie noch so menschlich scheinen.‹

Und so ritt er zum Drachen hin,
ihn zu töten, stand sein Sinn.
In der Höhle Windung tief
auf einem goldnen Schatze schlief,
der angehäuft mit großer Gier,
das garstig schöne Schuppentier.

Mit langem Schwanz und großen Schwingen
lag er auf all den prächtig Dingen,
Pokalen, Silber, Gold, Geschmeide,
es war die reinste Augenweide.
Ein großes Glitzern und ein Funkeln,
man sahs von Weitem schon im Dunkeln.

Und ohne noch zu zögern lang,
um des Pferdes Zügel schlang
die Faust, gepanzert, voller Mut,
der Prinz, und dann mit grimmer Wut
er sein Roß zum Angriff lenkt,
zum Stoß die Lanze niedersenkt.

Jetzt war der Drache aufgewacht,
im Rachen seine Glut entfacht,
das Maul aufreißt, die Zähne blitzen
mit ihren messerscharfen Spitzen,
die krall’nbewehrten Pranken hebt,
auf daß die ganze Höhle bebt.

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