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Suzuran, 04.10.2010
Geballte Magie sammelten sich innerhalb des Kreises, strömte in nie dagewesener Form aus ihrem Körper heraus. Blaue Schleier umtanzten den Ort, das Band zwischen Maris und Marik wuchs sichtbar von der Energie, die sich aus dem Druidenstein löste.
Voller Faszination, mit ein wenig Angst und Erstaunen betrachtete sie das Schauspiel ihrer inneren Geister, die sich vor ihren Augen schattengleich bekämpften. Gehörten sie nicht zusammen? Bildeten sie nicht das Ganze, das ihr die Macht schenkte, die sie besaß? War es die Macht des Steines, die sie gegeneinander agieren ließ?
Zwei starke Wesen, die alles daran setzten die Eine zu sein, die mehr Macht durch diese Ritual für die eigenen Zwecke abzwacken konnte...
Die Nacht donnerte, angereichert vom Schreien und Knurren der Raubkatzen, der Wind sang sein Lied in dieser Nacht, trug dieses erstarken einer Bindung als lautlose Information hinaus in die Natur.
Eine kleine Bindung, wie ein Samen am Anfang, der durch reine Magie zum Wachsen gebracht wurde, Zweig um Zweig bildete, sich verästelte und sich verband. In der Verbindung verschmolzen ein Teil des Steines, seine Macht...ein Hauch ihrer Macht und doch viel wichtiger zwei Seelen verbunden auf Ewigkeit. Auf Ewigkeit mit all den Konsequenzen, mit all den Verlusten und Bereicherungen...Erfahrungen, vielleicht eine der größten für Suzuran selbst.
Voll magischer Atmosphäre lag dieser Ort in mitten von Gestein, ein letzter Hauch, die volle Ausschöpfung der Magie, ein letztes Aufleuchten der Findlinge...Ork, Mensch, Wasser, Erde, Luft, ehe der Druidenstein ein letztes Mal aufleuchtete, die Kraft gab, die sich die Beiden erhofft hatten, ehe sie im stillen Kampf in ihrem Kopf weiterdröhnten und doch als sichtbare Geister an diesem Ort verschwanden.
Alle Energie zog sich in einem letzten dumpfen Grollen zurück, Natur wich und ließ den Ort so zurück wie er am Anfang vorgefunden worden war. Magie verebbte, kehrte zurück in den eigenen Körper und blieb dort in ruhigem Fluss zurück.
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Maris, 05.10.2010
Shakyors Prüfung - Das neue Band Die Magie verschwand, und es fühlte sich leer an. Ein plötzliches Frösteln durchfuhr den Nomaden, dass er sich ganz und gar nicht mehr wohl in seiner Haut fühlte. War das der Preis der Magie, dass man ohne sie wie ein Süchtiger war, das Gefühl hatte, nicht froh sein zu können?
Er war erschöpft. Schwankend tat er einige Schritte, verließ den Kreis, und Marik tat es ihm gleich. Es fiel dem Blondschopf schwer, überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen nach diesem Exzess der Sinneneindrücke, und dennoch sah er dem Liger fragend in die großen, schwarzen Augen.
Sind wir nun... Eins? Er wusste nicht, was genau er erwartet hatte, ob es klar formulierte Worte waren oder vielleicht gar keine Reaktion, dass all dies nur seiner Einbildung entsprungen war. Doch dann plötzlich spürte er es, konnte die Antwort
fühlen! Es war, als hätte sich die Antwort seines Gefährten tief in sein Bewusstsein gebrannt, ohne dass dieser eine offenkundige Reaktion gezeigt hatte.
Maris wurde schwindelig zumute, er verlor den Halt und knickte ein. Er spürte das derbe Fell Mariks, der an ihn heran getreten war, legte die Hand auf seinem Haupt nieder. Da durchfuhr es ihn wie ein Schock.
Stell dir vor, das gesamte Bewusstsein eines Menschen dringt in dein Innerstes ein - all das Wissen, all die Erinnerungen. Ein Körper für zwei Seelen. Wie stark muss der Geist nur sein, um dieser Last standzuhalten? Um nicht zu zerbersten und zu sterben? Die Worte durchdrangen ihn so klar, wenngleich er sie nie zuvor gehört hatte. Doch genau das, was sie beschrieben, geschah nun mit ihm - nicht mit einem Menschen, doch die Erinnerungen, die Bilder und das Wissen, die Sicht auf die Welt aus den Augen dieses Tieres mit einem Schlag zu spüren, vor sich zu sehen, die Seele eines anderen Wesens zu
berühren! Es war Wahnsinn, was hier geschah, so surreal!
"Ich... ich brauche Ruhe...", murmelte Maris benommen. Sein Blick schweifte hinüber zu Shakyor, der all das wohlwollend beobachtet hatte, und Suzuran, die mindestens ebenso weggetreten schien, wie er.
"Konzentriere dich, Maris!", sagte Shakyor ruhig und trat auf ihn zu. Mit seiner Stütze schaffte es Maris wieder auf die Beine, doch vor seinem Auge sah er immer noch diese Bilder.
"Maris! Maris! Konzentriere dich auf das Hier und Jetzt! Du darfst dich nicht in den Eindrücken deines Gefährten verlieren!"
Die Umrisse seiner Umgebung wurden wieder klarer, die Stimme des Hüters drang wieder bis an ihn heran.
"Ich bin da, ich bin da! Danke, Shakyor..."
Marik war es nun, der sich zu Boden legte, während Shakyors Löwe - trotz all der Differenzen zwischen den beiden - an seine Seite trat und sich um ihn sorgte.
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Die Nomaden, 05.10.2010
Shakyor der Löwe - Der Stein des Löwen So war es also ein weiteres Mal geschehen. Beinahe nostalgisch wurde dem Hüter der Wüste zumute, während er Suzuran, Maris und Marik bei dem Ritual beobachtete, das das Leben des jungen Kriegers in neue Bahnen stoßen würde. Mit aller Macht unterdrückte er die Erinnerung an seinen Mentor in vergangenen Tagen, schluckte die Wehmut hinunter, um nicht in den Erinnerungen der Vergangenheit zu sterben.
Er musste nach vorn sehen, dessen war er sich bewusst, und hatte bereits einen Weg ersonnen, wie auch er sein Leben in dieser Nacht verändern konnte.
"Ein eigenartiges Gefühl, nicht wahr? Die plötzlichen Erkenntnisse, das Abklingen der Magie... ich kann mich heute noch an mein Ritual erinnern."
Maris nickte nur, dann löste er sich aus der Stütze und streckte seinem Gegenüber den Druidenstein entgegen.
"Danke, dass du ihn für mich bereitgestellt hast. Ohne dich hätte ich es niemals..."
"Die eigentliche Prüfung kommt erst noch auf dich zu", fiel der ihm ins Wort.
"Mein Part ist getan, du hast meinen Teil der Prüfung bestanden. Die Konsequenzen aus deinem Entschluss und dein Umgang mit ihnen werden zeigen, ob du würdig bist, ein Hüter zu sein, oder alles verlieren wirst."
Den Druidenstein nahm er nicht an sich, sondern blickte Maris eindringlich an.
"Ich möchte dir aber noch eine weitere Aufgabe anvertrauen, Maris. Sie ist nicht Teil der Prüfung, doch es ist meine Bitte an dich, dass du sie annimmst."
Ohne zu wissen, was Shakyor von ihm wollte, stimmte der Blondschopf zu.
"Du hast mein Wort."
Nun erst streckte auch Shakyor den Arm aus, doch anstatt den Stein wieder an sich zu nehmen, legte er die Finger des Tempelwächters um das Artefakt.
"Nimm ihn, er ist dein!"
Maris starrte ihn erstaunt an.
"Was?"
"Er enthält unvorstellbare Macht, wenngleich wir sie nur zu einem winzigen Bruchteil nutzen können, doch geht auch eine gewaltige Bürde mit ihm einher. Ich bin an der Aufgabe gescheitert, die mein Mentor mir dereinst gab. Nun soll es deine sein. Du weißt, wo du mehr darüber herausfinden wirst, was es mit dem Stein auf sich hat. Doch gib Acht! Zuweilen kennt die Natur keine Gnade, und niemand verkörpert sie mehr, als die Druiden. Nicht einmal unter ihnen solltest du deinen Besitz leichtfertig preisgeben, nicht einmal unter vermeintlichen Freunden! In dieser Welt, die du nun kennengelernt hast, hat jedes Handeln seine Konsequenzen!"
Schier endlos scheinende Augenblicke vergingen, in denen sich keiner der Anwesenden zu rühren ging. Shakyor fragte sich, was im Kopf des Blondschopfes vor sich ging, ob er das Für und Wider abwägte, die Bürde vor sich sah, oder darüber nachdachte, sein Wort zu brechen. Dann legte sich ein kaum merkliches Lächeln auf Maris' Lippen, und seine Hand schloss sich fest um den Stein.
"Ich werde die Aufgabe für dich erfüllen... Freund."
"Ich danke dir von Herzen, mein Freund. Du hast eine gewaltige Last von meinen Schultern genommen."
Nun lächelte auch Shakyor. Er konnte wieder in die Zukunft blicken, war nicht länger an das Geheimnis des Steins gebunden. Eine ungewohnte Rastlosigkeit packte ihn, ein Schaffensdrang, den er lang nicht mehr verspürt hatte. Und vielleicht, ja vielleicht würde der Mann vor ihm ja tatsächlich dieser Aufgabe gewachsen sein.
Maris
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Maris, 05.10.2010
Maris der Löwe "Ihr solltet noch heute wieder aufbrechen.", sagte Shakyor.
"Ich fürchte, dass die Zeit drängt, um die Prüfungen zu beenden. Du darfst nicht mehr trödeln."
Maris blickte sich um und sah Suzuran, die sich benommen auf einem Stein niedergelassen hatte und einen inneren Kampf mit sich auszufechten schien.
"Was ist mit ihr?"
"Druiden reisen ihr ganzes Leben lang. Sie wird auch im Gehen ihren Konflikt austragen können."
Es ging alles so schnell. Maris sah auf den Stein in seiner Hand hinab. Er fühlte sich immer noch warm an, nach all der Energie, die ihn verlassen hatte. Nun sollte er der Hüter des Steins des Löwen sein, Hüter eines Geheimnisses, dessen Ausmaße ihm selbst noch nicht bewusst waren. Doch er würde es herausfinden, da war er sich sicher.
Maris legte sich die lederne Halskette mit dem kostbaren Anhänger um den Hals und nickte Shakyor noch einmal zu.
"Schade, dass wir nicht einmal für eine Übernachtung bleiben können."
"Glaub mir, es ist besser so. Und auch ich werde schon morgen aufbrechen, um nicht länger tatenlos zu sein."
"Bevor wir uns auf den Weg machen", meinte der Blondschopf nun, "Sage mir noch eines: Warum vertraust du den Druidenstein mir an, und nicht Suzuran? In ihren Händen würde er seinen Zweck viel mehr erfüllen."
Lächelnd schüttelte der Hüter den Kopf.
"Der Löwe ist nicht ihr Tier. Sie steht auf der selben Seite, doch ist sie anders, nicht die Richtige. Er hat es mir gesagt."
Sein Blick schweifte zu dem stolzen Löwen ab, der in diesem Moment an seine Seite trat. Marik tat das gleiche bei seinem Gefährten.
Shakyor holte ihnen die Ausrüstung für die Reise, die sie vor dem Ritual in der Höhle gelassen hatten, dann verabschiedete er sich mit einer herzlichen Geste.
"Reist über die Nordstädte, um euch mit Proviant einzudecken, aber lass die Assassinen deinen Gefährten nicht sehen! Deine Begleiterin wird sich schon in den nächsten Tagen wieder fangen. Wir alle sind an dieser Nacht gewachsen.
Und nun geh mit dem Sand und den Winden, der Sonne und dem Wasser. Mögen die Mutter und Adanos, der Vater, dich behüten, Maris der Löwe."
"Dich ebenso... dich ebenso", erwiderte Maris bevor er Suzuran an der Hand nahm, um sie zum Gehen zu bewegen, und sich von seinem Mentor abwandte. Über Ben Erai und Braga also sollte sie ihr Weg führen, zurück nach Al Shedim.
Was die heutige Nacht wohl für sie alle bedeuten mochte? Welche Herausforderungen würde das Schicksal für sie nun bereithalten? Jeder war seines Glückes Schmied, diese Redensart wurde ihm einmal mehr bewusst. Er hatte sein Schicksal heute geschmiedet - er wusste nur noch nicht, ob es Unglück oder Glück war, das er da geformt hatte.