Dunkelheit ist sein Gewand und bedeckt das fahle Bild von dem was ehemals sicherlich als Mensch betitelt wurde. Bleich ist sein Gesicht und kalt wie graues Gestein. Einzig vielleicht der steinerne Vabun mag weniger an Gefühl, an Leben oder Leidenschaft mit seiner Miene zeigen. Mit seinen Augen, kalt wie ein Nordmarer Bergsee kaum sein könnte, gerichtet in die unendliche Ferne der finsteren Wege des Kastells, durchstreift die Gestalt des hohen Dieners der dunklen Mächte jenes Sanktuarium des unheiligen Gottes und wir fragen uns: „Was sieht jener erhabene Geist auf seinen Wegen?“
Unermüdlich trägt er die Macht seines Gottes in diese Welt. Jene leeren Gefäße, denen es nach schwarzer Magie dürstet, hüllt er in seinen Schatten, füllt sie mit Wissen von Dunkelheit, von Angst und Hass, Zerstörung und Tod und prüft mit der ihm geschenkten Weisheit zu welchem Dienste die Lehrlinge dem Herrn der Finsternis zu Nutze sein mögen. Eine Prüfung des Grauens, erteilt von jenem Meister, der Noxus Exitus zu dem machen sollte, was die Menschen als Diener Beliars fürchten und sicherlich schauten die Geschöpfe der Unterwelt gebannt wie der brennende Schatten das junge Leben verschlang, sie jauchzten und sangen und schrien und sprangen wie ein Chor aus Gier, Lust, Hunger und Durst. Der Lehrling war nun kein Lehrling mehr und somit begab sich auch der Meister wieder auf seinen Weg.
Vielleicht passierte er die Schatten des Innenhofes und erhaschte das Bild des Lords Xenarion, der getreten und geschlagen mit der Schwert in der Hand nach neuer Macht suchte. Vielleicht sah er wie der Lord kämpfte, sah wie beschworene Knochen an der Robe des Lehrlings hingen. Kopflos und doch voll Eifer versuchten sie dem Befehl des jungen Magiers mit silberweißem Haar zu Folge zu leisten. Bis dann das Schicksal der Skeletts in Form eines Schwertes zuschlug und die magisch zusammengefügten Knochen in Stücke Riss. Vielleicht fand er den Lord im Heim des Wissens und vermochte den wilden Ambitionen zu lauschen, die er einem weiteren Magier mitteilte. Eine Geschichte von weltlichem Reichtum, von Königen, Adel, Politik und Intrigen. Aber wohl schon vergessen in dem Moment, da die Erkenntnis über ihre Bedeutungslosigkeit den Geist des Hohepriesters erreicht und die Erinnerung vernichtet hat, als wäre sie nie geboren worden.
Gleich den Dämonen wandelt er. Seine Macht gleicht den Großen unter ihnen, so wie die Abwesenheit von Menschlichkeit in seinen Gebärden und doch findet er seinen Weg an einen Ort, der ihn zur Ruhe kommen lässt. Der Ort an dem er den Rest an menschlichen Notwendigkeiten seines Fleisches nachkommen kann. Jedoch nicht ohne über eine altbekannte Gestalt zu stolpern. Getränkt in des Weines Geist, kaum die Kontrolle über das eigene Fleisch vollständig behaltend, doch immer noch in der Lage zu fragen und nach dem Sinn zu suchen, der sein Verbleiben in Beliars geweihter Stätte zu erklären vermag. Der Bedeutungslosigkeit der eigenen Handlung bewusst, fand der Hohepriester an einem längst vergessenen Fleck seiner Seele die Güte, dem Geschöpf vor ihm einige Worte seiner Weisheit zu schenken. Aber verdorben wurde die Saat auf dem Grund, der sie nicht annehmen wollte und geerntet wurde Schmerz und Schreie. Zu viel um zu sterben, aber zu wenig um zu leben, so lag das arme Geschöpf zu Füßen von Beliars hohem Diener. In Dunkelheit verschwand dieser Tag und mit ihm einige wenige Geschichten. Niemand mag zu sagen ob sich jene eiskalten Augen jemals schließen würden, ob sie sich erinnern oder vergessen oder gar wahrhaft die Welt der Sterblichen betrachten, auf den Wegen des Kastells Schatten.
(--Seisuke)