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06 Eindrücke von Veteranen


von Lopadas:

- Im Truppenlager des Königreiches Argaan auf dem Rückweg nach Setariff -

„Besuch? Wie nett. Du interessierst dich also, wie ich in Gefangenschaft geraten bin? Du willst die Geschichte von Anfang an hören? Na gut, da du einer der wenigen bist, der mir nicht am liebsten den Hals um drehen möchte, antworte ich dir gern.
Angefangen hat alles damit, dass ein Wassermagier namens Solveg Rekruten der Stadtwache von Thorniara angegriffen hatte. Nur Beliar weiß, was ihn dazu geleitet hatte, während einer Ausbildungsmission der Stadtwache hinterrücks anzugreifen. Um einen weiteren Angriff zuvor zu kommen, wurde ein kleiner Trupp gebildet, um den Wassermagier zu finden und festzunehmen, gegebenenfalls auch zu töten. Da es sich um einen Magier handelte, beschloss ich mich anzuschließen, um weitere Opfer dessen Magie vermeiden zu können.
Auf unserer Suche durchkämmten wir auch das Bluttal gründlich. Währenddessen konnte ich starke Veränderungen der magischen Sphäre spüren. Solche hohen Konzentrationen magischer Energie konnten nicht auf natürlichem Wege entstanden sein. Wer einmal auf eine magischen Anomalie oder eine zu starke Konzentration magischer Energie getroffen war, der weiß um die Gefahr, die von solchen Orten ausgeht. Ich weiß nicht, ob du schon einmal dabei warst, wenn sich ein Körper – egal welcher Art - im Zentrum einer solchen Anomalie befand. Meist ist er an einem Augenblick zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Dimensionen und Räumen. Wer etwas Vorstellungskraft besitzt, wird leicht sehen, dass dadurch eine gewisse Zerrissenheit entsteht. Die Magie sucht immer wieder den Weg zu einem harmonischen Grundniveau, wenn dieses an vereinzelten Stellen nicht gegeben ist, so sorgt sie zur Not mit Gewalt dafür. Daher befürchtete ich, dass es in nächster Nähe zu einer magischen Entladung oder etwas schlimmeren hätten kommen können und natürlich lag der Schluss nahe, dass es sich dabei um das Werk des gesuchten Wassermagier handeln könnte. Selbst wenn dem nicht so gewesen wäre, hätte die Sache dennoch untersucht werden müssen. Daher entschied ich mich mit einem Teil der Truppe in Richtung der starken Magiekonzentration zu marschieren.
Schon nach kurzer Zeit wurde deutlich, dass die magischen Veränderungen vom Umland der Silberseeburg ausstrahlten. Als wir uns dann der Burg näherten, bemerkten wir, dass diese von Leuten Ethorns gestürmt worden war. Unsere Truppe war viel zu klein gewesen, um gegen die Überzahl der gegnerischen Soldaten anzukommen. Und der magischen Konzentration zu urteilen, waren auch einige Wassermagier anwesend gewesen. Einen direkten Angriff hätte niemand von uns überlebt, weswegen wir uns entschieden am Eingang zur Büßerschlucht ein Lager zu errichten und einen Boten für Verstärkung zurück nach Thorniara zu senden.
In der Nähe des Lagers wurde ein setariffischer Späher aufgegriffen. Als dieser mir vor geführt wurde, bekam ich die Idee, den Überlebenden in der Burg eine Chance zur Flucht zu ermöglichen. Ich war mir sicher, dass einige unserer Leute überlebt hatte. Mit meiner von Innos verliehenen Macht sein Wort als Gesetz zu verbreiten, befahl ich dem Späher zur Burg zurück zukehren und dort die Kunde zu verbreiten, dass ein großes Heer bereits auf dem Weg sei, um die Burg in die Hände des myrtanischen Königreiches zurückzuholen. Sicher fragst du dich, wie ich es bewerkstelligen konnte, dass ein fremder Soldat meinem Befehl gehorcht. Ich versuche es so einfach wie möglich auszudrücken. Da Innos den Menschen als sein Geschöpf erwählte, besitzen wir Magier, als seine Diener und Sprachrohre, die Möglichkeit, seinen Befehl direkt ausführen zu lassen, ohne dabei den lästigen Umweg über das Gehör nehmen zu müssen. Schließlich ist ein Befehl erst dann handlungsleitend, wenn er sich unwiderruflich im Kopf festgesetzt hat.
Während der Späher also wieder in Richtung Burg unterwegs war, sicherten wir das Lager vor einem möglichen Ausfall der gegnerischen Truppen. Natürlich konnte mein Plan nur von Erfolg gekrönt sein, wenn wir den Besatzern der Burg auch den Anblick boten, dass ein solches Heer tatsächlich im Anmarsch war. So nahm ich mir eine Hand voll Rekruten und stellte mich mit ihnen in einer Reihe an das Ende der Büßerschlucht. Von der Burg aus war der Rest der Schlucht nicht einzunehmen, weswegen durchaus davon ausgegangen werden konnte, dass sich hinter der einen Reihe noch viele weitere befinden könnten. Um den Eingeschlossenen ein Signal zur Flucht zu geben, schickte ich eine starken Feuerzauber in Richtung der Mauern. Durch die hohe Konzentration magischer Energie entlud sich dieser in einer riesigen Explosion. Wahrscheinlich konnten wir von Glück reden, dass nicht das gesamte Umland in Flammen aufgegangen war.
Doch folgte die Reaktion erst in der Nacht, als plötzlich eine kleinere, aber starke, Truppe unsere provisorischen Barrikaden stürmten und uns in einen schweren Kampf verwickelten. Wegen des Gedränges unserer Leute war mir keine Möglichkeit gegeben einen Zauber zu wirken ohne zu gleich auch die eigenen Leute in Mitleidenschaft zu ziehen. Daher geschah es, dass ich aus heiterem Himmel von einen der setariffischen Soldaten niedergeschlagen wurde. Wie ich später herausfand, ist sein Name Raad. Du kennst ihn sicherlich.
Was in den nächsten Stunden, Tagen oder Wochen vorgegangen war, kann ich dir leider nicht erzählen. Durch den Schlag Raads war ich für einige Zeit außer Gefecht gesetzt und nur langsam kommen die Erinnerungen an die Zeit, die ich daraufhin in der Silberseeburg verbracht hatte zurück. Das einzige, was ich immer noch genau weiß, ist, dass ich an ein seltsames Gerüst gefesselt gewesen sein muss, denn ich verbrachte mehrere Tage in einer ungemütlichen Haltung. Noch heute spüre ich die Schmerzen der verkrampften und verspannten Muskeln. Nachdem sie mich von dort losgelöst hatten, ging es quer über die Insel. Die meiste Zeit musste ich dabei eine Augenbinde tragen und selbstverständlich waren meine Hände gebunden. Obwohl ich mehrmals beteuert hatte, dass es lebensmüde wäre, wenn ich gegen einen solchen Trupp antreten würde, vertrauten sie meinem Urteil nicht. Vielmehr sind sie scheinbar von meinen magischen Fähigkeiten so eingeschüchtert und von Vorurteilen so geleitet, dass ich die ganze Zeit über diese Fesseln tragen muss. Dabei gibt es für mich gar keinen Grund hier einen Kampf zu beginnen. Zum einen könnte ich ihn nicht gewinnen und zum anderen besteht – bis jetzt – keine Lebensgefahr für mich. Viele, besser die meisten sind zwar unfreundlich und verspotten mich auf alle möglichen Weisen, aber in Lebensgefahr schwebe ich wohl nicht. Nenne mir also nur einen guten Grund, warum ich mich allein gegen eine Übermacht stellen sollte? Mit solchen Argumenten komme ich nur nicht weit; zu verbissen sind die meisten von euch. Wir könnten alle Feindschaften mit einem Mal aus dem Weg räumen, Frieden schließen und endlich in einem vereinten Königreich die Ordnung schaffen, die Innos im Sinn hatte, als er den Menschen erwählte. Die meisten Menschen streben wohl nach einem geordneten und friedlichen Leben. Warum wehren sich bei euch dann so viele dagegen? Sie fügen nur sich und ihren Familien Leid zu. Aber am besten reden wir nicht länger darüber, denn dieses Thema wird hier nicht gern gehört. Ich habe schon den einen oder anderen Tritt bekommen, als ich versuchte habe vernünftig zu reden.“

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