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06 Eindrücke von Veteranen


von Tinquilius:

Krieg. Kälte. Schreie. Blut.

Ich kann noch immer nicht fassen, was geschehen ist. Waren das tatsächlich wir? Haben wir all dieses Leid verursacht? War ich es?

Doch lass mich zurückblicken, was passiert ist:
Bereits bevor der Spähtrupp wieder zurückkam und wir Magier involviert wurden, erhielten wir Berichte über einen möglichen Angriff auf die Silberseeburg. Unsere Burg, die von den fanatischen Dienern Innos unter Rhobars Herrschaft eingenommen worden war, sollte wieder unter der Flagge des einzig legitimen Königs Argaans stehen. Söldner und Klingen sammelten sich, Hofmagier wären auch mit dabei, so viel war klar. Wie konnten wir Wassermagier uns verwehren?
Und dann kam Drakks Nachricht – und mit ihr der Aufbruch gen Silberseeburg. Wir waren nicht einmal zwei Dutzend Mann stark, viele von uns nicht einmal Magier – und doch sollten wir einen entscheidenden Beitrag leisten. Zunächst jedoch begab sich der Tross aus Kriegern und Magiekundigen über einen Pass des Weißaugengebirges hinüber auf die westliche Seite Argaans. Die Stimmung war gut. Wir alle wollten es. Wir wussten alle, dass es nicht leicht werden würde, natürlich nicht. Krieg ist niemals leicht. Doch wir waren siegessicher. Die Thorniarer Innosdiener konnten nicht wissen, dass wir angreifen wollten. Wir könnten sie überraschen und die Burg in Windeseile einnehmen.
Zumindest dachten wir so.
Unser erster Versuch belehrte uns eines besseren: Obwohl Nebelschwaden vom Silbersee aufzogen und die Burg einhüllten, schafften es unsere Krieger nicht, die Burg einzunehmen. Lediglich den Tod brachte es für einige von uns. Tod und Verletzte. Ein herber Rückschlag - und doch ließen wir uns nicht unterkriegen. Wir sind Diener Adanos‘, Krieger Ethorns. Freie Bürger auf dieser unseren Insel und niemand, nicht einmal die gerechtigkeitsfanatischen Soldaten Rhobars, könnte uns unseren Sieg nehmen.
So fuhren wir härtere Geschütze auf: Ich sah, wie Torwachen einzeln aus der Burg gelockt wurden, während unsere Magie langsam die Kraft des Sees nutzte und einen solch gewaltigen Nebel heraufbeschwor, dass niemand mehr etwas sehen konnte. Zunächst hingen die Schwaden knapp über dem See, dann arbeiteten sie sich zur Burg hoch. Entschlossen wie ein wildes Tier erhob sich der Nebel und kämpfte sich die Mauer hoch – und dann war da nur noch die Kälte. Schreie. Der Tod.
Die Minuten vergingen, regungslos standen wir am See. Unser Zauber hatte gewirkt, die zweite Gruppe schaffte es zum Tor und sprengte dieses offen – doch wir wollten nicht gleich folgen. Nein, wir konnten es nicht. Was wir getan hatten - es war grausam. Mörderisch. So wider der Natur und doch hatte es unsere Männer geschützt, das Leben unserer Soldaten.
Doch selbst die längste Schockstarre, selbst der größte Zweifel hat keine Chance in den Wirren des Krieges. Während Schreie und schmerzerfülltes Stöhnen bereits aus der Burg drangen, machten wir uns erst auf den Weg – und waren alsbald mitten im Getümmel. Immer weiter drängten wir die Innoskrieger zurück, immer mehr schien es, als könnte uns nichts mehr aufhalten – außer eine Armee vor den Toren. So schnell wie Mut und Hoffnung gestiegen waren, so schnell verpufften sie wieder. Selbst die Besatzer der Burg schafften es, auszubrechen und sich ihren Männern in der Büßerschlucht anzuschließen. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Verluste sie erlitten, unsere waren bereits herbe genug.
Angst ging um. Thorniarer vor den Toren. Ein Heer, eine Armee. Wie hatten sie so schnell von uns erfahren? Wieso waren sie bereits hier? Fragen über Fragen, die doch nur zu einem führten: Wir mussten die Burg so schnell es ging wieder befestigen. In all dieses Chaos tauchte unverhoffte Hilfe auf: Waldläufer aus dem Sumpf um Tooshoo. Grüne Teufel hatte man sie in Myrtana genannt. Ob sie welche sind oder nicht, mag ich nicht entscheiden, doch wenn man den Berichten Glauben schenken darf, so waren sie es, die das Heer Thorniaras auseinander trieben und gen Heimat scheuchten. Wer wenn nicht die Grünen Teufel konnte so etwas vollbringen?
Vielmehr, werter Freund, kann ich nicht berichten. Vielmehr möchte ich auch nicht. Meine Künste als Heiler waren gefragt, so viel Blut und Leid hatte unsere Eroberung gekostet, dass es Wochen dauerte – und ja, es dauert noch an – bis alle wieder das Lazarett verlassen konnten und noch werden. Unsere Krieger, angeführt von Drakk, griffen wohl noch Thorniara an. Ein tapferer Einsatz, ein heldenhafter Versuch – töricht und naiv. Was daraus geworden ist, ich mag es mir nicht vorstellen.
Die Silberseeburg ist wieder unser – und wird dies auch bleiben!

Doch eines weiß ich: Blut haftet an unseren Händen. Und nachts, wenn es still um mich herum ist, spüre ich noch immer die Kälte des Nebels auf meiner Haut und höre die Schreie derer, gegen die mein Wille, meine Kraft so grausam seine Wirkung gezeigt hat.

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