Bote: An der Einschätzung kann durchaus was dran sein, ist ja nicht so, als sei immer das furchtbar unzugängliche RPG schuld, sicher liegts auch an der Lust der neuen Teilnehmer. Es ist eben wie jedes Spiel: Manchmal hat man Lust darauf, manchmal nicht.
Kannst du dich noch erinnern, wie es damals bei dir war? Wie war da die Integration von neuen Mitgliedern in die Gilde – und wieso hattest du dir damals überhaupt das Neue Lager ausgesucht?
Taeris: Also zuerst mal konnte ich es damals - wie viele am Anfang - natürlich null abwarten. Ich habe glaube ich 2 oder 3 Tage auf die Freigabe gewartet. Und habe glaube ich zehnmal Cole, einen der damaligen Ratler im Neuen Lager angesprochen deswegen. Und ja, das Neue Lager war von vornherein meine Wunschgilde. Was anderes ging gar nicht. Das alte Lager war böse. Und die Spinner im Sumpf waren im Spiel nur verstrahlt. Habe mich da sehr vom Spiel leiten lassen. Ich fand das Gameplay im Sumpf sehr anstrengend. (Diese Goblins! Diese Sumpfhaie! Und der verdammte verbuggte Baal Lukor im Orkfriedhof). Und dann war da natürlich noch das ganze Freiheitszeug. Der charismatische Lee... und die schicken Rüstungen. Ziemlich oberflächlich also, wenn man heutige RPG-Maßstäbe ansetzt.
Die Integration lief eigentlich ganz okay. Und nein, das war nicht weniger OT-fixiert als heute. Ich musste auch öfters Leute im ICQ anschreiben, damit man gemeinsam postet.
Und die Zahl derer, die sich aktiv um mich gekümmert haben, hielt sich in Grenzen. Ich habe das Glück gehabt, rasch zwei bis drei sehr gute Freunde zu finden, mit denen ich regelmäßig (täglich mehrmals!) gepostet habe und so hat sich dann der Kreis der Mitposter stetig erweitert. So viele feste Bahnen, Aufnahme- und Beförderungsrituale gab es da auch noch nicht. Meine Banditenrüstung habe ich morgens auf der Türschwelle gefunden. Alles in allem habe ich schon das Gefühl, dass man im Laufe der Zeit mehr Aufwand betrieben hat, um Leuten anfangs einen roten Faden an die Hand zu geben.
Bote: In den ersten Jahren hast du ja auch an ziemlich vielen Quests teilgenommen. Bei der Recherche bin ich auf recht viele davon gestoßen und meine Liste ist wahrscheinlich noch nicht vollständig. Sie geht aber jetzt schon über „
Scorp's Beute“, „
Scorp's Rache“, „
Die Invasion der Feldräuber“, „
Die Schlange“, „
Der Drache am unterirdischen See“, „
Seelen-Trennung“ hin zu „
Prophezeiung Gaia“ und „
Armageddon“ über „
Im Auge des Jägers“ und „
Aufbruch nach Darwath“ bis zu „
Der Ruf der Ferne“.
Gibt es einige Quests, an die du dich besonders gerne erinnerst, die deinen Rollenspiel-Charakter in besonderer Weise beeinflusst haben?
Taeris: Das ist eine ziemlich beschissene Frage... was deine Kompetenz als Interviewer nicht in Frage stellen soll, aber... da haben Leute ihr Herzblut reingesteckt. Da kann ich doch jetzt nicht sagen, dass ich die eine Quest viel besser fand als die andere... oder - was natürlich NIIICHT war ist – ich sogar einen großen Teil dessen vergessen habe...
Aber um die Frage zu beantworten. Beeinflusst haben meinen Char so ziemlich alle Quests. Alle Ereignisse. Alle Posts. Weil mein Char eigentlich persönlichkeitstechnisch immer sehr eng mit mir selbst verknüpft war und so das Erlebte eben entsprechend immer etwas mitgeprägt - oder geformt hat. (Man... klingt das hochtrabend...) Aber jo. Da waren die einfachen und unterhaltsamen Abenteuer ganz damals in den Anfängen. Da waren epische Abenteuer mit einer Vielzahl an NPCs, langen Geschichten und langen Posts, (vor allen Dingen langen Posts) und persönliche OT-Momente die nicht immer einfach waren, die ich mit Prophezeiung und Armageddon verbinde... Oder Superlümmels Quests, die was Qualität und Ausarbeitung der Geschichte, NPCs und Atmosphäre angeht, sicherlich ihresgleichen suchen...
(Ja, von jetzt auf gleich ein ganzes Dorf niedermetzeln, in dem man eine Woche zuvor noch munter mit NPC-Kindern gespielt hat, weil jemand behauptet dass DAS der einzige Weg zu einer geheimen Bibliothek sei, prägt dann doch ziemlich) Es ist schade, dass man sich im Nachhinein nur noch an solche einzelnen Szenen erinnert. Denn das tut den Veranstaltern - aber auch den Mitpostern unrecht. Denn irgendwie war jede Quest die Teilnahme mehr als wert und ich bin froh bei jeder dabei gewesen zu sein. Auch wenn das schmalzig klingt. So und jetzt kannst du deine Frage mit der Sinnhaftigkeit der 2-Wochen-Beschränkung von Quests fragen...
Bote: Och, die wollte ich eigentlich gar nicht stellen, die Beschränkung stammte aus einer Zeit, als das halbe RPG monatelang auf Quest war und die Lehrmeister im RPG dadurch Mangelware wurden. Das ist aber viele Jahre her und hat sich seit vielen Jahren relativiert, weil kaum noch neue Quests gepostet werden. Daher wird da auch nicht mehr besonders drauf geachtet. Wenn eine Quest einen Monat dauert, ist das heute auch egal.
Aber was sind deiner Meinung nach denn die Gründe dafür, dass heute eigene, gesonderte Quests so unpopulär sind? Liegt das daran, dass so viele langjährige Mitglieder im Rollenspiel sind, die alle schon genug Quests durchgeführt haben? Oder gibt es da andere Gründe?
Taeris: In meinem Fall könnte man das fast behaupten, ja. Es gibt eigentlich – meiner Meinung nach – nicht mehr viel, was Taeris noch nicht erlebt hat. Außer vielleicht schlimme Verdauungsstörungen in Folge 10-jähriger Donnerbalken-Abstinenz. Weiß auch nicht warum. Vielleicht haben die Leute ja inzwischen ein schlechtes Gewissen, wenn sie so lange dem RPG fern bleiben. Andererseits ist die RPG-Welt inzwischen groß genug, um so ziemlich jedes Abenteuer auch im „normalen“ RPG erleben zu können. Im Zweifelsfall fährt man halt nach Gorthar. Und die Threads hat man bei intensiveren Postsessions ohnehin für sich alleine. Einen richtigen Erklärungsansatz habe ich da aber auch nicht. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass viele sich auf den Quests einfach „austoben“ und dass nach dem vierten oder fünften ZA nicht mehr wiederholen müssen.