Bote: Würdest du denn sagen, dass die verschiedenen Quests zur Entwicklung deines eigenen Charakters beigetragen haben, dass sie wichtig für ihn waren?
Und wenn es so ist, hättest du das alles auch ohne Teilnahme an den verschiedenen Quests im normalen RPG umsetzen können?
Françoise: Es hat auf jeden Fall zur Entwicklung des Charakters beigetragen. Anfangs war Franзoise ein sehr kindlicher, verspielter Charakter und wurde im Laufe der Zeit erwachsener und auch ein Stück weit ernster. Die Franзoise, die damals im Schneidersitz im Kastell Bücher las und mit Blutfeuers Scavenger Wuschel spielte, ist eine andere als die oberste Feuermagierin, die sich heute mit Pest und Bürokratie rumschlagen muss. Die Quests trugen zu dieser Entwicklung auf jeden Fall bei, gerade weil sie auch einen ernsteren Ton anschlugen wie zum Beispiel Niedergang der Tugenden. Ich bin mir nicht sicher, ob es in die gleiche Richtung gegangen wäre, hätte ich nicht an diesen Quests teilgenommen.
Bote: Was denkst du, sind die Gründe, weswegen heute kaum noch Quests stattfinden? Von anderen, die ich interviewt habe, wurden verschiedene Möglichkeiten genannt: Manche meinten, die Welt des Rollenspiels sei mittlerweile so groß, dass man nicht mehr in ferne Länder reisen müßte für Abenteuer -- Aber ganze Königreiche retten kann man in der regulären Gothic-Welt doch trotzdem nicht? andere fanden, dass das Rollenspiel mittlerweile zum Großteil aus Veteranen besteht, die ihre Questlust alle gestillt hätten und die Neulinge, die noch neugierig auf epische oder ungewöhnliche Geschichten sind, nur einen verschwindend geringen Anteil ausmachten -- Aber trotzdem gibt es doch immer wieder neue Teilnehmer, haben die keine Lust mehr auf Quests? Oder sind in sich abgeschlossene Geschichten, die aus dem normalen RPG-Alltag ausbrechen, heute nicht mehr in Mode?
Françoise: Ich glaube, es hat auch damit zu tun, dass wir in jüngster Vergangenheit immer stärker versuchen Action ins normale RPG einzubringen. Das jüngste Beispiel ist der Ausbruch der Pest. Dann gibt es noch die Sache mit dem Drachen. Seine Herkunft - der Meteoritenabsturz - war auch direkt im RPG umgesetzt worden. Was an Bedarf an Quests vorhanden ist, wird an sich schon durch diese Aktionen versorgt.
Und ich glaube ein grundsätzliches Problem ist auch, dass sich manche nicht zutrauen ein Quest zu schreiben. Gerade als Neuling. Als ich angefangen habe waren Quests für mich die Königsklasse; das machen nur die wirklich guten Schreiber. Klar, da sind viele Perlen dabei und vielleicht kommt man nicht ganz an die Qualität ran. Doch sollte man sich davon nicht abschrecken lassen, auch als Neuling. Das Tolle an Quests ist ja, dass man seiner Fantasie quasi freien Lauf lassen kann. Um dann mal eine riesige Eiskuppel zu erschaffen, durch ein Dimensionsportal zu reisen oder eben ein ganzes Königreich zu retten. Vor allem schweißt es die Gruppe zusammen, die daran teilnimmt. Nach Die Sage um Tyrien habe ich zum Beispiel noch jahrelang zusammen mit DraconiZ geschrieben, obwohl er dann sogar zu den Assassinen übergelaufen ist und das geweihte Schwert zerstört hat. Quests lohnen sich immer.
Bote: Gibt es Dinge, die du kritisch am jetzigen Rollenspiel siehst? Sind die Gilden zu festgefahren oder das Skillsystem nicht ausgereift genug? Ist das Szenario auf Argaan vielleicht zu öde? Was würdest du gerne ändern?
Françoise: Das ist eine wirklich schwierige Frage. Von uns Veteranen hat sie sich vermutlich jeder schon mal gestellt, denn so richtig rund läuft das RPG ja leider nicht mehr. Und bisher gab es noch keine Antwort, die uns aus dieser Lage wirklich wieder rauszieht.
Wie ich vorher schon gesagt hatte, ist der Konflikt zwischen den Gilden nicht wirklich gewinnbringend für das RPG. Es schränkt die Interaktion in meinen Augen ein statt sie anzufeuern. Ich hoffe, das ewige Patt zwischen Myrtana und Setarrif wird durch das Auftauchen des Drachen endlich beendet und das neue (alte) Miteinander bringt wieder mehr Lebens ins Spiel.
Ansonsten bin ich eigentlich zufrieden mit dem was wir haben. Mehr Skillpunkte könnte ich natürlich gebrauchen! Um noch mehr Magie zu lernen, die ich dann nicht benutze. Man sieht, ich habe wirklich weltbewegende Probleme.
Bote: Dann hoffen wir einmal, dass deine Wünsche bezüglich des Miteinanders der Gilden durch des Drachen-Szenario Wirklichkeit werden. Auch ich bin sehr gespannt, wie sich das entwickeln wird.
Vielen Dank für dieses Interview!
Françoise: Gern geschehen! Hat Spaß gemacht, mal wieder dabei zu sein. I'll be back!
(--Dumak)