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Rollenspiel nach Fall der Barriere
Das Kastell des Zux
Abstieg in die Unterwelt # 3
06.08.2003 21:29 | #1 |
kore |
Glühend durchbrach die Kore die Grenze des Lebens und kehrte wieder ein in die Welt der Toten. Die Unterwelt war erreicht, mal wieder. Diesmal im Gepäck fand sich ein kleiner Junge wieder, der so ganz und gar nicht mehr dort hoch passte. Ihre Haare flatterten leicht auf, als sie den rar bewachsenen Boden erreichte und aufsetze. Nun in die Hocke gehend breitete sie den Schleier vor sich aus, fädelte die magischen Stoffe von dem Jungen, so dass dieser aus seinem Polster befreit wurde und aus seinem seichten Schlaf erwachte.
„Arctus“, flüsterte sie dem Jungen ins Ohr, „Arctus, aufwachen. Wir sind da.“Noch einmal atmete dieser aus, dann öffnete er langsam die Augen und sah das Lächeln der Kore vor sich.
„Wo bin ich?“, flüsterte er zurück, und versuchte sich aufzurichten, wurde jedoch sanft zurück gedrückt.
„Hör mir zu, bevor du dich umsiehst!“, gab die Kore von sich, mit ernster Mine. „Dies ist die Unterwelt. Die Welt der Toten. Du musst achtsam sein mein kleiner Arctus! Der Meister wird dir Steine entgegenwerfen, getarnt als Wolken.Du musst verstehen, dass die Welt, in der du früher lebtest, die Welt der Schmerzen war. Es gibt schlimmeres als Schmerzen. Hier unten sind diese nichtig.Achte also auf deine Umwelt.“
Arctus richtete sich nun doch auf, gegen den Willen der Kore, drehte seinen Kopf, um die Umgebung zu mustern. In der Ferne glimmte ein Vulkan, riss mächtige Lavamassen in die Lüfte, vor ihm brannte ein Wald lichterloh, Rauch stieg in den Himmel, der schwarz gefärbt war und von grellen Blitzen durchzogen wurde. Weit hinten regnete es Kummer. Schreie drangen aus einer Stadt, über der eine schwarze Wolke hing, Symbol für die Pest. Grässliche Kreaturen jagten sich über weite verseuchte Felder, bespickt mit an Kreuze genagelten Menschen, dienend als Heuschrecken für die Raben, die sich jedoch nicht davon abschrecken ließen, sondern die lebenden Heuschrecken als gefundenes Fressen fanden.Nur er und die Kore saßen auf einem unverbrauchten Fleck von Wiese, im Halbkreis umringt von haushohen grünen Bäumen.
„Ich muß jetzt gehen, junger Arctus.“, vollkündete die Kore.„Lass mich nicht allein! Nicht schon wieder.“, schluchzte Arctus. Umklammerte die gerade erst kennen gelernte Kore.
„Arctus, nichts ist so wie es scheint.“, führte die Kore ihre Rede unbeirrt fort, holte schließlich einen Ring hervor, den sie Arctus reichte. Ihr Fingernägel glänzten leicht, gaben Arctus etwas Hoffnung. „Das wirst du brauchen“
Arctus streckte seine zitternde Hand aus, nahm den Silberring nervös an sich und umschloss ihn dann fest mit seiner Faust.
„Bewahre ihn gut, Arctus. Er entscheidet über dein Schicksaal!“ Die grünen Augen der Kore wurden größer und größer, brachten Arctus vollends in ihren Bann. Nun hallte die Stimme nur noch von Fern, „pass auf dich auf, Arctus. Pass auf dich auf.“
Die Augen verblassten, lösten sich langsam auf und gaben nun die sicht auf die verdammte Welt frei, in der sich der Junge befand. Arctus wurde befreit aus seiner starre, Tränen kullerten sein Gesicht hinab und ein Satz verließ ihn immer und immer wieder:
„Lass mich nicht allein!“
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09.08.2003 18:23 | #2 |
Arctus |
Gelassen schälte sich eine Träne vom Aug des Jungen, fiel herab zur Nasenspitze, um daraufhin einen langen Flug in die kleine Pfütze vor ihm zu machen. Die Oberfläche des Wassers federte elastisch nach unten, als der Tropfen hinabprasselte, öffnete sich schließlich, so, dass das Wasser vereinigt wurde und schwoll mit Schwung wieder an, um wieder ein paar Tröpfchen in die Luft zu katapultieren , woraufhin von diese Punkt aus kleine Wellen entstanden, die frohen Mutes Richtung Beckenrand schwappten. Nur langsam gab die Pfütze die Sicht auf das Spiegelbild des Jungen frei, der wie verzaubert in dieses sich nun klärendes Gewässer starrte und sich ungläubig mit der Hand über die Wange fuhr. Mit großen Augen betrachtete er seine Augen, als würde er sie das erste mal sehen, im Ganzen: sein Gesicht!
In der Tat, Arctus’ Spiegelbild war ihm fremd, war ihm davor nie zu Gesicht gekommen. Voller Faszination verzog er sein Gesicht zu einer Grimasse, fletschte die Zähne, streckte die Zunge raus, hielt sich die Nase nach oben und alles machte das Spiegelbild mit. Eben dieses Spiegelbild, mit den Ahornroten Augen, mit der blassen Haut, die an den Augenrändern in ein leichtes rosarot überging, die geschälten Weinroten Lippen und nicht zu letzt, das ebenfalls rote Haar. Das konnte nicht er sein! Nicht der Arctus, mit den blauen Augen, nicht der mit den nachtschwarzen Haaren und der Marmorblassen Haut. Nein, ganz bestimmt nicht! Mit einem unglücklichen Lächeln wandte er sich schließlich ab. Noch immer saß er auf dieser Wiese, wusste nicht wohin er sich bewegen solle, zeichnete sich vor ihm doch nur Leid und Kummer ab. Nein danke; auf derlei Probleme hatte er wahrlich keine Lust.
Wie man sich doch nach der richtigen Welt sehnen konnte.
Arctus seufze, rappelte sich schließlich auf und wischte sich die paar Tränen mit dem Handrücken aus dem Gesicht. Irgendwie musste es doch vorangehen. Es fröstelte ihn leicht, als er die Bergkuppel, belegt mit einem kurzen Stoppelrasen, herunterschritt. So zog er sich den Kragen seiner Schwarzmagierrobe noch ein Stück in den Nacken, legte den Kopf zwischen die Schulter und verschränkte die Arme vor der Brust. Der seichte Abhang erleichterte das gehen enorm, waren seine Knie jetzt noch weich, von dem Gedanken an die wunderschöne Kore, mit ihrer lieblichen Stimme. Wieso hat sie ihn allein gelassen?, die Frage ging ihm abertausende male durch den Kopf.
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09.08.2003 21:52 | #3 |
versuchung |
„Wieso sie dich allein gelassen hat?“, schallte plötzlich eine zeternde Greisenstimme hinter ihm. Erschrocken fuhr er herum, versuchte nach der Halterung seines Dolches am Rücken zu tasten, griff jedoch ins Leere. „Deine Waffe hast du wohl oben gelassen, he?“, witzelte der Alte, mit einem leicht vergnügtem hohen Juchzer. Arctus nickte.
„Nun mein Junge, ich werde dir sagen warum sie dich alleine gelassen hat!“, fuhr er fort, diesmal etwas ernster.
„Warum?“, schnellte es aus Arctus heraus. Er hätte sich in dem Moment für seine Unruhe peitschen sollen, weis man doch, dass man alte Leute nicht drängeln soll.„Neugierig, was? Als ich so ein Knabe war, hatte ich mehr Respekt vor den Toten!“
‚Vor den Toten?’, blitze es Arcus durch den Kopf, ließ ihn Stocksteif dastehen und deutlich hörbar die Luft einatmen. Beunruhigt brachte er die Hand wieder hinter seinem Rücken hervor, zitterte Leicht, was Augenblicklich einer scharfen Kontrolle des Alten unterzogen wurde.
„Du fürchtest dich, wa? Hab ich auch am Anfang, doch nach ner Weile wird’s hier immer gemütlicher, soferns der Alte gut mit dir meint.“, scherzelte der Alte weiter, brachte dem Jungen nur noch mehr zum rätseln.
Entschlossenheit türmte sich auf, ließ Arctus wieder in einem etwas sichererem Ton sprechen, „Sagt doch, warum ist sie gegangen?“
„Na weil sie nur erschaffen wurde um Menschen hier herunter zu bringen. Ob du wieder hoch kommst ...“, der Alte endete abrupt seinen Satz, drehte sich misstrauisch in alle Richtungen um, um ein wenig später ein Stück an Arctus heranzutreten. Dieser machte einen kleinen Respektsschritt nach hinten. „Hast du den Ring?“, fuhr er fort.
Arctus grübelte ein wenig, holte ihn dann doch hervor. „Denn hier“, flüsterte er zurück.
„Genau den“, flüsterte auch der Alte wieder, „bewahre ihn gut mein Junge!“„Wozu ist er ...“, der Alte stoppte seine Frage mit einer abwehrenden Handbewegung.
„Ich muss weg, Arctus!“, hastete er, drehte sich um und marschierte in Richtung Wald.
„Aber woher weist du meinen...“, keine Chance, der Alte war bereits im Unterholz verschwunden. Mit der Lautstärke nach lassend fuhr Arctus fort, „..Namen?“Verblüfft über diese Begegnung dreht sich Arctus langsam um, erstaunte jedoch bei dem Anblick, der sich ihm bot ...
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10.08.2003 02:20 | #4 |
Arctus |
Der seichte Abhang, der eigentlich zu diesem verpesteten Feld führen sollte ging über in einen schmalen gepflasterten Weg, der öfters durch ellenlange Wurzeln gespalten wurde. Die Pflastersteine ragten Teils lose aus dem Boden hinaus, wurden sie doch von unten nach oben geschoben, teils schon neben dem Weg. Ein ziemlich alter Weg war es, wie es schien, doch wo zum Teufel kam er plötzlich her?
Arctus sah sich skeptisch um, sah aber, dass die Szenerie hinter ihm immer noch so war, wie vorher. Doch die Weite vor ihm war verschwunden, wurde verdeckt von diesem Weg, der zwischen zwei haushohen Bäumen hindurch führte, wobei er eher von den Bäumen geführt wurde. Jeden Falls war das Ende dieses Weges ein Ziegelhaus, brüchig und teils enorm abgetragen, so dass man Angst haben musste, dass es nicht jeden Moment in sich zusammenkrachte. Arctus ging unschlüssig weiter auf das Gebilde zu, versuchte dabei auf die losen Steine zu achten, damit er nicht umknicke. Eine Fensterlade des Hauses krachte unaufhörlich gegen den Rahmen und die Wand, gab dabei ein unheimliches montones Pochen von sich, dass alles andere als einladend wirkte. Auch diese Bruchbude schien von den Bäumen durchzogen zu sein. Ihre Wurzeln hielten vor nichts an, waren sie an manchen Stellen bestimmt zwei Schritt dick. Das alte Haus lag genau zwischen den beiden Mamutbäumen, wirkte wie ein Schneckenhaus, neben diesen Riesen. Der Magus faste sich ans Herz, schöpfte Mut und trat näher. Eine kaputte Bank zierte den Weg zum Eingang, der schon offen stand. Die Tür war aus der oberen Angel gebrochen, wohl gewaltsam. Arctus’ Puls schien sich zu überschlagen als er die ächzende Diele betrat, peinlichst darauf achtete sich keinen Splitter in die nackten Füße zu rammen.
Stumm schritt er durch den Flur, bog nun rechts ab um in eine Art Wohnstube zu kommen. Im Kamin prasselte das Feuer fröhlich vor sich hin, vollkommen unbeeindruckt von dessen Umgebung, die vor allem durch mächtige Spinnenweben geziert wurde. Die Tapete an den Wänden war heruntergerissen und in den Ecken schienen sich Spinnengrüppchen zu bilden. Arctus schauderte etwas, wusste jedoch, dass diese Art der Dünnbeiner niemanden, außer Fliegen, etwas zu leide tat. Der nächste Raum schien wohl die Küche zu sein. Vollkommen ohne Tür gingen die beiden Räume ineinander über. Die Fliesen an den Wänden schienen größtenteils zertrümmert worden zu sein. Arctus Atem kam mittlerweile in schnellen Stößen ans Licht, prischte den Staub der abgestandenen Luft vor sich her.
Gerade wollte er einen Schritt in die Küche setzen, da regnete ein Set Messer von oben. Surrend stachen die scharfen Geschosse vor ihm auf den Boden. Erschrocken trat der Junge einen Schritt zurück, keine Sekunde zu früh denn ein Board kam hinterher. Es hatte sich wohl gelöst, doch diese Tatsache beruhigte Arctus keines Wegs. Krampfhaft versuchte er nach Luft zu ringen, war dieser Umschwung der Geräuschkulisse eindeutig zu viel für ihn gewesen. Da kam ihm der staubige Sessel grade recht, doch bei dem Versuch sich auf ihn zu setzen, traten die Federn aus den Polstern hervor und zerissen Augenblicklich den Stoff. Ein weiterer Schock. Die Wand bot Arctus noch genug halt. Er versuchte sich mit beruhigenden Worten einzureden, alles wäre in Ordnung ... mit Erfolg. Der Entschluss stand ebenfalls fest. Dieses Anwesen hatte sich das Wort Spuckhaus redlich verdient!
Da bewegte sich plötzlich etwas am Rande Arctus’ Sichtfeld. Am Fenster war etwas vorbeigehuscht. Wie vom Bären gebissen rannte Arctus los, in die vermeindliche Richtung. Durch die Diele, Eingangsbereich ... die Tür hinaus ... nichts war zu sehen.
„komisch“, gab er Kopfschüttelnd von sich. Verwirrt drehte er sich wieder um, um wieder ins Haus zu treten, als da plötzlich etwas stand.
„Was willst du in meinem Haus?“, fragte eine Frau mittleren Alters im schwarzen Gewandt, den Blick gesenkt, so dass ihre Falten unter den Augen deutlich zu erkennen waren. Langsam blickte sie auf, durchbohrte mit ihren Pupillenlosen Augen die roten Augen des Arctus.
Allmählich schien sich sein Knochmark aufzulösen, wie eine Tablette im Wasser ...
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10.08.2003 14:01 | #5 |
Arctus |
Arctus Schrecken wurde durch die leicht raue Stimme nur noch mehr angefacht. Ein paar Schritte zurück taumelnd gab der Junge nur ein schnelles „Nichts“ von sich, spannte seinen Körper gleichzeitig, um eventuellen Gefahren trotzen zu können. Endlos lange schien die blinde Frau ihn zu mustern, ihn zu betrachten ... drehte sich dann doch um, die Tür zu schließen und noch zu rufen, „dann verschwinde von hier!“
Der Klos im Halse Arctus’ schien immer größer zu werden. Unfähig irgendetwas zu sagen trat er nun doch einen kleinen Schritt nach vorn, schluckte deutlich hörbar und versuchte ein Wort herauszutilgen, brachte jedoch keinen Muchs über seine Lippen.
„Du willst wohl doch was, kleiner!“, schien eine leicht schadenfrohe Stimme, im arroganten Ton zu sprechen. Arctus nickte. Irgendwie machte ihm diese Dunkle Präsenz, die das Haus, sowie seine Bewohnerin ausstrahlte, Angst. „Dann sprich doch!“, fuhr die Alte fort, öffnete trat wieder ein Stück aus dem Haus heraus. Wie durch ein Wunder schien der Klos sich zu verflüssigen. Aufatmend fuhr sich Arctus mit der Hand über die Brust.
Etwas unsicher, was er nun sagen sollte suchte er nach Worten. Jetzt durfte er keines Falls etwas falsches sagen. „Wer seit ihr?“, setzte er an, prischte noch blitzartig hinterher, „ich bin Arctus!“
Die Blinde lächelte, gab dabei die Sicht auf ihre strahlenden Zähne frei. Eine einladende Geste machend antwortete sie, „komm herein mein Kleiner, bei einer Tasse Tee wird es sich besser reden lassen!“ Arctus musterte das Grinsen der Frau skeptisch. Er war fremd, warum also sollte sie ihn einladen? Vielleicht war es nur eine Irre, wenn man sich den Zustand des Hauses ansah, war dies eindeutig so. „Nein danke, ich glaube ich gehe lieber weiter!“, lehnte Arctus ab.Plötzlich umschmeichelte irgendetwas Arctus Gedanken, schien sie zu kitzeln, zu reizen.
„Wirklich nicht?“, hackte die Alte nach. Dieses angenehme kitzeln in der Nackengegend, diese Entspannung der Stirn, der verlockende Duft... „Wirklich!“, wiederstand Arctus alledem.
Wind wehte auf, brachte einen kalten Schauer über die Haut des Jungen, der sich krampfhaft gegen diese Illusionen zu wehren versuchte. Ein Gedanke durchzuckte ihn, wurde jedoch nicht von ihm entsendet. Er lag auf dem Boden des Kastells; verbrand bis auf die Knochen, wimmernd und flehend. Dann war das Bild wieder weg, wurde vom Schwarz überzogen. Magische Finger tasteten nach ihm, zogen ihn gegen seinen Willen in das Haus hinein, ohne das er etwas dagegen tun konnte.Irgendwie schien der Sessel, den er gerade kaputt gemacht hatte wieder ganz zu sein. Überhaupt, der Raum, diese Wohnstube wirkte einladender, gemütlicher. Die Wände waren nicht zerhackte und verdreckt. Alle Gegenstände waren heil, ja sogar das Feuer des Kamins warf nun angenehme Schatten in den Raum. War das das Haus, in dem er sich gerade noch aufgehalten hatte, oder spielten ihm seine Sinne einen Streich? Zu dem, warum hatte die Frau wieder Pupillen und strahlte in jugendlicher Schönheit? Ungläubig ließ er sich zum Sessel führen, an dem die Unsichtbaren Hände ihn freigaben und er schlaf auf den Sitz fiel. „Was tut ihr?“, versuchten seine kraftlosen Lippen, unendlich langsam, zu sagen. War er auf Sumpfkraut? ...
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13.08.2003 01:01 | #6 |
versuchung |
Gähnend lange schien sich die Stille in dem Raum zu vervielfältigen. Selbst das Knistern des Feuers hielt den Atem an, unterbrach das tänzelnde Flackern. Die Gesichtszüge der Frau schienen sich auf komische Art zu verziehen, so dass die eigentlich glatte Haut tiefe Schatten warf und die Züge des Gesichts untermalt wurden. Lange blieb diese furchteinflößende Mimik in dieser Position, ließ Arctus erstarren.
Doch als wäre nichts gewesen streifte sie dieses Antlitz ab, setzte ein Lächeln auf und sprach voller Unschuld, „was meinst du?“, wartete jedoch gar nicht auf Arctus’ Reaktion, die sowieso hätte lange gebraucht. „Ich mache uns Tee.“, fuhr sie fort, nun mit einem leicht spöttischen Unterton, „nur nicht weglaufen mein Kleiner.“
Diese Frau strahlte plötzlich eine solche Präsenz an Weiblichkeit aus, dass Arctus das erste mal in seinem Leben intensiv bewusst wurde, wozu Geschlechter da waren. Dieser Duft von ihr, der den ganzen Raum umhauchte machte sich nun stark bemerkt und Arctus genoss es sichtbar, zumal seine Sinne auch durch andere, fremde Dinge benebelt wurden. Irgendwie schien er sich mehr zu entspannen, sein Rücken fiel erleichtert in die Lehne des Sessels und seine Füße baumelten leicht über den Boden, war der Sessel doch ziemlich groß. Ebenso erleichtert schloss er die Augen, versank in einen Traum.
Währenddessen sprach die geheimnisvolle Frau mit ihrer roten Tonschüssel. „Er ist hier! Wie soll ich fortfahren?“, sprach sie in die Schüssel. Ein Wispern trat in den Raum, halte leise von allen Wänden wieder.
„Was macht er gerade?“
„Er träumt. Ich habe dafür gesorgt!“
„Gut“, das Wispern wurde lauter, „bringe ihn zur Anhänglichkeit. Soll er wissen, was Verlust bedeutet!“, ein Lachen übermannte den ganzen Raum. Die Frau stimmte kurz mit ein, fuhr sich jedoch nervös durchs Haar.
„Ihr wollt wirklich ...“, wollte sie Fragen, doch das Lachen war verhalt und die Tonschüssel war wieder eine Tonschüssel.
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13.08.2003 01:04 | #7 |
Arctus |
Im Strudel eines Wasserfalls verhakte sich Arctus an einem Stamm, der zwischen zwei Felsen festgeklemmt war. Vor Kälte zitternd, klammerte er sich mit aller Kraft an das Holz. Seine Zähne schlugen laut aufeinander. So würgte er Wasser auf, versuchte sich auf den Stamm zu ziehen. Kraftvoll war es nicht, eher nutze er den Schwung des Wasser, um schließlich auf den Stamm zu gelangen. Um Luft keuchend starrte er zu Boden, versuchte seine Atmung wieder zu regulieren. Die langen nassen Haare hingen ihm schlaf ins Gesicht. Mit einer kläglichen Bewegung bugsierte er sie sich vom Gesicht weg, machte platz für das Bild vor ihm. Nicht weit weg, etwa zehn Schritt, befand sich der Abgrund. Das Wasser spritze erst etwas schäumend nach oben, um dann in die tiefe zu stürzen. Dahinter preisten schwarze Gewitterwolken vom Unheil.
Plötzlich knackte es. Arctus’ Herz blieb stehen, ein Krampf durchzuckte den ganzen Körper des Jungen. Die blase Haut schien schlaf zu Boden zu hängen. Im nächsten Moment befand er sich wieder in den reisenden Fluten, klammerte zwar immer noch am Stamm, zog jedoch Schritt für Schritt in Richtung Abgrund. Arctus schrie. Das Bild vor seinen Augen begann zu flimmern. Das Wasser ging nach unten. Der Blick schälte sich, kein klares Bild war zu erkennen. Er schrie weiter. Langsam füllte sich alles mit einem glühenden Weiß ... aus dem langsam die Züge der Frau entstanden, auf dessen Sessel er saß. Er schreckte auf, stieß nach vorn und feuerte der Schwarzhaarigen das Tablett mit dem Tee aus der Hand. Die heiße Flüssigkeit stieg in die Luft und landete schließlich auf seiner Robe. Arctus schrie wieder, zog sich in Panik das Gewand vom Körper.
Auch die Frau schreckte zurück, half sofort dem Jungen aus seiner misslichen Lage, in dem sie an der Robe zog. Die Robe wurde weggeschleudert.Etwas erleichtert lehnte sich Arctus wieder zurück und atmete großzügig aus.„Puh, was machst du denn?“, fragte die Frau.
Arctus blieb stumm. Der komische Film, der sich vorhins über ihn gezogen hatte und ihn zum sitzen gezwungen hatte war verschwunden. Dafür trat nun der Scharm an seine stelle. Halb endblöst saß er nun vor dieser wunderschönen Frau und sah verlegen zu Boden. Die Frau wartete noch einige Momente vergebens auf eine Antwort. Dann verschwand sie, kehrte jedoch ein paar Augenblicke später mit frischen Sachen zurück. Zwar nicht weit aus so würdevoll wie seine Schwarzmagierrobe, jedoch reichte es, um seinen Körper zu bedecken. Die in Grau gehaltene Hose wurde eilig übergestreift, kurz gefolgt von dem franzigen hellblauen Hemd. Geschmack für Mode fehlte hier eindeutig.
„Tut mir leid.“, warf Arctus nun entmutigt in den Raum. Irgendwie erfüllte ihn ein Gefühl von Schwäche und voller Hilflosigkeit.
Um so mehr atmete er erleichtert auf, als er das großzügige Lächeln vor sich sah,
„ist schon in Ordnung! Hast wohl schlecht geträumt“, fuhr sie in eigenartig lockerer Sprache fort. Arctus nickte nur. Ihre geschmeidigen Finger wühlten in seinem Haar. „Mach dir keine Sorgen! Passiert jedem mal!“ Etwas skeptisch sah Arctus nun auf. Wieso behandelte ihn die Frau so gut? ...
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13.08.2003 17:19 | #8 |
Arctus |
Die nächsten Stunde verbrachten die beiden mit reden. Reden über sich, über andere über die Götter und die Welt. Mehr und Mehr schlich sich das Gefühl der Vertrautheit in den kleinen Körper Arctus’ der nun vollkommen entspannt auf seinem Sessel hockte und gebannt den Erzählungen der Frau lauschte. Sie erzählte, wie sie hier hinunter gekommen war und dass sie damals eine Trankmischerin gewesen war. Diese Kunst war wirklich eigenartig, aber doch erlernenswert, stellte er fest. Plötzlich legte sich ein Moment der Klarheit über ihn; „wenn ich hier überhaupt wieder weg komme.“
„Was ist mit die Arctus?“, fragte die Frau ihn sogleich, die sich ihm vorhins als Lahna vorgestellt hatte. Wobei sie lange niemand mehr beim Namen genannt hatte. Irgendwie vergass Arctus auch vollkommen die erste Begegnung mit ihr, wie sie äußerlich wirkte.
„Arctus?!“, fragte sie noch einmal heftig mit einem Hauch von Entsetzen. Er schrak sogleich auf, sah sie mit großen Augen an. „Entschuldigt, ich war in Gedanken versunken.“ Lahna beugte sich etwas nach vorn, wischte eine schwarze Strähne aus ihrem Gesicht und fragte ernst, „du willst wieder zurück, nicht wahr?“
Arctus nickte, wie so oft, wenn er keine Worte fand.
Lahna seufzte, lehnte sich wieder zurück und sah starr an die Wand. Nach einigen regungslosen Momente fuhr sie fort, „komm, ich zeige dir was!“Im nächsten Moment standen beide vor Lahnas Haus. Die beiden haushohen Bäumen reckten sich immer noch zum schwarzen Himmel. Im Gegensatz zum Inneren der Wohnung brachte dieser trostlose Anblick nur Trübsal, hatten diese Bäume doch gar keine Blätter.
Arctus sah zu Boden, was ihm sofort die Aufmerksamkeit der jungen Frau einheimste. Beruhigend legte sie ihre Hand auf seine Schulter und zog ihn zum Weg, denn sie noch entlangschritten. Vom Weg an sich bekam Arctus nicht viel mit, hielt er seinen Kopf gesenkt, doch als tosender Applaus zu vernehmen war erwachte seine Neugier zu neuem Leben. Sie waren in der Stadt, die er zu Anfangs vom Weiten gesehen hatte. Die Gassen waren schäbig und dreckig, führte alle zu einem Platz in der Mitte dieses Kaffs. Menschen sahen verstohlen aus den Fenstern, präsentierten ihre Windschiffen Zähne, mit einem verstohlenem Lächeln. Andere sahen sie grimmig an.
„Mach dir nichts aus denen, Arctus. Das ist der Pöppel der Welt, ich denke mal die ganzen Innosgläubigen.“, Lahna begann unweigerlich zu lachen und Arctus entsprang auch ein kleines Schmunzeln.
Nun hatten sie die Mitte der Stadt erreicht. Es wirkte leicht wie ein Marktplatz, doch fand sich anstatt frischem Obst, vergammeltes wieder. Anstatt das Gaukler ihre Künste zur Schau stellten, wurden Menschen erhangen, mit eben diesem faulem Obst beworfen und bespuckt, beschimpft, kurz um erniedrigt. „Siehst du Arctus. Vieles hier scheint mit der anderen Welt überein zustimmen!“, sprach Lahna und ließ ihre Hand über den Platz wandern. Arctus hatte so etwas im Reich der ... ihm fehlten die Worte ... Lebenden? nie gesehen. Ehrlich gesagt konnte er sich derlei Dinge auch nicht vorstellen, doch plötzlich kam ihm ein Gedanke in den Kopf. War diese Seziersache mit Rock nicht genau das gleiche gewesen? Diente sie nicht auch nur zur Belustigung und zur Befriedigung seines Spieltriebes? Arctus fuhr zusammen, als ihn ein Mann grob anrempelte um näher an das Schauspiel des Tötens zu gelangen.
Ein Mann auf der Bühne schien das Publikum anzufachen, sie für das was sie Taten zu beigeistern. Der Mann am Strick war längst tot und als er heruntergelassen wurde ging ein lautes „Ohhh“, durch die Massen, sollte es davon künden, dass es ja leider schon vorbei war. Arctus schüttelte den Kopf über soviel Dreistigkeit. Überhaupt, wie konnte hier unten noch jemand sterben. Waren die Leute nicht schon lange tot? Verständnislos wandte er sich an Lahna, wollte seine Bitte aussprechen zu gehen, doch plötzlich grölte der Typ auf der Bühne irgendwas von „kleiner Junge“ und alle Blicke schienen nun auf Arctus zu liegen. Nervös wandte er sich langsam um und in der Tat starrten ihn alle mit einem verschmilzten Lächeln auf den Lippen an. Doch blieb es ruhig. Arctus wusste nicht, was von ihm verlangt wurde, hatte er nicht zugehört und stand nun ratlos da.Das Eis wurde gebrochen, „erhängt ihn!“, brüllt jemand und Arctus wurde blass, als zwei riesige Hünen sich auf ihn zu bewegten. Verängstigt sah er zu Lahna auf, diese lächelte ihn jedoch nur an und legte ihre Hand mit sanfter Gewalt auf seine Schulter. Im nächsten Moment, packten ihn zwei kräftige Hände, hoben ihn hoch und trugen ihn gegen seinen Willen und ohne Mühe zur Bühne. Das Publikum grölte vor Freude ...
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13.08.2003 21:13 | #9 |
versuchung |
Arctus wollte voller Panik weglaufen. Alserauf die klappernden Holzbretter der Bühne hinuntergelassen wurde, doch der Kraftvollen Hand deseinen Hünen war er keines Wegs gewachsen. Angsterfüllt haschten seinen Augen von einer Person zur anderen.
„Was haben die mit mir vor?“, überschlugen sich seine Gedanken, „ich hab dochgar nichts gemacht, niemanden was zu leide getan...“
Arctus Atem wurde schneller und schneller. Er hatte Angst, pure Angst. Er wollte nicht hier bleiben, bei diesen Barbaren, diesen Kreaturen der Hölle! Nein, er wollte leben.
Aber er war doch schon längst tot. Die Sicht vor ihm verdunkelte sich, ihm wurde übel.
Krachend traf eine harte Ohrfeige ihn. Sein Gesicht schien zu pulsieren. Doch er fasste sich wieder, unterdrückte den Drang des Würgens. „Lasst mich gehen!“, flehte er, doch der Hüne sah ihn nicht an. Er fatschte ihm noch eine und die Menge tobte.
„Schlitzt ihn auf!“;„Hackt ihn in Stücke!“, schalte es aus dem Publikum. Was zum Geier hatte er den Leuten getan? Die Logik ihres Handelns blieb ihm verborgen.Diesmal wurde er grob an den Haaren gepackt und in eine Schlinge gepresst. „HA HA HA, es gibt kein Entkommen, kleiner Junge!“, höhnte ihn der Publikumsanheizer an, verpasste ihm einen kräftigen Tritt. Arctus spürte wie Blut in seien Mund drang, hielt sich den gepeinigten Kiefer, da wurde er schon ein Stück in die Höhe gezogen. Nur mit den Zehenspitzen berührte er die Bühne, hielt sein ganzes Gewicht auf diesen kleinen Dingern. Seine Hände fuhren an die Schlinge, versuchten sie von seinem Hals fernzuhalten. Schon traf der erste verfaulte Apfel seinen Bauch. Der Schmerz saß tief, blieb ihm keine Möglichkeit dem Geschoss auszuweichen. Sein Magen verkrampfte, drehte sich im Kreis und erbrochenes Drang ans Tageslicht. Die Zuschauer feuerte das nur mehr an. Mehr Obst traf ihn. Wie hart Obst sein konnte. Der Strick wurde höher gezogen, Arctus röchelte, spürte seine Beine schon gar nicht mehr. Ein verzweifeltes, „Lahna, HILFE“, drang aus ihm, doch sie stand nur ganz weit hinten und sah ihn lächelnd an.
Nicht schon wieder sterben, nicht schon wieder. Die Luft blieb ihm weg, die Geräusche um ihn herum vermischten sich zu einem Ganzen, verstummten schließlich ganz. Er spürte noch, wie sein Körper erschlaffte, spürte, wie er wieder auf den Boden heruntergelassen wurde, spürte, wie er in eine Kiste gesteckt wurde ... dann schlief er ein.
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13.08.2003 21:16 | #10 |
Arctus |
Aufwachen!“, Arctus riss die Augen auf. Der Boden unter ihm zitterte kurz, als wäre er getreten worden.
Wo war er? „Wo bin ich?“
„In der Hölle Kleiner; in der Hölle“, zwei Personen lachten laut auf. Na gefällts dir hier. Arctus riss die Augen auf, stemmte sich ein wenig nach oben scheiterte jedoch an der Decke und bemerkte, dass er in voller Finsternis lag. „Ich sehe nichts!“
„Tja. Du bist ja auch dadrin!“, brüllte einer. Arctus blieb still. Er war in der Hölle, ganz klar!
Draußen fingen die Beiden an zu tuscheln. Arctus hörte Schritte. Sie schienen sich zu entfernen.
„Der wird uns einiges Einbringen!“, lachte der eine, „es gibt nicht viele Kinder.“ Der Andre klopfte irgendwo drauf, schien dann etwas zu trinken. „JA, uns geht’s teuflisch gut!“, wieder lachten sie, so bösartig und gemein, jeder hätte auf sie aufmerksam werden müssen.
Tatsächlich! Eine weitere, seichtere Stimme kam hinzu.
„Was wollt ihr für ihn?“, fragte die Stimme. Arctus drehte sich, um besser lauschen zu können und das Ohr ans Holz zu legen. Die Stimme kannte er.Ein lautes Brummen war zu hören, „ein Nacht mit dir! Wir beide wollen eine Nacht mit dir!“ Die rauen Stimmen grölten.
„Nun, etwas in mir sagt mir, dass ich euch trauen sollte. Wollt ihr es kennen lernen?“ Zwei sichtlich „Ja“ trafen ein.
„Ich werden mich öffnen für euch! Nehmt es euch.“, etwas fiel zu Boden. Das Staunen der beiden anderen war deutlich zu hören. Dein ein lautes Sirren und poltern von Körpern.
Stille.
Arctus wagte es nicht zu atmen, nicht einmal sich weiter zu rühren. Die Kiste in der er sich befand fing an zu rütteln. Lichtlanzen traten ins innere, trafen Arctus’ Gesicht. Dann wurde alles Licht durchflutet, doch es war nicht hell, sondern eher gräulich. Eine helfende Hand streckte sich nach ihm. Er packte sie, wurde hochgezogen. Nur langsam entstand ein Bild vor seinen Augen. Die Helligkeit wich und Schemen waren zu erkennen. Eindeutig die von Lahna. „Geht es dir gut?“, sprach eine wohlvertraute Stimme. Arctus antwortete nicht, blieb einfach stumm stehen. Gerade als Lehna die Hoffnung aufgeben wollte entfleuchte ihm doch etwas. „Du hast mich allein gelassen!“ Enttäuscht wandte sich Arctus ab.
Eine noch mehr vertraute Hand fasste seine Schulter. „Ich habe dich gerettet! Hätte ich die Menschen gehindert an ihrem vorhaben, wäre ich auch in dieser Kiste gelandet. Die beiden hier werden bald wieder erwachen, also lass uns gehen!“
Arctus wollte zwar nicht, wehrte sich aber auch nicht gegen das sanfte Schieben, dass von Lahna ausging.
„Ich will nicht noch einmal sterben!“, sprach er.
„Das wirst du nicht. Was denkst du, warum den Leuten das Sterben hier so spaß macht? Man wacht einfach wieder auf!“
„Aber es tut weh! Und zwar hier“, Arctus fasste sich ans Herz. Lahna sah zu Boden. „Die Meisten hier“, sie pausierte und fasste sich ebenfalls ans Herz, „haben das nicht mehr.“
Arctus ließ einen zitternden Seufzer von sich. Er begriff nicht im geringsten, was das hier alles sollte. Ohne Lahna wäre er hier verloren und das wollte er nicht.
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14.08.2003 21:08 | #11 |
Arctus |
Lahna, sowie Arctus sind wieder zurück gegangen. Während Arctus sich in einer Phase tiefster Trauer befand, versuchte Lahna ihn in jeder Situation aufzumuntern, bekam manchmal ein vages Lächeln zum Dank. Arctus wusste nicht, was er hier tun sollte. Irgendwie fühlte er sich hier noch mehr verloren als im Kastell und der Gedanke, dass er Tod ist und nie wieder auf die andere Seite des Lebens kam ließ ihn erschaudern. Zu dem gab es hier unten, außer Lahna, nichts, was zu einer positiven Stimmung hätte beitragen können.
„Schön dass du da bist, Lahna“, gab Arctus nach endlosen Stunden des Schweigens endlich von sich. Lahna schien überrascht zu sein über diese Art des Zeigens seiner Gefühle, antwortete aber nicht. Arctus wollte gar nicht, dass sie antwortete.
Das Feuer im Kamin prasselte ruhig und gleichmäßig vor sich hin, als sie wieder „daheim“ waren. Arctus fühlte sich hier drinnen wirklich wohler, vergass einfach das, was sich draußen auf dem Marktplatz abgespielt hatte. Genau wie er Lahnas eigentliches Auftreten vergessen hatte. Vergessen war schön.„Nun, was wollen wir machen?“, fragte die junge Frau, „hast du irgendwelche Wünsche?“
Arctus nickte, kurz gefolgt von seiner Antwort, „ich will wieder zurück!“ Es war eher ein herausrede Lächeln, was Lahna kurz aufsetzte. Sie antwortete nicht auf seine Bitte, sondern verschwand in der Küche. Kurz danach stand neuer Tee mit Keksen vor Arctus. Diesmal verschüttete er ihn auch nicht, glücklicherweise, war es das letzte mal wirklich verdammt heiß gewesen und noch schlimmere Sachen möchte er nicht haben. Eigentlich würde er gerne seine Schwarzmagierrobe wieder haben, die immer noch zerissen und blutgetränkt in der Ecke lag. Den Wunsch sprach er nicht aus.
Glimmend wie ein Stängel leuchteten seine Gedanken kurz auf, näherten sich dann aber doch dem Ende und erlöschten zum Schlaf, der sich, wie es schien über Weite strecken zu ziehen.
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14.08.2003 21:18 | #12 |
Arctus |
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14.08.2003 21:20 | #13 |
versuchung |
Lahna war in die Küche gegangen, holte ihren roten Tontopf aus dem Regal und starrte in ihn.
„Er will weg von hier!“, sprach sie hinein, lauschte dann nach einer antwort.„Hat ihm das sterben nicht gefallen? Das ist doch seine Welt!“, erschallte es wieder hallend im Raum.
„Er besitzt noch das hier!“, Lahna faste sich an die Brust. Ein Brummen ging durch den Raum.
„Das ist schlecht! Sehr schlecht. Es wird Zeit, dass wir es ihm austreiben oder?“
Lahna antwortete nicht, sah nur betrübt zu Boden. War das da gerade eben eine Träne, die aus ihrem Auge drang, ihre feine Haut hinunter glitt?„Was ist?“, erschallte die Stimme.
Immer noch blieb sie ruhig, sprach nicht, sondern stand einfach nur da, um in sich zu lauschen. Was war richtig, was war falsch? Was sollte sie tun, es ging um den wehrlosen kleinen Jungen. Vor langer Zeit hatte sie auch einen Jungen. Es war noch in der richtigen Welt gewesen. Sie war arm, ärmer als manche Bauern, musste huren, betteln. Das Leben war eine endlose Farce der Qual für sie gewesen; war es wohl Innos Willen. Sie hörte auf zu beten, hörte auf an ihn zu glauben und dann kam das Grauen ...
Sie wurde schwanger. Von wem wusste sie nicht, hatte sie damals mit vielen Männer zu schaffen. Ihr Bauch wuchs, doch das Interesse der Männer schrumpfte, zu dem brach der Winter ein und Gold hatte sie kein bisschen. Vollkommen ausgehungert hatte sie es trotzdem geschafft ihren Sohn auszutragen. „Ein Wunder!“, sagten damals viele, auch dieses eine reiche Bürgerpärchen, das nicht im Stande war Kinder zu kriegen. Kurz vor dem Verhungern verkaufte sie ihren Jungen an das Pärchen, für lumpige 50 Gold, um sich wenigstens noch ein Brot kaufen zu können.
Ein Jahr später nahm sie sich das Leben, war Beliar gutgesonnen, weshalb sie hier unten nicht ganz so jämmerlich „lebte“, wie diese anderen Wesen. Lieber hätte sie auf Erden richtig gelebt als hier unten! Viel viel lieber.„HEY“, schrie es. Lahna schreckte auf. Ihr Gesicht war mittlerweile Tränenverschmiert.
„Ja, mir geht es gut“, log sie. Wieder trat ein langes Schweigen ein. Die Stimme schien zu überlegen, grummelte komisch rum. Lahna musste sich gegen die Wand lehnen, hatte irgendeinen Schwächeanfall.
Nach ein paar Minuten erschallte die Stimme wieder, diesmal härter, durchdringender, befehlender: „Bring ihn zu mir!“
Lahna sog sichtlich hörbar die Luft ein, zögerte ihre Antwort so lange wie es ging hinaus,
„das werde ich!“
Die Stimme verschwand und Lahna sank in die Knie...
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15.08.2003 21:13 | #14 |
Arctus |
„Hey, aufwachen!“, brüllte es Arctus an. Er war mal wieder auf dem Sessel eingeschlafen; wieso nur immer auf dem Sessel? Gab vielleicht kein Bett. Arctus blinzelte leicht, nahm seine Umgebung nicht ganz deutlich wahr. „was?“, flüsterte er noch deutlich schlaftrunken.
„Hast du nicht gehört? Du sollst aufstehen du Wicht!“, schnauzte es ihn an, zerrte an seinem Arm, „jetzt mach das du hoch kommst!“ Arctus wartete noch etwas, hörte in sich hinein.
Er kannte es, doch irgendwie auch nicht. Genau wie wenn etwas vertrautes im Schatten versunken ist. Man weis, dass es da ist, tastet sich aber doch ängstlich und unsicher an der Wand entlang. Er wartete zu lang. Mit einem Ruck wurde er hochgerissen. In einer hundert-achzig Grad Drehung wurde er herumgeschleudert und an den Schultern gepackt, sogar gerüttelt. „Jetzt mach deine verdammten Augen auf!“, schrie es ihn an.
Arctus machte sie auf, hatte aber Angst davor. Wiederwillig öffnete er sie und sah in eine Landschaft voller Warzen. Ach nein, das eine war eine Nase und insgesamt war es ja gar keine Landschaft, sondern ein Gesicht, das sich aufzublähen schien und rot anlief. Aus Angst vor Ekel zu sterben schloss er wieder die Augen. Die Antwort folgte in Form einer Schelle. Sein Unterkiefer schien auszureisen, so heftig hatte es gescheppert. Eine kleine Schmerzensträne verlies sein linkes Auge. „Was soll das?“, brachte er nur leicht weinerlich hervor.
„Dann las die Augen halt zu du Rotzlöffel!“, sprach das Warzengesicht und zerrte ihn los. Er spürte, wie eine Tür aufgerissen wurde und kalte Luft zu ihnen strömte, den Platz mit der alten abgestandenen Luft tauschte. Ihm schauderte es. Er wollte instinktiv den Kragen seiner Robe hinauf ziehen, bemerkte jedoch einen Wimpernschlaf später, dass er diese gar nicht anhatte. Die Augen waren auf seinen Oberkörper gerichtet und er sah das schäbige Hemd, was ihm Lahna gegeben hatte. Wo war sie überhaupt?
„Hast dich endlich entschlossen das Licht der Welt zu erblicken, he!“, sprach Warzengesicht im leicht spöttischen Ton und begann einen Schritt schneller zu gehen und mehr an ihm zu ziehen. Arctus lies es geschehen, traute sich jetzt sogar seinen Schlepper zu betrachten. Etwas buckelig wirkte er, mit einem Tuch auf dem Kopf, das das graue Haar verbarg, wenn da überhaupt noch welches war. Ansonsten hatte sie ein blauschwarzes, mit vielen Flicken übersätes Kleid an. Die weiblichen Merkmale an ihr waren nicht zu übersehen.
„Wo ist sie?“, brachte Arctus nun doch hervor.
Der schwere Atem der Frau stieß wie Rauch aus einer Dampflok hervor, stoppte dann aber, genau wie ihre Bewegungen. Sie drehte sich um, sah Arctus tief in die Augen ...
„Stell sie dir vor, wenn du willst.“
Wie befohlen dachte Arctus schlagartig an die schwarzhaarige Junge Frau, mit der leicht blasen Haut und den braunen Augen. Ihre Duftaura schien ihn plötzlich wieder zu betören und umgarnen, ihr Lächeln lag wie Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht.
„Jetzt mach los, wir müssen weiter!“, kläffte Warzengesicht, schleifte ihn weiter.
Arctus wurde aus seinen Träumen gerissen. Musste notgedrungen die Augen öffnen, blickte jedoch zu Boden, wollte er den grässlichen Antlitz vor sich keines Falls wieder sehen. Doch irgendwie kam ihm die zarte Hand an seinem Handgelenk, die so doll am ihm zog, in den Blick. Sie schmalen Finger, klein und geschickt, strahlten die Eleganz in Ergüssen aus. Seine Blicke folgten dem dazugehörigen zarten Handgelenkt. Danach dem Arm, der mit klitzekleinen Härrchen bespickt war. So klein, dass man sie kaum sehen konnte. Von porösen Stellen war nichts zu sehen. Der Blick näherte sich der Schulter und mehr und mehr begann der Junge zu staunen, denn dieser Hals der folgte, so schmächtig und süß wie er war konnte keines Falls die Stütze für solch grässliches Haupt sein. Geradezu begierig tasteten sich seine Blicke empor und vergasen die Gefahr der Enttäuschung. Sie wurden auch nicht enttäuscht. Strahlende Zähne blendete ihn leicht, eine kleine stubsige Nase gab den Drall zum niedlichen und die braunen Mandelaugen, die so genau alles musterten, zum Verlockenden. Alles umrandet von der tiefschwarzen Haarpracht, brachte diese Pose der Schönheit, die vor allem durch die Engelshaut zur Geltung kam, zur Vollendung.
„Da sind wir!“, gab nun noch eine geheimnisvolle, doch zu gleich vollkommen erregende Stimme von sich, war sozusagen der Scheinwerfer zur Schönheit ...
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19.08.2003 02:03 | #15 |
Arctus |
Etwas verlegen darüber, dass er sie nicht verstanden hatte, schüttelte er den Kopf, um die sinnlichen Gedanken zu verscheuchen und sich wieder zur Sachlichkeit zu mahnen. „Was?“, brachte er kurz und knapp zu Tage. Lahna lächelte.
Wie hatte sie sich vom Biest in die Schöne verwandelt? Der Schweif des Unmöglichen umgab hier wirklich alles, vor nichts halt machend sog er alles und jeden mit sich, um denen die Glaubwürdigkeit zu nehmen ...
„Sie hat gesagt, dass ihr da seid!“, klapperte es plötzlich hinter Arctus, während ein knochiger Finger an seine Schulter stupste. Ein kleiner Schrei des Entsetzens entfleuchte Arctus, dann verschlug es ihm die Stimme.„Kennst du mich nicht mehr? Ich bin dein Freund aus dem Schrank!“, plapperte es seelenruhig weiter. Arctus war bewusst, dass es es war, doch wie zum Teufel kam ES hier her? „Wie kommst du hier her?“, zögerte er auch nicht lange, während er einen kleinen, aber alles sagenden Schritt zurück wich, dabei an Lahna stieß, die wieder mal beruhigend ihre Hand auf seine Schulter legte. „Ach weist du, ich bin mal hier mal da! Oder denkst du, ich hocke die ganze Zeit im Schrank und warte auf dich? Zu de hast du mir letztens die Rübe abgefetzt, was ich nicht sehr nett fand!“ Als das Schrankskelett einen Schritt auf ihn zumachte presste sich Arctus mehr gegen Lahna. „Aber wieso hast du denn Angst vor mir?“, fragte das Skelett, schaute Arctus dabei aus den großen runden Augenhöhlen an, „Seh ich so schrecklich aus? Und wenn es wegen dem Kopf ist, mach dir da mal keine Sorgen! Das haben die Dämonen wieder hinbekommen, wie du ja siehst.“ Die Knochen schienen sich zu bewegen. Die Mundhöhle wurde größer, zog sich ein Stück nach oben, ein greusliches, aber gut gemeintes Lächeln kam zustande. Arctus verlor etwas an der verkrampften Haltung, traute dem Schein dennoch nicht ganz. Ein leicht gezwungenes Lächeln untermalte seine Berührung am Kinn. „Sie haben die Haut vergessen!“
Schlagartig verlor das Skelett sein Lächeln, „ha ha, sehr witzig! Du wirst auch mal so Enden mein Kleiner und dann sehen wir uns wieder!“ Etwas eingeschnappt drehte sich das Skelett zur Seite, verschloss die Arme vor den Rippen und starrte zur brennenden Kirche.
„Warum redest du eigentlich soviel?“, hackte Arctus noch mal nach. Ein beruhigender Satz wäre jetzt zwar besser gewesen, doch wer hatte schon mal ein schmollendes Skelett vor sich oder Erfahrung damit. Das Skelett schnaubte leicht, drehte sich noch ein Stückchen von den beiden Menschen weg, während es den Kopf mehr in den Nacken legte. Plötzlich krachte es, ein Wirbel schnellte hervor und traf Arctus’ Schläfe. Dann plumpste der Skelettkopf zu Boden. Obwohl der Treffer ordentlich schmerzte musste Arctus unweigerlich Lachen. Sein Schrankskelett kam ihm sonst immer so vernünftig vor, doch jetzt bot es die Lächerlichkeit in knöcherner Person. Auch Lahna stimmte ein in den Lachkore. „Jetzt macht ihr euch auch noch über das Leid anderer lustig. PAH. Hebt mich lieber wieder auf, eingebildete Menschen!“ Arctus tat es, hielt sich den Kopf vors Gesicht und sprach noch halb feixend, „jetzt sag schon, warum bist du so ein Plappermaul?“ Das Skelett versuchte sich den stechenden und spöttischen Blicken des Jungen zu entziehen. Erfolglos.
„Im Kastell gibt’s halt ein paar Vorschriften, was den Umgang mit den Bewohnern angeht. Sachlich und Korrekt, so dass sie sich wohl fühlen!“ Irgendwas schien im Skelett zerplatzt zu sein. War es das Herz? Auf jeden Fall hatte diese Information es unglücklich gestimmt. Was Arctus nicht verborgen blieb. „Ich verspreche dir, wenn ich jemals wieder ins Kastell komme, dann kannst du an mir deine Plapperwut auslassen wie du willst!“
Ein grimmiges Grinsen entstand auf dem Skelettschädel. In Gedanken ging es wohl gerade, „Und wie ich das mache werde.“ Eher schadenfroh wirkte es jetzt, obwohl es selbst doch gerade zu Schaden gekommen war.
Nun meldete sich Lahna wieder zu Wort, drehte Arctus’ Kopf gleichzeitig in Richtung der Kirche. „Siehst du die? Da geht es jetzt rein!“Gerade wollte sich Arctus beschweren, dass ihr Griff zu doll wäre, da ließ sie los. Arctus atmete auf, musste sich jedoch ein Zucken unterdrücken, als Lahna ebenso doll wieder sein Handgelenk packte und ihn hinter sich her zog. Das Skelett schien sichtlich die Augenbrauen zu heben, „Frauen.“, flüsterte er Arctus zu. Arctus musste unweigerlich grinsen...
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19.08.2003 03:10 | #16 |
versuchung |
Furchen voll mit Gräbern, Winde voller Schreie, Blumen voller Blut, die Kirche voller Feuer.
„Der Himmel brennt!“, schrie Arctus, konnte das Gekreische, der über den Massen an Leichen schwebenden, Raben kaum übertönen. Viele schwarze Augen richteten sich auf das Trio, nahmen sie auf in den Bann des Tötens, um dann mit ihren befederten Flügeln auf zu den Lebenden zu fliegen. Beute, frische Beute! Angst schoben die Tiere vor sich vor. Angst, die die Menschen noch vor ihnen erreichten.
Der Junge, der kleine Junge, er klammert sich gerade an die Frau. Mindestens drei Köpfe größer als er ist sie, trumpft auf, durch ihren Geist, der die Angst verdrängt, Licht ins Dunkle bringt. Kreischend wichen die schwarzen Vögel zwei Meter vor ihr zur Seite, konnten diese Aura nicht ertragen. Die Welle aus schwarzen Federn brach an ihr, wie die Strömung am Stein, doch irgendwann gab auch der härteste Stein nach.
Eilig trat die Frau mit dem Junge im Arm voran, auf dem schmalen Weg, an dessen Seiten sich Gräber erhoben. Bedrohlich ragten sie empor, griffen mit ihrem eiskalten Hauch nach den Seelen der noch Lebenden.
„Ich lebe noch! Ich lebe noch!“ , schrieen die Gedanken des Jungen. Beliars Brut erhob sich zu Seiten der Beiden. Kaltes untotes Fleisch schob sich quitschend voran. Viele tote Augen betrachteten die Fremden, würden einschreiten, wäre da nicht diese ekelerregende Präsenz der Einen. Der Junge, noch heftig sein Herz schlug, würde schmecken, so gut würde er schmecken. Warmes Blut gab es lange nicht mehr für die Toten! Nur wenn jemand sie auf die Welt der Sterblichen beruf, gab es Hoffnung auf den Saft. Wie langsam er die Kehle hinunter laufen kann ... einer der Untoten Zombies blieb stehen, betrachtete die Fremden nicht mehr ... das letzte mal, es war das Gefühl nach Leben, das er verspürt hatte, als der warme Saft der Lebenden sein Totes Fleisch entlang lief. Er fühlte sich, für den Hauch einer Sekunde, wie einer von ihnen. Warm, wahrnehmend ... FÜHLEND!
Die Erinnerung verpuffte, als ein anderer ihn Anstieß. Jetzt stand nur noch Beute auf seiner Stirn ... BEUTE, die ihm das Gefühl wieder gab.
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24.08.2003 15:09 | #17 |
Arctus |
Immer noch äußerst zügig marschierten die Beiden, Arm in Arm, den so armseeligen Weg entlang, , an dessen Seite die armen Greulkreaturen wankten, doch bot sich Hoffnung am Ende des Weges, denn zwischen den lodernden Flammen lugte die prunkvolle Kirche hervor. Am Turm war ein Kreuz, bespickt mit einem Menschenleib, der Schrie und immer wieder das Wort Innos verlor. Doch viel grausamer war das Feuer, dass die reichlich verzierten Scheiben der Kirche hatte zerspringen lassen. Die kümmerlichen Reste zeigten sich nun nur noch zu Füßen des mächtigen Gebildes.
„Bei Beliar, nimm doch den Mensch und tausch ihn mit dem Glas aus! Der Mensch muss kriechen und nicht schreien. Ist ja nicht auszuhalten.“, packte es plötzlich Lahna. Wieso zum Teufel sprach sie das, was Arctus dachte?Die Tür schwang auf, das Feuer schoss an ihnen vorbei und als die großen Türflügel wieder zu krachten wurde es still.
Erschrocken blickte Arctus auf, dachte „Sie gehen in meinen Kopf, dringen in mich ein.“, als er etwas Sonderbares in sich verspürte.
„Wer sind wir?“, gab er laut von sich.
Nun wieder in seiner Welt denkend, „geht weg! Das hier gehört mir.“„Jetzt nicht mehr“, wieder laut.
Der große Kronleuchter flog von der Decke, riss die Innosstatue zu Boden. Arctus lachte. War er es, der lachte? Wieso war ein Hauch von Entsetzen in seinen Augen?
„Geht!“, schrie er laut. Das Dach fing Feuer, „geht!“
„Sie wird gehen.“, hallte es plötzlich von überall her.
„Sie wird gehen!“, jetzt zorniger. Lahna sah Arctus mit ihren braunen Augen an. Sie wurden feucht, blitzen matt den jungen Magier an. Aus weit aufgerissenen Augen sprach sie,
„Ich wollte das nicht, glaub mir!“, zu dem noch mit zittriger Stimme. „Du musst mir ...“, Zu Boden sackte der leblose Körper. Fassungslos starrte Arctus ihr hinterher, wie sie zu Boden viel, ihr Gesicht an Leere gewann. Erst als ihr Körper vollends zur Ruhe kam lies er sich auf die Knie fallen, um sie fest an sich zu drücken. Sie hatten ihn Schutz und Hoffnung gegeben, war die Einzigste etwas vertraute hier, in der absurdesten Welt die es gab. Und nun soll sie nicht mehr sein?
Das schwarze Haar berührte seine Wange. „Sie war so schön“, gab er unter Tränen von sich. In seinen Händen begann sie binnen Sekunden zu altern und schließlich zu verwesen ...
„Du Schwein!“, schrie er. Jemand trat hinter ihn. Seine kalte Aura tastete förmlich nach seinen Emotionen, lies ihn zu einem Stein werden. „Und? Wie tut es weh?“, gröhlte die Stimme. Sie war so tief und voller Spot, wäre der Satz länger gewesen, Arctus währe geplatzt. Er musste schlucken. Der Schmerz in ihm loderte so stark, dass er wünscht, er wäre noch toter. Ein Arm zu verlieren war nichts, gegen ein zersprungenes Herz! Es wäre eine Wonne gewesen. Ein Kruzifix flog in Flammen zur Decke.
„Das ist meine Welt!“, sprach derjenige hinter ihm. Arctus indes presste sich immer noch mit aller Kraft an die Leiche, die mittlerweile keine Haare mehr besaß. Den Mut nach hinten zu sehen hatte er noch nicht.
„Und in meiner Welt kann ich auch in deinen Kopf.“ Er lachte. Arctus mochte ihn töten, nein, er würde ihn töten! Und ER wusste es.
Er hinter ihm, sah sich um, etwas Scheiß lag auf der leicht verbeulten Stirn, schwarze Augen, schwarze lederne Haut, ein zwei Schritt großer Körper, breit wie eine Säule. Kein menschliches Aussehen!
Das soll Beliar sein? Der, den die Magier dienten? Sarkastisch ist er; das Leben hat keinen Wert für ihn. Also ist es gut möglich, dass er es ist. „Such nur Arctus“, sprach er wieder. Arctus blieb still, doch in seinem Inneren schrie es. Woher wusste er das? Woher wusste er, was Arctus machte, dachte, fühlte. Ach ja, es war ja seine Welt. Je näher man an ihn herankam, desto größer wurde sein Einfluss.
„Ich habe was du suchst“, beschwor er plötzlich. Arctus ließ den Kadaver los, ruckte herum. Ein glänzender Dolch lag nun zu seinen Füßen, strahlte das umgebende Feuer aus. Arctus wurde verletzt, gequält, getötet. Jetzt würde es dafür büßen.
„Bring mich doch...“, soweit kam Beliar noch. Dann durchschoss die Spitze des Dolches seine Luftröhre. Jetzt röchelte er nur noch, sah mit flehenden Augen das deutlich kleinere aber ebenso finster guckende Kind an.
„Das hast du nicht erwartet du Biest!“, flüsterte Arctus.
Beliar ging in die Knie. Schwarzes Blut ächzte sich durch den Holzboden. Beliar konnte nicht mal schreien, als der Dolch wieder aus seinem Körper fuhr und kurz darauf sein Schädel gespalten wurde. Kommentarlos krachte er nun vollends zu Boden.
Ein verächtliches Spuken ließ sich der Junge nicht entgehen. Dann wandte er sich ab und ließ sich in die Knie fallen.
Und nun? ...
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24.08.2003 15:36 | #18 |
Arctus |
Alles begann zu verschwimmen, löste sich in der Seichtheit des langsam ins Bild tauchendem Weiß auf. Der Schein der toten Geliebten und des toten Gehassten verschwand wie die Scherben am Strand. Wieso fühlte Arctus sich nicht erlöst vom Schmerz der gesamten verfluchten Welt hier? Wieso graulte eine tiefe Stimme von Schuld in ihm, dass er nicht besser seie, als das Biest von einem Gott?Der unausweichliche Grund war wohl, dass er auch zu der Brut gehörte, so weit er auch weglief und so viel böses er auch töte. Er war es, der unter den meisten anderen Menschen misstrauen und Angst auslöste. In manchen Fällen kam zwar zuerst das Mitleid, dass einen einsamen Jungen wohl immer mit auf den Weg gegeben wird, doch zu ändern an der Endhaltung vermochte es nichts.„Verfluchte Welt!“ Arctus ließ sich ins Nichts fallen. Grade noch in einer brennenden Kirche, jetzt im Nichts. Die Ironie war förmlich zu riechen. Nur sehr karg konnte man nun seine blase Haut von der Umgebung unterscheiden, doch das dunkle, blutgetränkte, Gewand zeugte von seiner Angehörigkeit so klar, dass es ins peinliche ging. Und das, obwohl niemand da war und er sich nicht einmal für solch mächtige Fasern hätte schämen brauchen. Hier waren sie doch alle nichts wert. Nichts ist irgendwas wert im Nichts.
Wo bleibt eigentlich das Ende? Ist es die Leere, die sich in Arctus breit machte? Würde er selbst zu diesem Hintergrund werden?
Egal. Er konnte es sowieso nicht ändern.
Grade floss die wohl letzte Träne seines kurzen Daseins von ihm, da verblasste er vollends und ... verschwand.
Das Ende ist nicht der Himmel, es ist das nichts.
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25.08.2003 02:52 | #19 |
Arctus |
Bruchstückhaft war zu erkenne, wie im Takte des Herzschlages, Stück für Stück wieder entstand und zusammengefügt wurde. Mäanderartige Linien schwirrte vor ihm herum, erst stumm, dann ein leises Summen von sich gebend. Erste Atemzüge wurde vollführt, er spürte, wie das warme pulsierende Blut seine Adern entlang schoss, den Körper zum beben brachte. Muskeln zuckten, brachten seine Hand zum schließen und wieder öffnen. Mit einem Ruck breitete sich seine Nasenflügel aus, sogen frische Wiesenluft in den weiten Schlund, brachten die Sinne zum kochen. Ein Hauch von Wind streifte über seinen Nacken, der voller Erregung sich zu strecken begann. Die blase Haut rötete sich leicht durch die Reize, der sie ausgeliefert wurde. Er blinzelte, blickte ins helle, ohne etwas genau zu sehen. Eiskaltes Wasser wurde über seinen nackten Körper geschüttet. Sofort verkrampfte er sich, formte sich schützend zur Kugel.
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25.08.2003 22:54 | #20 |
Arctus |
„Aufwachen!“
Arctus öffnete die Augen wieder. Schemen waren zu erkennen, die von links nach rechts hüpften, sich teilten und wieder zusammenschwammen. Er spürte wie sich sein nasses Haar auf seinen Schultern wog, die sich schwach dagegenstemmten. Er zitterte, fror sogar leicht. Sogleich entstand eine Gänsehaut auf seinem Körper, alles überzog sie.
„Hey, jetzt werd endlich munter!“
All seine Kräfte sammelnd, hob er seinen Kopf und brachte es nun wirklich fertig den vor ihm zu betrachten, auch wenn er ihn nur verschwommen war nahm. Ein flüsterndes „Ja“, entwich seinen roten Lippen, die schmal auf seinen Zügen lagen.
„Na bitte, ich dachte schon du würdest wirklich den Löffel abgeben.“Hatte er das denn nicht? Arctus Kopf sackte wider zurück. Das denken viel ihm so schwer. Was war mit ihm geschehen. War er nicht verschwunden. Etwas lahm hob er wieder den Kopf und dann ein; es klang sogar leicht entschlossen; „Nein“, von sich zu geben. Der vor ihm wurde still, verstand er wohl die Antwort nicht ganz. Wie geahnt erschallte seine Frage, etwas zu laut nach Arctus’ Geschmack.
„Wie meinst du das?“
Endlose Sekunden vergangen, in denen der Junge sich voll und ganz auf die bevorstehende Wortfolge konzentrierte. Zischend sog er die Luft in sich, strafte seinen Körper,
„Ich bin nicht tot!“, und ebenso zischend entwich die Luft auch wieder aus seiner Lunge. Sein Herz klopfte wild. Er spürte es im kleinen Finger.„Achso,“ ein herzhaftes Lachen folgte. Arctus öffnete wieder die Augen und bemerkte nun kurz vor sich Grashalme, die sich leicht im Wind bogen. Alles war geflutet von Licht.
„Du hast auch viel durchgemacht, kleiner Mann. Ich sehe, das sprechen fällt dir noch schwer. Muss zugeben, dass ich körperlich mehr von dir erwartet habe. Bist halt nur ein Bücherwurm.“ Wieder dieses herzhafte Lachen. Arctus wollte es in die Hölle schicken, dafür, dass es so laut war. Er stöhnte und sofort verstummte dieses Geräusch der Glückseeligkeit.
„Ich merke schon. Glaub mir, ich versuche mich kurz zu fassen mein Kleiner.“ Das Schmunzeln seines Gegenüber war förmlich zu spüren. Was solls. Doch irgendwoher kannte Arctus diese Stimme.
„Sehr beeindruckt war ich ja schon von dir, als du dich noch in der anderen Ebene befandest. Mit welchen Mitteln du gegen die Orks gekämpft hast und das in dem Alter! Andere hätten sich in die Hosen gemacht. Um es kurz zu sagen, der Orkangriff hat mir wirklich gefallen.
Ihr Magier seit mir wirklich noch treu.“
Arctus musste schlucken. Die Worte brannte förmlich in seinen Ohren. Was wollte dieser Alte den von ihm?
„Dass du dich auch nuch in der Unterwelt so gut gehalten hast fand ich wirklich gut. Dein jugendlicher Hass kennt keine Grenzen, du hättest sogar mich getötet, wenn es nach dir geht und das, obwohl du mir dienst. So viel Individualität täte der Welt der Lebenden wirklich mal gut.
In Ordnung, ich sags dir jetzt, mich packt das so, dass ich es nicht zurückhalten kann ...“
Der Alte machte eine Pause. Endlich, dem Jungen ging es gar nicht gut. Komische kleine beflügelte Wesen setzten sich ständig auf Arctus’ Arm, stubsten ihn. Ihm tat es weh. Der Alte soll fertig werden, und das schnell! Nein, viel besser, er solle nicht fertig werden, er solle ihm helfen. Arctus sammelte sich, richtete seinen Oberkörper auf, so dass er mit ihm auf gleicher Höhe saß. Nun konnte man deutlich das breite Lächeln dieses Mannes sehen. Er hatte ihn schon mal getroffen. Doch wo?
Wieder traf eine Welle von Schmerzen seinen Kopf. Er dachte zu viel.„Helft mir“, platzte er hervor, noch bevor der Alte weitererzählen konnte. „mir tut alles so weh!“
Das Lächeln verschwand plötzlich. Tiefe Falten machten das mit einem Stoppelbart übersäte Gesicht des Alten auf unkomplizierte Art und Weise extrem interessant. Seine Lippen spitzten sich, setzten zur Antwort an, als Arctus ihm wieder das Wort abschnitt, „Bitte!“
Leicht entsetzt wandte sich das Gesicht des Alten ab. Fassungslos fing er an zu stammeln,
„Ich versuche dir hier die Nachricht zu überbringen, dass ...“, er stoppte, sah irgendeinem Tier hinterher, drehte sich dann wieder zu dem Jungen um und sprach mit ernster Mine weiter, „du die Chance auf ein zweites Leben bekommst“, und nun im leicht beleidigtem Ton, „und du plagst mich mit deinen Schmerzen.“ Er seufzte, zog das linke Bein an seinen Körper, um es zum aufstehen zu belasten. Der alte schmächtige Körper fuhr in die Höhe.
Arctus erschrack als er den Alten plötzlich über sich sah. Er strahlte so eine allwissende und mächtige Präsenz aus, dass es ihn schauderte. Arctus’ Pupillen weiten sich, als eine Lichtlanze auf das graue Haar des Mannes fiel. Plötzlich schälten sich die Schmerzen von ihm, der trübe Kopf wurde hell, als er die Erleuchtung erkannte. Arctus blieb sitzen, wirkte jetzt jedoch munterer, halt einfach schmerzfreier. In voller Überraschung stieß er förmlich aus, „Du bist Beliar!“
Ein weises Nicken bestätigte seine gerade erst erfahrene Erkenntnis. Der Alte seufzte leicht. Arctus musste ihn auf irgendeine Art und Weise enttäuscht haben; wie, das war dem Magier nicht ganz klar. ... „Pscht“, mahnte er sich nun, „der Alte spricht!“
Irgendwie klang er leicht traurig, als er fortfuhr, „Weist du, es gibt nicht viele, die ich in solcher Umgebung und überhaupt empfange.“ Ein durchdringender Blick mahnte Arctus sich umzusehen. Sie waren auf einer Wiese, die im vollen Glanze blühte. Schmetterlinge flogen umher und alles lag in einem leicht gelblichen Schein. Über ihnen, die strahlend blaue Himmelskuppel. Tatsächlich sah es aus, als wäre es der Himmel auf Erden, oder einfach nur der Himmel. Arctus Blick ruhte wieder auf dem Alten weisen Mann.
„Hier unten kann ich sagen, wie es aussieht. Für manche Menschen lasse ich es schön aussehen, die anderen“ , er seufzte, „lernen die Welt kennen, die du schon erlebt hast. Die Meisten gehen an ihr zu Grunde, werden so wie die Leute in der Stadt.
Menschen sind von Natur aus bösartig. Ich betrachte sie als nichts anderes. Ausnahmen bestätigen die Regel! Und ... Ich will nicht, dass die Ausnahmen so Enden wie der normale nichtsdenkende Pöppel. Auf Innos Welt sagen die Meisten dazu, dass sie in den Himmel kommen.
Arctus,“ , ein zwinkender Blick folgte „die wenigsten kommen in den Himmel, glaub mir.“
Der Junge bekam leichtes Herzflackern, als er den alten, so zerbrechlich aussehenden Mann reden sah. Es konnte doch sein, dass dies wieder bloß ein Trugbild ist, so wie das grässliche Monster in der Kirche hätte Beliar sein können. Wenn man all den Erzählungen auf der anderen Welt glauben schenken kann, wäre das wohl eher die Möglichkeit des Ganzen, doch hatte ihn Arctus doch getötet.
Arctus schreckte leicht auf. „Wieso kann ich mich an alles erinnern?“Er wollte sich peitschen dafür, dass er seinen Gedanken laut ausgesprochen hatte. Der Allwissede beugte sich vor, „weil ich es will.“
„Ach, vielleicht bist du auch noch viel zu Junge für das Ganze. Du hasst sowieso schon genug stärke bewiesen, das bekommt nicht mal manch Erwachsener richtig hin. Ich glaube ich verwirre dich mit meinem Geschwätz viel mehr, als das ich dich aufkläre.“
Arctus fuhr hoch, stand nun auf den Beinen, war aber immer noch locker zwei Köpfe kleiner als der Alte, „nein, erzählt ruhig. Ich werde es sicher mit der Zeit verstehen!“
War das zu dreist? Er stand hier mit hoher Wahrscheinlichkeit einem Gott gegenüber ... oder seiner Fantasie. Wer weis?
Trotzdem schüttelte der Alte den Kopf. Er legte auf sonderbar vertraute Weise seine Hand auf Arctus Schulter, „lass gut sein Arctus. Das einzigste was doch zählte ist, dass du im Kastell deine Freunde wieder triffst.“Krach. Das war genau das falsche. In einem Anfall von Wut schlug er energisch die Hand des Alten beiseite. „Freunde, so was gibt es doch gar nicht. Der einzigste, von dem ich das Ansatzweise gedacht hatte war shark und“, Arctus’ Stimme begann zu beben, „der hat mich verbrannt!“
Beliar stieß die Luft leicht spöttisch aus, setze zu einem Lächeln an, „wie hätte ich dich sonst zu mir holen können?“
Arctus Entsetzen schwoll an. ‚So ein verdammter Egoist!’, schrie es in ihm, doch die Kraft es auszusprechen besaß er nicht. Es kam nur ein verächtlicher Pah- Laut über seine Lippen. Mit energischen Schritten begann er sich zu entfernen. Wenn dies Beliar war, dann konnte er auch gut auf ihn verzichten. Wenn dieser Gott seine Freunde als Nutzobjekt nutze und sogar ihn, wieso sollte er ihm vertrauen schenken, geschweige denn seinen Glauben?
Etwas hielt ihn fest. Er konnte nicht weitergehen. Der Mann stand immer noch an Ort und Stelle, doch er konnte sich nicht weiter bewegen.
„Du gefällst mir wirklich, kleiner Arctus.“, sprach er immer noch leicht amüsiert.
Das letzte Stückchen Achtung in Arctus brach zusammen. Er konnte sich nun wirklich nicht mehr halten, geschweige denn seine Fassung.
„Für dich ist das wohl alles nur ein Spiel?!“, brüllte er so laut, dass es lange dauerte, bis die Worte wieder verstummten. Unter Tränen der kompletten Enttäuschtheit brachte er noch ein, „Ich spuke auf dich, so wie auf das Monster in der Kirche. Ihr seit beide der selbe Abschaum!“
Der Alte blieb stumm, reagierte auch auf nichts, sondern stand einfach nur da. Sein weißes Haar flatterte leicht im Wind und man konnte förmlich seine Enttäuschung riechen. Doch über wen war er enttäuscht? Über den Jungen oder Seine Taten?
„Arctus, du bist der, der du bist und du musst niemanden glauben. Ich bin Beliar und bin der, der ich bin. Ich glaube auch nur an meine Absichten. Wir unterscheiden uns gar nicht so viel voneinander wie du denkst!“, der Mann verstummte, schloss seine Augen.
Arctus wurde unwohler. Irgendwas näherte sich ihm. Nein, jetzt war es da, unsichtbare Finger, sie drangen in ihn. Ein Schall explodierte in ihm. Vor seinen Augen wurde es schwarz. Er spürte Wunden an seinen Körper, tiefen Wunden. Sein Herz schlug nur noch langsam, doch dafür umso intensiver. Ein Stich. Da stich etwas in seinen Bauch, zog sich hoch. Er spürte es, doch nicht den Schmerz, der damit hätte verbunden sein müssen. Etwas hinter seinen Augen zuckte. Schlagartig öffneten sich seine Lieder. Er starrte an die graue Decke, die mit Spinnenweben behangen war. Seine Pupillen wanderten nach unten und sahen einen kleinen Jungen, der voller Geifer an seinem Körper rumhantierte. Ihn aufschlitze.
Halt.
Der kleine Junge .. das war er! Er sah sich selbst. Er wollte schreien, konnte aber nicht. Der Junge griff in seinen Brustkorb, lächelte ihn an und holte im nächsten Moment sein eigenes Herz hervor. Das Bild vor ihm wurde wieder Schwarz. Ein Strudel sog ihn ein und brachte ihn wieder ins Licht, auf die Wiese, auf der er sich vorhins befand. Alles war noch so wie vorher. Der Alte öffnete nun auch seine Augen, sah ihn durchdringend an. Mit leiser Stimme sprach er, „verstehst du, was ich meine?“
Arctus verstand. Ein innerlicher Schock ließ ihn in eine Art Wachkoma fallen. Er spürte förmlich, wie seine haut blaser wurde und sein Selbstwertgefühl in den Abgrund sank.
Er verstand nur zu gut.
Als Beliar wieder sprach wurde Arctus wieder aus seinem Bann gelassen. Als hätte er gerade einen schlechten Traum gehabt.
„Trotz alle dem glaube ich an dich Arctus! Ich glaube an dich, weil ich weis, dass du das machst, was dir in den Sinn kommt und nicht das, was ein Gott von dir verlangt. Du lässt dich nicht zwingen und auch nicht einschränken. Eher tötest du.
Sie dich von nun an als Schwarzmagier an Arctus und vor allem“, ein leicht ironisches Lächeln entstand auf den Lippen des Alten, „nehme die Gabe der Magie auch mal an und schiebe sie nicht andauernd vor dir her. An einem Lehrmeister fehlt es dir sicher nicht.“
Arctus konnte nur noch nicken. Seine Gefühlen standen vor einer Kreuzung, wussten nun nicht wohin. Sollte er den Alten hassen für seine Taten oder Lieben für seine Aufklärung und sein Vertrauen.
Jetzt war nicht der Zeitpunkt das zu entscheiden, jetzt, wo er noch innerlich aufgebraut war und körperlich erschöpft. Sein Schweigen schien dem Alten sowieso alles zu sagen, was nötig war. Der blaue Himmel raste in wahnwitziger Geschwindigkeit. Gleich würde er den beiden auf den Kopf fallen. Gleich ist es soweit.
Wieder sprach der Alte, fing noch ein letztes mal Arctus’ Blicke ein, „auf wiedersehen Arctus.“ Der Himmel traf auf sie. Alles explodierte in hellen Lichtern und Arctus hatte ein seltsames Gefühl der Schwerelosigkeit. Ein Flüstern erhaschte noch seine Ohren, „vergiss den Ring nicht!“ Dann trat er in die Welt des Traumes ein ...
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28.08.2003 05:37 | #21 |
Arctus |
Tief im Schlaf liegend verlies Arctus die magische Ebene des Gottes der Unterwelt. Hier ‚unten’ wo es kalt, einsam und grausam wohl ist, gibt es doch einen Platz, an dem ein äußerlich alter Mann seinen Frieden sucht oder vielleicht sogar gefunden hat.
Arctus indes befand sich nun wieder auf dem kleinen Sessel in der grauen Hütte der Alten namens Lahna. Ihr Jugend ist während ihres Todes vergangen, doch scheint ihr Geist immer noch in diesen alten Mauern zu schweben. Hört nicht mal hier, nicht mal da ein freundliches Lächeln? Wird nicht mal da, nicht mal dort ein Gegenstand von Geisterhand zurechtgerückt.
„Ach Lahna, ich vermisse dich!“, sprach Arctus im Schlaf. Der schere Geschmack dieses lag ihm auf der Zunge. Unangenehm, geradezu lästig ist es, dieses Mischung aus Beton und Speichel auf der Zunge zu haben.
Arctus erwachte, dürstete gerade zu nach Wasser. Gleich vor ihm, auf dem kniehohem Tisch befand sich ein Krug voll mit Wasser. Arctus griff gierig danach. Hastig nahm er einen nach dem anderen Schluck in sich auf, ließ nach dem absetzen ein lautes Ahh von sich. Wenigstens da wurde er nicht enttäuscht. Ein Tropfen perlte an seiner Hand entlang, kitzelte seine hauchdünnen Nerven und brachte die zur Faust geballte Hand zum öffnen. In ihr emblöste sich ein kleiner goldener Ring, gerade groß genug, damit er auf den kleinen Finger des Jungen passte. Er atmete tief durch, blinzelte sich noch mal den Schlafsand von den Wimpern und streifte sich das Schmuckstück dann über.
Das Kaminfeuer wurde durch den aufkommenden Wind gerade zu angefeuert, blähte sich in die rechte Richtung, weg vom Fenster. Die Flammen flogen ein Stück in der Luft umher, vollführten einen wilden Tanz, bevor sie erlischten. Traurig sah der Junge zu Boden. Sollte nicht jetzt etwas passieren, dass ihn wieder in die Welt der Lebenden bringt? Er seufzte, „zwecklos. Es war doch alles nur ein Traum.“ Arctus schloss die Augen wieder. Er hatte gerade beschlossen sie nie wieder aufzumachen, denn so wäre sein Schicksaal vielleicht besser erträglich. Sich in den Sessel kullernd sog er zitternd die nun kalte Luft ein.Ein leises Summen war zu hören, verbreitete sich im Raum wie strahlen der Sonne, die es hier nicht gab. Unsichtbare Finger tasteten nach dem Jungen, umschlungen ihn, streichelten ihn, beschützen ihn. Unheimlich sanft erschien nun auch eine Stimme, die sich direkt neben dem Ohr des Jünglings befand, so zart sprechend, dass jeder Nerv im Kopfe Arctus hätte vor Freude platzen mögen. „Arctus, versuch zu durchzuhalten.“
„Wozu soll ich das?“, flüsterte er zurück, blieb jedoch in seiner Position, regte sich nicht. Langsam fuhr ein Finger über seine Wange. „Sei nicht traurig, halt durch. Versuch es.“
Vor ihm wurde es wärmer. Es brannte fast. Doch er konnte seinen Augen nicht öffnen, er wollte es nicht, koste es was es wolle. Trotz dessen Pocht die Neugier in ihm. „Du bist nicht alleine, halte durch.“, hallte es wieder leise und gefühlsvoll neben seinem Ohr. Etwas kitzelte ihn. Er musste schmunzeln. Ja, sogar leicht lachen. „Ja“, sprach er lauter und etwas langgezogener zurück. Langsam öffnete er seine Augen, mit aller Ruhe der Welt, in der Gewissheit etwas schönes vor sich zu erblicken. Die Wärme breitete sich nun vollends in seinem Gesicht und dem restlichem Körper aus. Ein Gefühl der Sicherheit entstand in ihm, so wie schon lange nicht mehr.
Leise surrend befand sich das feurige Portal in der Mitte des Raumes. Das innere dessen sah aus wie ein Spiegel, doch man konnte durchsehen, in einen Raum, der Arctus fremd war. Kleine Zungen schlängelte sich vom Portal weg und leckten Decke und Boden. Ein leichter Schupser traf Arctus, wog ihn dazu sich vom Sessel zu erheben und ein paar Schritte auf das Portal zu bewegen. Er wusste, dass es ihn wieder zurückschaffen würde. Er fühlte es. Doch er fühlte noch etwas anderes. Jemand anderes. Lahna.
Sie war hier, sie umarmte ihn, er spürte es, doch er sah sie nicht. Fantasie war der Schlüssel. Noch ein letztes mal schloss der Junge seine Augen, erinnerte sich an die paar schönen Stunden mit ihr. Ihr klaren Züge, die ihn so anstrahlten. Ihr volles lächeln und das tiefschwarze Haar. Da war es. Er sah es, genau vor sich. Langsam entstand es. Ihr Gesicht kam dazu, die braunen Augen, die schmalen Lippen, die süße Haut. Arctus erstarrte. Lahna schritt auf ihn zu, umarmte ihn, flüsterte in sein Ohr, „vergiss mich nicht.“ Ihr Kopf legte sich an seine kleine Schulter, verhaarte dort für wenige Sekunden. Arctus sog jeden Augenblick tief in sich, tief in sich. Er atmete tief ein, roch ihren Duft. „Das werde ich.“ Lahnas Kopf hob sich wieder. Aus ihren tiefen Augen sah sie ihn an. „gibt nicht auf, kleiner Arctus.“
Dann verblasste sie langsam und verschwand. Arctus zerbrach innerlich. Eine Träne des Abschiedes wurde dahingegossen, zeugte von der kurzen holprigen Freundschaft der Beiden. Nun hatte er hier in der Unterwelt wirklich niemanden mehr. Entschloßen öffnete er die gerötete Augen und fixierte das Portal.Mit wenigen Schritten war der Abstand zwischen ihm und dem magischem Ding verstrichen und Arctus fehlte nur noch ein letzter Schritt. Das hier würde er niemals vergessen. Niemals.
Sein linker Fuß setze nach vorn und er trat hinein in den Strudel der Welten...
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