Heute zerren wir wieder einmal einen Ritter ohne Furcht und Tadel ins Rampenlicht. Medin, seit vielen Jahren in den Diensten der myrtanischen Könige, wir uns ein wenig von seiner Sicht des Rollenspiels erzählen.
Bote: Zum Anfang eine leichte Frage: Weißt du noch, wieso du dich damals, es war im März 2005, beim Rollenspiel angemeldet hast? Anscheinend war das ja auch der Grund, überhaupt einen Account anzulegen, denn dein Vorstellungspost ist auch dein allererster Post im gesamten Forum.
Medin: Das stimmt, obwohl ich wie viele andere wahrscheinlich auch durch die Hilfesektion ins Forum geführt wurde. Ich habe zu Weihnachten 2004 Gothic 2 geschenkt bekommen und bin sofort der Sucht erlegen. Hin und wieder habe ich nach Hinweisen gesucht und schon beim ersten Nachlesen im Hilfeforum ist mir die Rollenspielsektion aufgefallen.
Das sah für mich unheimlich interessant aus und da ich noch kaum Erfahrungen in dieser Richtung hatte, habe ich mich bei jedem Besuch etwas mehr eingelesen. Nach dem wahrscheinlich vierten Mal bin ich dann komplett hängen geblieben, habe das Anmeldeformular ausgefüllt und ging wenige Tage später in Khorinis von Bord.
Bote: Und was hat sich davon überzeugt, gerade den Paladinen beizutreten und nicht einer der anderen Gilden?
Medin: Medin war von vorne herein schon darauf ausgerichtet für das Königreich zu kämpfen, weil mir das Flair in der Stadt zumindest im Spiel am besten gefallen und die Rolle der Kampfmagie beherrschenden Streiter am meisten zugesagt hatte. Aber als ich dann im Rollenspiel ankam, war die Entscheidung gar nicht mehr so einfach. Keine fünf Minuten nach meiner Zulassung hatten mich schon zwei Leute von Lees Söldnern angequatscht und mit Irgamon habe ich dann auch erstmals gepostet. Ich habe ernsthaft hin und her überlegt und fast hätte mich Onars Hof nach den 14 Tagen Probezeit dann auch bekommen.
Aber letzten Endes habe ich mich dann doch unter das Banner Myrtanas gestellt. Die Garde erschien mir damals einfach als ziemlich gut organisiert mit ihrer Rekrutenausbildung und mit ihren sehr aktiven Lehrmeistern ... und wer hat nicht schon mal davon geträumt, eines Tages als Streiter für das Gute und das Licht in die Welt zu ziehen und die Mächte der Finsternis zu bekämpfen?
Bote: Dann hast du es dir also nicht leicht gemacht mit der Entscheidung damals. Kannst du noch ein wenig mehr von dem Flair erzählen während des Gothic-II-Rollenspiels? wie war das Verhältnis zu den Lees? So eine Art Rivalität? Gab es Wettbewerbe um Neulinge? Wie äußerten sich die Rivalitäten im Rollenspiel? Gab es da irgendwelche Aktionen und Geschichten, an die du dich noch erinnerst?
Medin: Die Lees waren die Rüpel von hinter'm Berg, die sich keinen Dreck um den König scherten. Das gab immer viel Stoff für Aktionen. Wenn wir Schläge wollten, gingen wir zu ihnen, wenn sie Schläge wollten, kamen sie zu uns. Aber alles auf einer Ebene, die unterhalb der eines Kriegs lag, denn sobald ein Ork den Kopf über den Minentalpass streckte, hat man sich zusammen gerauft und zurückgeschlagen. Das war wohlgemerkt die Stimmung im Rollenspiel, aber die hat sich auch auf die OT-Ebene übertragen. Keiner wollte gegenüber dem anderen zurück stecken. Das war schon damals so und bestimmte gemeinsame Aktionen, wo man als Kontrahent aufeinander traf. Und ab und zu gab es dann auch einen ... ähm, Schreibangriff auf die Theke im Forum der Lees. Lustig war's allemal!
Bote: Denkst du, daß diese Art des Rollenspiels mittlerweile verloren gegangen ist? Dieses Unkomplizierte? Und wenn dem so ist, kann das daran liegen, daß sich nun zwei Königreiche gegenüberstehen und alle Konflikte gleich auf eine hohe Ebene gestellt werden, auf der dann Gesandte und Generäle, Armeen und Verträge sprechen und kein Platz mehr für unkomplizierte Aufeinandertreffen vorhanden ist?
Medin: Mir scheint es so ... von dem her geurteilt, was ich mitbekomme. Aber man muss dazu auch sagen, dass diese hohe Ebene damals so einigen gefehlt hat. Khorinis und seine Umgebung waren schön, idyllisch und gut für allerhand kleine und größere Geschichten, aber alles in allem ein Kaff weit ab vom Schuss. Als auf das G3-Szenario umgestellt wurde und man in den kontinentalen Krieg einstieg, waren da viele heiß drauf. Was das für Probleme für die Rollenspieldynamik ergab, wurde dann erst später klar und bis heute scheint mir da gegengesteuert zu werden - vor allem da die heutigen Mitgliederzahlen und -aktivitätsraten mit den damaligen Verhältnissen nicht zu vergleichen sind. Wenn wir uns Argaan heute anschauen, wurden der damaligen Situation auf Khorinis sehr ähnliche Verhältnisse geschaffen, auch wenn da andere Namen drüber stehen. Von daher glaube ich schon, dass wir wieder zu so einem unkomplizierten Umgang kommen können, ohne uns von Gesandten und Armeen verabschieden zu müssen.
Der krasse Unterschied besteht für mich einfach in der Tatsache, dass es heute kein erfolgreiches, packendes Spiel als Vorlage gibt, das den Neueinsteiger direkt in diese Welt mit dieser Stimmung katapultiert und nahtlos daran anknüpfen lässt. Dieses Defizit müssen die Schreiber ausgleichen und zwar bei jedem einzelnen Neuling, der sich zu uns verirrt. Das mutet wie eine Sisyphosarbeit an und ich packe mir auch an die eigene Nase, dass ich dem selbst überhaupt nicht gerecht werde. Aber die Möglichkeit, so ein Flair wieder zu schaffen und den Glanz der viel gelobten "alten Zeiten" wieder aufblühen zu lassen, besteht und ist vielleicht sogar greifbarer als beispielsweise während des G3-Szenarios oder kurz nach der Ankunft des Rollenspiels auf Argaan.