"Piranha Bytes war für die meisten von uns in Rottenmann und später Wien eine sagenumwobene, magische Black Box. Es gab die weit verbreitete Vorstellung im Büro, dass hier ein genial-verrückter Haufen in einem großen Wohnhaus vor sich hin werkelt, möglichst von der Außenwelt und uns ferngehalten werden muss, damit am Ende aus diesem kreativen Chaos die ultimativen Spiele schlüpfen und uns alle reich machen. Oder weniger überschuldet."
WorldofGothic: Hallo Johann. Du bist vielen Fans, die schon seit Gothic 3 die Reihe verfolgen, als Community-Manager des damaligen Publishers JoWooD sicher noch bekannt. Für JoWooD hast du seit Sommer 2004 gearbeitet und seit 2005 dann als eigener Chef deiner Firma HRMC im Auftrag JoWooDs. Wie bist du zu deinem Job bei JoWooD gekommen?
Ertl: Das mit dem Datum ist eine spannende Geschichte. Das deckt sich auch mit meinen Erinnerungen und meinem offiziellen Lebenslauf. Allerdings ist mir aufgefallen, dass ich auch zumindest in einem Titel gecredited bin, der 2003 erschien. Kann ich mir heute nicht mehr erklären, warum. Wie ich bei JoWood gelandet bin? Eigentlich weil ich mit meiner damaligen Frau Die Gilde im LAN-Modus bis zum Exzess gespielt habe und wir uns über die Abstürze in diesem eigentlich genialen Spiel grün und blau ärgerten. Also habe ich einen gepfefferten, umfangreichen und offenbar auch kreativen Hassbrief an JoWooD verfasst. Denn wie sich dann herausstellte, suchten die gerade einen Creative Writer. Als solcher wurde ich auch eingestellt, das Upgrade zum Community Manager kam erst später.
WorldofGothic: Hattest du vorher schon Berührung mit der Gothic-Serie oder kam die erst durch die Arbeit für JoWooD? Da du ja auch später noch mit DSA beruflich zu tun hattest, kann man dir ja eine gewisse Nähe zum Fantasy-Genre nicht absprechen.
Ertl: Nein, ich war schon tief im Sumpf bevor ich überhaupt wusste, dass JoWooD in der steirischen Pampa residiert. Zusammen mit ein paar Freunden hatte ich 1997-1998 den MSC (Magic-, Spiele & Computer Club Wieselburg) gegründet, der sich zu einem der gewichtigeren Nerdvereine Niederösterreichs entwickelte. Das namensgebende MTG, Pen & Paper von DSA über WoD bis Cthulhu und Warhammer, digitales Spielen von Unreal Tournament bis natürlich auch Gothic und Gilde waren dauerpräsent, dank Gothic 3 kam dann auch später Mittelalter, Schaukampf und Vollkontakt Schwertkampf dazu. Aber ich war definitiv schon in Fantasy geprägt und mit Gothic vertraut, ehe ich zum Vorstellungsgespräch bei JoWooD ging.
WorldofGothic: Wie hast du die Entwickler von Piranha Bytes wahrgenommen? In den Anfangsjahren war der Eindruck, den sie auf viele (wohl bewusst) machten, ein bisschen der des unstrukturierten, kreativen Haufens, bei dem jeder an dem frickelt, was er kann und am Ende ergibt es ein atmosphärisch tolles Rollenspiel. Wie war das während der Entwicklung von Gothic 3?
Ertl: Piranha Bytes war für die meisten von uns in Rottenmann und später Wien eine sagenumwobene, magische Black Box. Es gab die weit verbreitete Vorstellung im Büro, dass hier ein genial-verrückter Haufen in einem großen Wohnhaus vor sich hin werkelt, möglichst von der Außenwelt und uns ferngehalten werden muss, damit am Ende aus diesem kreativen Chaos die ultimativen Spiele schlüpfen und uns alle reich machen. Oder weniger überschuldet. Und, he, so weit weg von der Realität war das gar nicht. Mein eigener Kontakt zu bzw. meine Kommunikation mit PB war meist indirekt und beschränkt, aber Großteil über drei Vektoren:
- Indirekt über den Producer Michi Paeck. Ein toller Typ, sehr sympathisch, kompetent und mit Überzeugungskraft. Soviel Überzeugungskraft, dass ich tatsächlich an den ultimate Goldmaster bzw. im worst case den ultimate Day1 Patch glaubte und mir die Finger mit der Met-Wette verbrannte. Bin ihm aber nicht böse deswegen, er hat’s wahrscheinlich selbst geglaubt und mich angesteckt.
- Direkter Kontakt zu KaiRo, wir haben ja auch gemeinsam Promotion Termine wahrgenommen und Autogramme auf Boxen gekritzelt. Einer der nettesten Menschen, die ich in der Branche kenne, das zählte zu den Highlights meines Jobs
- Wenn ich öffentlich Mist gebaut (aka geschrieben) habe, kam schon mal eine PN oder Mail von Rüve, dann weniger freundlich formuliert. Das war dann vor, um und nach dem Bruch mit JoWooD. Aber ich muss sagen, dass ich auch hier das Gefühl hatte, mit jemandem zu kommunizieren, der aufrichtig ist und Handschlagqualitäten hat. Keine Beschwerden von mir, im Gegenteil.
Zusammenfassend würde ich sagen, dass PB für die meisten von uns eine Art Götter in einem chaotischen Olymp waren, mit denen nur der Hohepriester (aka der Producer) kommunizieren kann, weil er als einziger ihre Sprache spricht.
WorldofGothic: Oftmals sitzt der Community-Manager ja zwischen den Stühlen, denn einerseits erwarten die Fans ein tolles Produkt mit allen möglichen Features und andererseits schränken finanzielle oder terminliche Zwänge beim Publisher das Wunschdenken wieder ein. Es muss also mit mehreren unterschiedlichen Interessen jongliert werden. Wie schwierig oder kompliziert war das für dich?
Ertl: Das stellt man sich oft schwieriger vor, als es eigentlich ist. Die Gothic Community war zwar eine der enthusiastischsten und eingeschworensten, die ich kenne, mit einem Hang zum Gatekeeping, was denn nun "true Gothic" sei und was nicht, aber keineswegs irrational in Bezug auf den Scope. Selbst wenn man alle Featurewünsche und Ideen mit einem gewissen Rückhalt in der Community berücksichtigen würde, wäre man noch weit von dem entfernt, was sich zB Star Citizen selbst an den Hals hängt. Das von dir erwähnte Spannungsfeld sehe ich eher im unterschiedlichen Berufsbild des Community Managers, das damals umging. Für die Fraktion A war es eine Verlängerung des Marketings, ein Sprachrohr der PR, für die Fraktion B hingegen auch der Job, die Anliegen der Fans gegenüber dem Unternehmen zu vertreten. Ich war ein Anhänger von B, mit manchmal mehr, manchmal weniger Rückendeckung seitens des Managements, Deep Silver (Koch) war damals strikt auf der A Schiene. Das war ein richtig heftiger Kampf hinter den Kulissen, und eskaliert ist das Ganze dann beim Starforce Kopierschutz, den Deep Silver trotz aller Bedenken und Proteste aus der Community für SpellForce 2 und Gothic 3 unbedingt wollte. Kubi (Reinhard Pollice) und ich hatten schon erste glaubhafte Berichte und Testergebnisse vorliegen, dass dieses Teil wirklich die Hardware beschädigen kann, und lobbyierten innerhalb von JoWooD entsprechend dagegen. Und dann ging der DS Hofnarr tatsächlich mit einer „I love StarForce“ Signatur in die SpellForce Community und postete dort. Da ist mir dann der Geduldsfaden gerissen, und es wurde hässlich. Letztendlich kam Gothic 3 ohne, aus SpellForce II wurde es rausgepatcht. Aber das alles hätte man sich ersparen können, wenn man rechtzeitig auf die Community gehört hätte. Deswegen – CM darf keine Einbahnstraße sein.
WorldofGothic: Ja, richtig, das Gespenst StarForce hatte vor dem Release von Gothic 3 ein hohes Angstpotential in der Community. Auf der Games Convention 2006 (damals noch in Leipzig) wurde dann ja auf der Bühne am Stand von JoWooD/Deep Silver sogar eine Petition mit über 7000 Unterschriften übergeben. Die Petition hieß "Petition gegen unzumutbare Kopierschutzmaßnahmen beim Computerspiel Gothic 3" und wurde Stefan Berger in die Hand gedrückt. (Video-Download der Szene) Das war ein Thema, was die Fans sehr umtrieb. Hat diese Petition denn zu der Entscheidung beigetragen, letztendlich keinen StarForce zu verwenden oder war die Entscheidung da sowieso schon gefallen?
Ertl: Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, war da die Entscheidung intern schon durch. Aber es war ein tolles Druckmittel und As im Ärmel, auch gegenüber dem Co-Publisher.
WorldofGothic: Ein wenig stell ich mir die Arbeit bei/für JoWooD ja sehr erratisch vor. Am Anfang einer Woche wusste man wahrscheinlich nie, ob ein paar Tage später die Prioritäten wieder ganz anders gesetzt wurden.
Ertl: Das war es erstaunlicherweise nur in den "Umbruch / Umstrukturierungsphasen", und dann beim Endgame, als es jeden Tag ums wirtschaftliche Überleben ging. Das Prioritätenmanagement funktionierte erstaunlich gut, musste es auch. Man kann über Seidl sagen was man will, aber er hat ja eine Bude, die zur Jahresmitte 2005 wahrscheinlich jedes kritische Handelsgericht nach genauerem Hinsehen in den Konkurs geschickt hätte, wieder eine Zeitlang in die Gewinnzone gesteuert, bevor das Schiff endgültig absoff. Natürlich gelang dieser Turnaround unter anderem auch dank Gothic 3, aber heute habe ich das Wissen, um zu erkennen, was für eine Hasardeur-Aktion das war. Nein, da haben Albert Seidl und Klemens Kreutzer Großartiges geleistet, und das ging nur mit einem konsequenten Setzen von Prioritäten.
Es war eher der Mangel an koordinierten, transparenten Prozessen im Rest von – naja, von allem, um ehrlich zu sein, woran es haperte. Das war auch den meisten von uns vollkommen klar, der Spruch „Samma uns ehrlich, wir san a Wiaschtlbude“ kam auf allen Ebenen, wenn gerade irgendwo wieder ein Pulverfass hochging. Später, also zu Arcania Zeiten, kamen jedoch externe Berater ins Spiel, deren Worte sehr wohl Prioritäten über den Haufen warfen. Da liefen dann Dinge ab, die glaubt dir heute kein Schwein. Aber das war dann schon das vorhin erwähnte Endgame.
Zusammengefasst – Wir wussten schon ungefähr, was wir mit welcher Priorität abzuarbeiten hatten, aber dies geschah dann in einer unpackbar unstrukturierten und chaotischen Art und Weise. Außerhalb der QA kamen kaum oder gar keine genormten Prozesse und begleitende Software zum Einsatz. Trello war ja noch Science Fiction, aber selbst JIRA (heute immerhin knapp 20 Jahre alt) kannte oder nutzte keine Sau. Hoffnungslos überladene und veraltete MS Project Dateien und Excel Listen waren schon der best case, 90% des hands-on Managements passierte über den E-Mail-Verteiler. Ich frage mich gelegentlich immer noch, wie wir da irgendwas zusammenbrachten.
WorldofGothic: Schwierige Spielegeburten hast du ja später noch einige durch, wenn man nur an das Addon Götterdämmerung für Gothic 3 denkt, das in einem furchtbaren Zustand veröffentlicht wurde. Und auch die DSA-Fans können ein Lied singen von unfertigen Releases beim Remake der Nordlandtrilogie. Wie steht man so etwas durch?
Ertl: Bei Götterdämmerung haben wir ja mit Leuten aus der WoG Community getestet, da gab es dann nächtliche Calls weil das Projekt teilweise von Kanada aus gemanaged wurde, und ich konnte mit Betteln und Flehen noch zwei Wochen rausschlagen, ehe sie uns endgültig das Testen abdrehten und den Release durchboxten. Das war ein massiver Frustmoment und hat mich auch gesundheitlich angeschlagen. Beim Remake der Nordlandtrilogie war es aber noch einige Stufen schlimmer – das folgte ja direkt auf die Heldenedition der alten NLT, die sauber und erweitert rausging, die Erwartungshaltung war dementsprechend hoch. Da habe ich meine persönliche moralische Grenze erreicht, die Abnahme des Masters verweigert und die Zusammenarbeit mit dem Publisher beendet. Released haben sie es trotzdem.
WorldofGothic: Bekannt warst du ja auch immer für unkonventionelle Aktionen. Ich erinnere an den selbst durch Kältedestillation hergestellten Likör, der auf der Gamescom in Köln (oder wars noch auf der Games Convention in Leipzig?) an Fans verteilt werden sollte. Oder die Bug-Wette zu Gothic 3. Wer einen Plotstopper nachweisen konnte, dem hattest du damals auch irgendwas versprochen.
Ertl: Ja, für solche Aktionen hatte ich komplett freie Hand, dem JoWooD Vorstand hat es gefallen bzw. war es ihnen egal, solange wir nicht verklagt wurden. Die Metwette war ein persönlicher Verzweiflungsakt, geboren aus den ersten Berichten über katastrophale Bugs und Michi Paecks Versicherung an mich, dass die zum Release alle gefixt werden. Jedes von einem Showstopper betroffenes Communitymitglied, das mich angeschrieben, oder sich in dem damaligen Forumsthread gemeldet hatte, bekam das Versprechen, von mir bei einem Mittelalterfest mit Met abgefüllt und bei Bedarf in unserem Heereslager einquartiert zu werden. Das hat mich richtig Geld gekostet, aber es waren auch viele sehr lustige Abende und Nächte. Totally worth it.
WorldofGothic: Du warst ja auch immer aktiv im Mittelalter-Reenactment mit einer Truppe, die auf Mittelaltermärkten und ähnlichen Veranstaltungen im österreichischen und süddeutschen Raum unterwegs war. Wie kam es dazu? Ist die Gruppe noch aktiv?
Ertl: Als MSC waren wir auf Mittelalterfesten schon länger unterwegs, aber als ungewandete Gäste ohne eigenem Lager. Drei von uns arbeiteten bei JoWooD, so kam es zu der Idee, 2006 mit Lager und voller Montur sowie einem Gothic 3 & Gilde 2 Gewinnspiel auf Tour zu gehen. Das war ziemlich erfolgreich, und wir haben Blut geleckt. Die Sturmfalken waren geboren, und mit der Zeit lernten einige von uns Schau- und Turnierkampf. Das haben wir dann bis 2014 weiterbetrieben. Heute sind wir offiziell „retired“, aber eine Grundausstattung gibt es noch, falls wir das jemals wieder aufnehmen wollen.
WorldofGothic: Dich selbst hat es ja mittlerweile nach Australien verschlagen. Wie kam es denn dazu und was machst du dort?
Ertl: Ich hatte nach meinem eher unschönen Abschied von der UIEG (siehe weiter oben) und einem kurzen Zwischenspiel für Wargaming einen richtig guten Lauf bei Mipumi Games in Wien. Ich arbeitete als Producer mit BlueByte an Anno Mobile, mit IO an Hitman (2016) und producte auch die Red Bull Mindgames. Aber ich wollte einmal etwas Neues versuchen, auch abseits der europäischen Spieleentwicklung wo man immer die gleichen Gesichter sieht. Dann bekam ich 2017 von SMG in Sydney das Angebot, als Senior Producer die digitale Version von RISIKO zu übernehmen, damals war das noch mobile only. Das mache ich nun seit 4 Jahren, wir sind auf 6 Plattformen, eine 7. wird gerade programmiert und wir haben mehr als drei Millionen aktive Spieler. Das macht immer noch gut Laune. Daneben schreibe ich High Level Story Outlines für Streaming Serien, Storybögen und Quests für andere Games wie zuletzt Medieval Dynasty. Inzwischen könnte ich von meinen eigenen Science Fiction und Fantasy Büchern gut leben, aber Games machen mir immer noch einen Tick mehr Spaß.
WorldofGothic: Hast du einige der Gothic-Spiele eigentlich auch privat gespielt? Wenn ja, was hat dir daran besonders gefallen und welche Aspekte weniger? Gibt es einen Lieblings-Teil und wenn ja, warum?
Ertl: Ich habe Gothic 1 niemals mehr als nur ein paar Stunden lang ausgehalten, ich kam mit der Steuerung nicht klar. Trotzdem glaube ich mich entweder an ein Durchspielen, oder an ein „Danebensitzen beim Durchspielen eines Freundes“ zu erinnern. Gothic 2 habe ich mit DNdR durchgespielt, für mich immer noch DAS RPG schlechthin. Gothic 3 habe ich Xardas-loyal beendet, finde es immer noch „ziemlich gut“. Götterdämmerung habe ich weitestgehend betrunken oder eingeraucht durchgespielt, das war ein bizarres Erlebnis. Arcania habe ich durchgespielt und nachher verrissen. ZU RECHT.
WorldofGothic: Sicher hast du auch schon von dem geplanten Remake von Gothic durch THQ Nordic gehört. Verfolgst du das Projekt? Was würdest du dir für Verbesserungen wünschen, die durch das Remake umgesetzt werden sollten?
Ertl: Ich verfolge es kaum, um ehrlich zu sein. Ändern würde ich die Steuerung, klar, und da wir im Jahr 2021 sind, muss man heute den Spieler viel mehr an der Hand nehmen. Gefällt mir persönlich nicht, aber es ist nun einmal so.
WorldofGothic: Wenn ich im Netz suche, finde ich jede Menge Fantasy-Literatur von dir. Ganze Buch-Zyklen (Onur-Zyklus, Avatar-Reihe, Tanz des Klingensängers). Alles in den letzten drei Jahren und mit guten Leserkritiken veröffentlicht. Du scheinst ja ein hochproduktiver Autor zu sein.
Ertl: Das meiste ist Science Fiction und ehrlich gesagt ziemlich trashig, aber auf humorvolle Art und Weise, so wie meine selbstentwickelten Computerspiele. Ich habe ja als Selfpublisher begonnen, wo jeder größenwahnsinnige Banause jeden Rotz veröffentlichen kann, und meine ersten Releases sind da kein schlechtes Beispiel dafür. Allerdings wurde ich dann von erfahrenen Autoren an der Hand genommen und sanft in die richtige Richtung bugsiert. Alte Ausgaben überarbeitet, neue Sachen professioneller geschrieben usw. Das ist ein langer Weg, ein Prozess über Jahre. Inzwischen habe ich (inklusive Prime und KU Leihen) irgendwas zwischen 100.000 und 200.000 Büchern verkauft, zweimal beim Goldenen Stephan und dreimal beim VLP gewonnen, lese auf (zur Zeit leider virtuellen) Cons wo auch Kapazunder wie Bernhard Hennen, Lucian Caligo und Tom Finn vors Mikrofon treten. Das fühlt sich gut an. Seit vorigem Jahr verlasse ich auch immer wieder den Selfpublishing Kosmos und arbeite mit insgesamt vier Verlagen zusammen, das ist noch einmal eine neue Erfahrung.
WorldofGothic: Wie blickst du heute auf deine Zeit im Auftrag JoWooDs zurück? War das so eine Art „Die Seele an den Teufel verkauft“? Oder mehr ein „Surfen auf der Welle des Wahnsinns“?
Ertl: Definitiv letzteres. JoWooD war pures Chaos und Wahnsinn, mit einigen Leuten die den moralischen Kompass eines Dschinghis Khan hatten, aber nicht per se BÖSE. Ich würde sagen chaotic neutral. Die meisten wollten richtig gute Spiele machen, zufriedene Kunden haben und entsprechend Geld verdienen. Wenn Entwickler oder Contractor nicht bezahlt wurden, dann lag es daran, dass wirklich kein Geld da war oder die Rechnung tatsächlich irgendwo verloren ging. Auch bei Versprechen – da war der Wille da, sie zu halten, aber meist nicht die Mittel. Also, wie gesagt, nicht BÖSE.
Chaotic Evil habe ich erst in meiner späteren Karriere nach JoWooD kennengelernt, eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichtet hätte. Es gibt Publisher, die unterschreiben Verträge mit Entwicklern und Partnern mit dem Vorsatz, sie nicht vollständig und die Royalties niemals zu bezahlen. Einfach in dem Wissen, dass die sich aufgrund ihres Heimatlandes oder ihrer wirtschaftlichen Situation nicht leisten können, das einzutreiben. Das hat schon ganz andere Qualitäten.